Sanders fordert Unternehmenspatriotismus

10.12.2016, Lesezeit 5 Min.
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„Wir brauchen wieder einen Unternehemspatriotismus“. Auch wenn das wie eine Aussage von Donald Trump klingt, stammt sie von Bernie Sanders.

Überall wird derzeit über den vor kurzem abgeschlossenen Deal zwischen Donald Trump und United Technologies, dem Mutterkonzern des Klima-Anlagen-Herstellers Carrier, geredet. Berichten zufolge plante Carrier, 2.100 Arbeitsplätze nach Mexiko auszulagern. Doch nach Verhandlung mit dem gewählten US-Präsidenten Donald Trump hat das Unternehmen beschlossen, 1.000 Arbeitsplätze in den USA zu belassen. Nach einem Monat schlechter Presse nach seiner Wahl benutzt Donald Trump diese Meldung als Beweis dafür, dass er sein Wahlversprechen – Arbeitsplätze zurückzubringen – einzulösen wird. Trump verkauft dies als Sieg für die Arbeiter*innenklasse, obwohl weiterhin tausend Arbeiter*innen ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Das ist kein Sieg, vor allem da durch Steuererleichterungen für United Technologies auch weiterhin der wirtschaftliche Niedergang auf den Schultern der Arbeiter*innen lastet.

Am 1. Dezember veröffentlichte Bernie Sanders eine skandalöse Antwort auf diese Meldung, mit der Überschrift „Carrier zeigt Unternehmen, wie sie Donald Trump schlagen können“, als ob beide jemals in Opposition zueinander gestanden hätten. Sanders argumentiert, dass Carrier Trump zu Steuererleichterung zwang, nachdem sie 2.100 Arbeitsplätze zur Disposition stellte. Diesem Beispiel würden nun andere Unternehmen folgen. Er sagte: „Carrier nahm Trump als Geisel und gewann, dies sollte eine Welle der Entrüstung bei allen Arbeiter*innen in den USA auslösen.“ Auch hier behauptet Sanders wieder, Trump und Unternehmen seinen verfeindete Fraktionen, so sehr, dass sie Trump als Geisel nehmen mussten, um Steuererleichterungen zu erzwingen. Laut dieser Analyse standen Trump und die Unternehmen nicht immer auf der selben Seite, geeint gegen die Arbeiter*innenklasse. Eine Welle der Angst nach dem Wahlsieg von Trump durchzog bereits die meisten Arbeiter*innen in den USA, die nicht für ihn gestimmt hatten (viele von ihnen durften oder wollten nicht wählen).

Während seiner Wahlkampagne schwor Trump, den Sumpf der Wall-Street und des politischen Establishments in Washington auszutrocknen. Zweifellos standen alle großen Unternehmen der USA hinter Hillary Clinton und Trumps Vorhaben könnten tatsächlichen einigen Unternehmen schaden. Die großen Kapitalist*innen auf der Suche nach billigen Arbeitskräften werden Trumps Pläne – wie Freihandelsabkommen abzuschaffen und chinesische Produkte höher zu besteuern – nicht unterstützen. Darüber hinaus versprach Trump den Arbeiter*innen im Wahlkampf die Re-Industrialisierung der USA und die Wiederherstellung ihrer Arbeitsplätze. Doch jede progressive Person sieht: Trump, der Milliardär, wird im Sinne der herrschenden Klasse regieren. Trump und die anderen Kapitalist*innen können verschiedene Meinungen haben, aber sie sind sich einig, dass ihre Gewinne auf Kosten der Arbeiter*innenklasse geschützt werden müssen.

Welche Lösung bietet Sanders für Trumps Deal mit Carrier an? Er sagt: “Wir brauchen wieder einen Unternehmenspatriotismus“. Es klingt wie etwas, was von Donald Trump kommen könnte, aber es war der angebliche Sozialist Bernie Sanders, der es sagte. Sanders rief die Arbeiter*innen dazu auf, eine laute und klare Ansage an die Unternehmen zu senden – kämpferische Worte. Diese laute und klare Ansage hat aber nichts mit der marxistischen Losung „Proletarier*innen aller Länder, vereinigt Euch“ zu tun, sondern ist ein Aufruf an die Unternehmen, patriotischer zu sein, also die us-amerikanische Arbeiter*innenklasse gegen die globale Arbeiter*innenklasse auszuspielen. Es scheint, als wäre Sanders nicht klar, wer der wahre Feind sei, wenn er von patriotischen Unternehmen schwärmt, anstatt für die internationale Solidarität der Arbeiter*innenklasse. In Sanders‘ Antwort auf den Deal von Trump mit Carrier wiederholt er sein ursprüngliches Versprechen, Trump zu unterstützen, wenn er im Sinne der Arbeiter*innen handelt. So setzt er Hoffnungen in Trump – im selben Moment, in dem Menschen überall in den USA gegen Trump auf die Straße gehen. Anstatt Trump als Feind der Arbeiter*innenklasse zu entlarven, gibt ihm das vermeintlich progressive Symbol des Anti-Establishments eine Chance. Nach einer monatelangen Kampagne für Clinton sagt das alles über Sanders aus, doch es sagt nicht, dass Trump die Apokalypse bringt. Sanders sagt: “Wenn Trump nicht für die Arbeiter*innen kämpft, müssen wir es“, als ob es je einen Zweifel daran gegeben hätte, dass Trump nicht im Sinne der Reichen regieren würde.

Die Aussage von Samders gibt nicht den Charakter von Trump wieder und impliziert, dass er die Interessen der Arbeiter*innen vertreten könnte. Das sollte jede Illusionen darim zerstören, dass Sanders ein Sozialist sei und für die Arbeiter*innenklasse kämpfen würde.

Die Arbeiter*innen selbst halben radikale Alternativen zur Rettung von Arbeitsplätzen durch Steuererleichterung für Unternehmen, zu Lasten der Arbeiter*innen. In den USA und in anderen Ländern haben Arbeiter*innen Fabriken übernommen und führen die Produktion unter ihrer eigenen Kontrolle weiter. In den USA ist die Fabrik Republic Windows and Doors ein berühmtes Beispiel dafür. In Argentinien befindet sich die Keramikfabrik Zanon bereits seit 15 Jahren unter Arbeiter*innenkontrolle. In Europa produziert seit fast vier Jahren Vio.me in Griechenland unter Kontrolle der Arbeiter*innen. Die Zukunft sind nicht Steuererleichterungen für Wohlhabende oder ein Unternehmenspatriotismus. Die Zukunft sind die radikalen Antworten der Arbeiter*innen auf die fortwährende Krise.

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