Schatten über 300 Real-Filialen: Gesundbrunnen-Markt schließt nach 17 Jahren

16.03.2016, Lesezeit 4 Min.
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Wir haben uns beim real-Markt am Berliner Gesundbrunnen umgehört, den die Bosse Ende Januar 2017 schließen. Er könnte „Vorbild“ sein für die düstere Perspektive, die den real-Märkten bundesweit droht. Umso dringender ist die Unterstützung des damit verbundenen Kampfs um den Erhalt des Flächentarifvertrags.

Der real am Gesundbrunnen wird Ende Januar 2017 geschlossen. Hier ist der Kampf beendet, sagen langjährig Beschäftigte. Einige von ihnen sind seit seiner Eröffnung vor 17 Jahren dabei, jetzt müssen sie vorzeitig in Rente gehen, bekommen keine Übernahme mehr. Der Grund: Niemand will die schließende Filiale übernehmen. Aber die Schließung kam nicht plötzlich, sondern war lange von den „Schlipsträger*innen“ geplant, wie die Chefs hier heißen.

Eigentlich sollte die Gesundbrunnen-Filiale schon im September 2016 zumachen. Die Pläne selbst gehen aber noch viel weiter zurück: Stück für Stück wurde die Profitrate immer weiter – zu Lasten der Arbeiter*innen – erhöht: So wurden in die Spätschicht-Kasse Leiharbeiter*innen eingesetzt. Die regulär angestellten Arbeiter*innen wurden indes in ihrer Arbeitszeit zwangsmäßig heruntergestuft und bekommen weniger Lohn.

Schließlich könnte die Schließung des real auf weitere Märkte übergreifen: Den ALDI im gleichen Haus kann das „Gesundbrunnen-Center“ als einzigen weiteren Supermarkt nicht tragen. Kapitalistische Einkaufszentren brauchen aber solche „Zugpferde“. Denn niemand geht ins Center, nur um Dessous zu kaufen. Das Konzept des real, sich in große Einkaufszentren einzumieten, scheint nicht nur hier zu scheitern. Die Fixkosten der Miete sind einfach zu groß für die riesigen Gewinnerwartungen der Kapitalist*innen.

Alle Kürzungen – bei Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Tariferhöhungen – waren darauf ausgerichtet, ein aus Sicht der Privateigentümer*innen nicht ausreichendes Profitkonzept zu Lasten der Lohnabhängigen zu retten. Die Leiharbeit hat zusätzlich die Organisierung und somit die mögliche Gegenwehr geschwächt. Der jetzige bundesweite Ausstieg des real-Konzerns (einer Metro-Tochter) aus dem Flächentarifvertrag ist der letzte Schlag, der nach dem Willen der Bosse vor der Zerstückelung kommen wird – vorher sollen die einzelnen Filialen aber noch schnell attraktiver für Investor*innen gemacht werden. Dass Metro mit den Einsparungen die Beschäftigten „retten“ will, ist eine dreiste Lüge.

Bis zu 17 geplante Schließungen von insgesamt etwa 300 Standorten gibt Metro bundesweit zu, vor einem halben Jahr war noch von nur sieben Schließungen die Rede. Gegen die einseitige Kündigung des Flächentarifvertrags, der die Schließungen vorbereitet, hat ver.di jetzt ebenfalls bundesweit zum Kampf geblasen. Tatsächlich ist es selbst bei der eingeplanten „Personaleinsparung“ von 400 Millionen Euro unwahrscheinlich, dass real en bloc von einem anderen Konzern übernommen wird. Einzeln verscherbelt droht vielen Arbeiter*innen das gleiche Schicksal wie am Gesundbrunnen oder eine massive Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen.

Die Gesundbrunnen-Belegschaft hat sich immer gewehrt. Sie war viele Jahre bei Kämpfen dabei, zum Beispiel um den Erhalt des flächendeckenden Einzelhandel-Tarifvertrags vor zwei Jahren. Sie beteiligten sich an Vernetzungen sogar über die Berliner Stadtgrenze hinaus. Doch es fehlte den kämpfenden Arbeiter*innen Unterstützung für ihre Forderungen, alleine wurden sie aufgerieben und so unterliegen sie nun den Schlägen der real-Bosse. Damit ihre jahrelange Gegenwehr nicht für alle 38.000 real-Arbeiter*innen in Deutschland umsonst war, muss die Gewerkschaft ver.di den Kampf bundesweit jetzt bis zum Ende führen: Für den Erhalt des Flächentarifvertrags! Gegen jede Schließung! Keine Entlassungen! Außerdem ist es die Pflicht aller linken Organisationen, die real-Arbeiter*innen mit Soli-Delegationen zu unterstützen.

Richtigstellung: In der ursprünglichen Version dieses Artikels wurde behauptet, dass die Filiale schon nächsten Monat geschlossen werden soll, nicht erst Ende Januar 2017. Die Fehlinformation tut uns Leid, wir haben sie berichtigt. Unabhängig davon ist die Solidarität mit den Real-Beschäftigten weiterhin dringend nötig.

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