Rückblick auf den Klimagipfel: Die Suche nach Antworten auf die Krise unseres Lebens
Die Herrschenden der Welt beenden ihren Gipfel und breiten vor uns das Panorama der kommenden Katastrophe aus. Was passiert, wenn sie scheitern und was die Unterdrückten dem entgegen zu setzen haben.
Im Zuge der diesjährigen UN-Klimakonferenz (COP23), welche vom 6. bis 17. November in Bonn stattfand, ist es wichtig über den aktuellen Status des Klimawandels und über notwendige Schritte zur Bekämpfung der drohenden Klimakatastrophe zu diskutieren. Die COP23 stellte eine Art „Arbeitstreffen“ dar, bei dem über die weitere Umsetzung der im Pariser Klimaabkommen beschlossenen Selbstverpflichtungen diskutiert wurde. Die aktuellen Verpflichtungen, welche nicht zwangsweise wirkliche Handlungen bedeuten sind in Anbetracht des fortschreitenden Klimawandels verschwindend niedrig. Zudem ist unklar in welchem Ausmaß sie effektiv zur Abwendung der uns drohenden Klimakatastrophe führen können und wie die Umsetzung kontrolliert wird.
Das globale Klima unterlag schon immer natürlichem Wandel und Veränderungen. Wir befinden uns seit ca. 11.000 Jahren in einer Phase relativ konstanter klimatischer Bedingungen. Ohne diesen Umstand wäre es für den Menschen nicht möglich gewesen, die neolithische Revolution zu vollziehen (also der Wandel hin zur Sesshaftigkeit und zum Ackerbau) und komplexe Gesellschaftsformen zu entwickeln.
Seit Beginn der Industrialisierung in den 1850er Jahren ist der CO2-Ausstoß exponentiell gestiegen. Allein in den letzten 20 Jahren hat sich der globale Ausstoß um 40 Prozent erhöht. 2013 wurde mit einer atmosphärischen CO2-Konzentration von 400ppm (parts per million) ein seit Millionen von Jahren nicht erreichter Wert überschritten. CO2 macht aufgrund der Menge der Emissionen den größten Beitrag des menschlich angetriebenen Treibhauseffekts aus. Die Erwärmung der Erde hat mit steigenden Emissionen exponentiell zugenommen. Schon jetzt hat sich die Atmosphäre um bis zu ein Grad Celsius im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten erwärmt.
Düstere Szenarien für die Zukunft
Der Report des von dem Weltklimarat der UN eingesetzten Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) prognostiziert je nach Ausmaß der Ausstoß-Reduktionen einen Temperaturanstieg von ca. +1,4 Grad (massive Reduktion) – über +5,8 Grad (Business as Usual) bezüglich vorindustrieller Werte, wobei ein Anstieg auf plus vier Grad wahrscheinlich ist. Dies bedeutet, dass wir selbst durch massive Reduktion der Emissionen in den nächsten Jahren einen dauerhaften Anstieg der Temperatur erleben werden. Hierbei sind schwerwiegende Folgen auf Ökosysteme, Lebensräume und die menschliche Gesundheit zu erwarten – das Überleben von hunderten Millionen von Menschen ist bedroht. Ganze Erdregionen und Ökosysteme werden ab einem bestimmten Temperaturanstieg unumkehrbar zerstört.
Es wird angenommen, dass ein zusätzliches Grad Erwärmung zu einem Ertragsverlust von zehn Prozent an Getreide führt, was die Nahrungsversorgung einer Bevölkerung von über elf Milliarden Menschen, die im Jahr 2100 erwartet werden, noch schwieriger macht. Ein Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur von plus vier Grad würde mittelfristig zu einem Absterben des ozeanischen Planktons führen und somit diverse vom Plankton abhängige Spezies ihrer Nahrungsgrundlage entziehen, was wiederum massive Rückwirkung auf die menschliche Nahrungsversorgung haben wird. Weitere Folgen wäre das komplette Abschmelzen des grönländischen Eisschilds — was einen Anstieg des Meereslevels von sieben Metern nach sich ziehen würde – die Vernichtung des Amazonas Regenwaldes und das Abschmelzen des subarktischen Permafrosts, was zu einem massiven Ausstoß von Methan führen würde, welches circa 20 mal klimawirksamer ist als CO2. Unzählige Regionen, fast der gesamte afrikanische Kontinent, würden unbewohnbar werden.
Bei einem Anstieg von sechs bis acht Grad wäre der Planet mit einem Massen-Aussterben konfrontiert, wie es sich bis jetzt nur ein einziges Mal in der Erdgeschichte ereignete und wobei mehr als 95 Prozent der damals lebenden Spezies ausgerottet wurden.
Die Erdtemperatur wird, selbst wenn Maßnahmen zur Eindämmung und Vermeidung weiterer Treibhausgasemissionen vorgenommen werden, nach dem bisherigen Anstieg jahrelang auf einem gehobenen Level verbleiben, da CO2 in verschiedensten Austauschprozessen von Atmosphäre, Meeren, Böden, Pflanzen gespeichert und abgebaut wird. Selbst wenn wir bis 2100 dafür sorgen, dass kein CO2 mehr emittiert wird, ist es wahrscheinlich, dass wir bis zum Jahre 3000 eine Konzentration von über 400ppm haben, welche den Treibhauseffekt aber diese gesamte Zeitspanne verstärken würde. Zudem gibt es zusätzlich zu den bekannten Szenarien eine Vielzahl an Rückkopplungs-Effekten, welche nicht kalkulierbar aber definitiv zu erwarten sind und für sprunghafte Entwicklungen im Klimasystem sorgen würden.
