Ruf nach Veränderung am feministischen Kampftag
Der 8. März rückt näher und während Gewalt gegen Frauen und Queers immer weiter ansteigt, Frauen sich in prekärer Arbeit verlieren und Femizide internationale Höhepunkte erreichen, schreitet auch die weltweite Militarisierung und der Genozid in Gaza weiter voran.
Überall wird von Gleichberechtigung, dem Gender Pay Gap, der Frauenquote und Chancengleichheit geredet, dass man den Eindruck bekommen könnte, dass es für Frauen doch ganz gut aussehen müsste – dabei sind Misogynie und patriarchale Strukturen so sehr in unser Alltagsleben integriert, dass sich manche (vor allem junge) Frauen nicht einmal mehr “Feminist:innen” nennen und in die vermeintliche “Opferrolle” drängen lassen wollen. Es ist wie ein gesellschaftliches Stockholm-Syndrom, bei dem Frauen keine Möglichkeit sehen, diesem System zu entkommen und dann Wege finden, sich mit der Situation abzufinden.
Doch selbst wenn Frauen auf rechtlicher Grundlage bereits formal gleichgestellt sind, spiegelt dies nicht gleich die materielle Wirklichkeit wider. Frauen leisten den größten Teil der Care-Arbeit, darunter die Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Familienangehörigen, ehrenamtliche Tätigkeiten, sowie die Erledigung von häuslichen Arbeiten wie das Kochen und Instandhalten des Haushalts, welche in den allermeisten Fällen komplett unbezahlt erledigt wird – ganz zu schweigen von der chronischen Unterbezahlung und zunehmender Schließung feminisierter Sektoren. Zudem wird dies sowohl gesellschaftlich als auch in (heterosexuellen) Beziehungen meist als selbstverständlich angesehen und schafft eine finanzielle Abhängigkeit vom Mann. Wenn nun der Sozialstaat noch weiter abgebaut wird, schadet dies vor allem jenen, die für andere sorgen.
Ich glaube, darüber muss man sich wirklich klar werden, dass das größte Armutsrisiko für Frauen heute immer noch ist, Mütter zu werden.
Katrin Wilkens
Wer sich jedoch dann von dieser Abhängigkeitsbeziehung loslöst, steht als Alleinerziehende finanziell noch schlechter dar. Nicht nur die Wahrscheinlichkeit, selbst in Altersarmut zu versinken, steigt rapide an, sondern auch die generationsübergreifende Armut und der mangelnde Zugang zu Bildung und Arbeitsplätzen. So haben Frauen aus der Arbeiter:innenklasse meist das Gefühl, eher eine Rose vom Bachelor bekommen zu können, als den akademischen Bachelor-Titel zu erlangen.
Häufig wird jedoch vor allem in gewalttätigen Beziehungen eine finanzielle Abhängigkeit genutzt, um Kontrolle über Betroffene auszuüben und sie noch stärker an sich zu binden. Gleichzeitig fehlen bundesweit zahlreiche Zufluchtsorte, die im Fall von häuslicher Gewalt Schutz gewährleisten sollen. Besonders drastisch ist dies für schutzsuchende Frauen, die sich in jener Notlage befinden und ökonomisch nicht in der Lage sind, zeitnah selbstständig auszuziehen.
Oftmals bleibt es jedoch nicht “nur” bei Gewalt gegen Frauen als solche. Anders als in den Medien dargestellt, kommt es nicht einfach zu “Beziehungs-” oder „Eifersuchtsdramen“, sondern zu Femiziden, welche man auch ganz klar als solche benennen sollte. Ursache ist jedoch eher der Wunsch nach Macht über Frauen und der Kontroll- und “Besitzverlust”, der sie zu solchen Taten treibt – und nicht die Trauer nach einer Trennung oder Ablehnung. Denn es ist wohl keine normale Reaktion auf Liebesdramen – wie sie dargestellt werden – mit Mord zu reagieren, sondern ein strukturell patriarchales System, welches so geleugnet wird.
Erst kürzlich wurden drei Frauen in Wien in einem Bordell umgebracht. Dabei ist es keine neu auftretende Tatsache, dass diese Gewalt vor allem Sexarbeiter:innen besonders hart trifft. Sie leiden am stärksten an den strukturellen Bedingungen: ökonomischer Druck und soziale Not sind meist die treibenden Faktoren für die spätere Ausbeutung ihres Körpers. Davon betroffen sind insbesondere migrantische und behinderte Frauen sowie andere mehrfach unterdrückte Menschen. So finden beispielsweise die meisten Morde an Transpersonen in der Prostitution statt.
Wenn zwar über 92 Prozent aus der Prostitution aussteigen wollen, gelingt es nur wenigen. Die psychische und physische Gewalt sowie das Fehlen von finanziellen Mitteln, einer Wohnung, medizinischen Versorgung, Berufsausbildung etc. machen es ihnen beinahe unmöglich, den Machtverhältnissen und der Ausbeutung zu entkommen. Sind diese prekären Verhältnisse etwa die “freie” Wahl, von der immer alle sprechen?
Wo ist die Feministische Außenpolitik?
Feminismus muss international gedacht werden. Auch wenn Frauen in der Politik im einundzwanzigsten Jahrhundert noch immer unterstellt wird, irrationale Entscheidungen zu treffen, so scheint Krieg noch immer Männersache zu sein, die ihre Kämpfe auf Kosten marginalisierter Menschen austragen.
Wir beobachten eine weltweite Militarisierung und auch Deutschland finanziert trotz Baerbocks vermeintlicher „feministischen Außenpolitik” Kriege wie in Palästina, welcher zulasten der Zivilbevölkerung – insbesondere Frauen und Kindern – ausgetragen wird. Vor allem gebärfähige Menschen und ihre Neugeborenen leiden an der immensen Krise von Komplikationen während der Schwangerschaft und Geburt und der katastrophalen humanitären Lage in Gaza, da keine ausreichende gesundheitliche Versorgung gewährleistet werden kann. Auch die Meldungen über sexuelle Übergriffe an Palästinenserinnen klingen an.
Dies zeigt uns wieder: Der Kampf um die Frauenbewegung muss ein antiimperialistischer und antikapitalistischer sein. Wir brauchen jetzt eine kollektive Massenbewegung, um die Frauenbefreiung zu erkämpfen. Für die Freiheit aller Frauen: in Palästina, im Iran und überall auf der Welt. Denn solange nicht alle Frauen frei sind, ist es keine:r von uns!