Anspruch und Wirklichkeit der Herrschenden
Das im Pariser Abkommen festgelegte Ziel von einer Erwärmung von maximal plus 1,5 Grad Celsius wird durch die aktuellen Maßnahmen und Verpflichtungen keinesfalls erreicht werden. Selbst bei minutiöser Umsetzung der bisher im Pariser Abkommen skizzierten Verpflichtungen wäre ein Anstieg von plus vier Grad noch immer wahrscheinlich. Und diese Daten beziehen des Austretens der USA aus dem Abkommen noch gar nicht mit ein. Auch nicht die aufstrebenden nationalistischen Regime in den Industrienationen und anhaltende globale Ressourcen-Konflikte, die schon jetzt für massive Migration und unwürdige Lebenszustände in großen Teilen der Peripherie sorgen.
Man bedenke, dass die schwerwiegendsten Folgen der Erderwärmung, genau diese bereits destabilisierten Teile der Welt treffen werden. Wenn selbst die unrealistischen und in ihrer konkreten Umsetzung noch weitgehend unkonkreten Selbstverpflichtungen bisheriger Klimakonferenzen die Emissionen nicht im nötigen Maße eindämmen, sieht die Realität ziemlich düster aus.
Deutschland ist einer der Staaten, bei denen der Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit der Selbstverpflichtungen besonders stark hervortritt. Während sich die deutsche Regierung im Kontext der Klimaverhandlungen als besonders fortschrittlich gibt, zählt Deutschland noch immer zu einem der größten Verschmutzer. Deutschland und Polen als größte europäische Produzenten von kohlebedingtem CO2-Ausstoß haben noch keine notwendigen Schritte zu dessen Reduktion unternommen. Deutschland hat sich im Gegensatz zu anderen Industrienationen bei der jetzigen Klimakonferenz nicht der „Powering Past Coal Alliance“ angeschlossen, welche sich dem Kohleausstieg bis 2030 verpflichtet hat.
Aber die reaktionäre Rolle, welche der deutsche Staat in diesem gesamten Panorama spielt, wird erst dann richtig deutlich, wenn man seine Rolle als aufstrebende imperialistische Macht versteht, welche nicht nur ihren Griff über Europa ausweitet, sondern die Interessen deutscher Konzerne in der ganzen Welt zunehmend aggressiv verteidigt und somit die Krisentendenzen im System verschärft. Dies sind wiederum keine guten Nachrichten für die Klima- und Energiepolitik.
Die Notbremse liegt bei der Arbeiter*innenklasse
Konfrontiert mit diesen apokalyptischen Prognosen ist es unabdingbar, Handlungsperspektiven aufzuzeigen und die aktuelle Klimapolitik in ihren Grundsätzen zu kritisieren. Um die schlimmsten Folgen des Klimawandels zu vermeiden, ist eine 95-prozentige Emissionsreduktion der Industriestaaten bis 2050 unausweichlich. Diese darf aber nicht erst ab 2030 erfolgen, sondern muss bereits jetzt umgesetzt werden. Dies bedeutet eine komplette Transformation der globalen Systeme von Warenproduktion, Verkehr- und Transport, sowie der Energieerzeugung und -versorgung.
Über 70 Prozentder Emissionen gehen zurück auf die Produktion und Benutzung von Energie. Mehr als 15 Prozent davon auf Kohle. Eine grundlegende Transformation der Energieversorgung bedeutet zum Beispiel unter anderem den kompletten Ausstieg aus der Kohlekraft und anderen fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Energien und hiermit verbundene massive Änderungen der Infrastruktur. Weiterhin bedarf es massive Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz durch die Weiterentwicklung von Technologien und Arbeitsprozessen.
Allerdings ist es wichtig, sich nicht auf technologische Maßnahmen zu beschränken. Die notwendigen Reduktionen werden nur durch eine Revolutionierung des sozialen Gefüges hin zu kollektiven Formen des Zusammenlebens möglich sein. Dies bedeutet die Ausrichtung der gesamten Produktion und Infrastruktur auf Gebrauchswerte und nicht auf Tauschwerte, was eine drastische Reduktion des Massenkonsums und der Förderung suffizienter (also genügsamer) Lebensstile bei gleichzeitiger deutlicher Reduktion der Arbeitszeit und der Umverteilung der Arbeit mit sich bringt. Das Programm, welches unserer Auffassung nach allein einen Ausweg aus der Klimakrise bietet, ist eine demokratische, sozialistische und ökologische Planwirtschaft. All das lässt sich nur über die demokratische Kontrolle der breiten Masse der arbeitenden Bevölkerung über die Produktion des gesellschaftlichen Reichtums erzielen, welchen sie ohnehin erst hervorbringt.
Die Arbeiter*innenklasse wird meist zuallererst und am härtesten von den katastrophalen Auswirkungen von Naturzerstörung getroffen, gerade in den vom Imperialismus unterworfenen Ländern. Sie ist aber auch die einzige Kraft, die buchstäblich an den Hebeln sitzt und daher allein dazu in der Lage ist, die „Notbremse“ zu ziehen, um den rasenden Zug der menschlichen Zivilisation vor dem Aufprall mit der nahenden Wand der Klimakatastrophe zu retten. Auf geht‘s, in die Hände gespuckt – es gibt viel zu tun!