Rosa und Karl: Bündnis gegen Bündnis

12.01.2013, Lesezeit 3 Min.
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Die Neuköllner Kneipe Tristeza war brechend voll, als am Donnerstag Abend die Frage diskutiert wurde, wo linke BerlinerInnen am 13. Januar hingehen sollten: Zur traditionellen Luxemburg-Liebknecht-Demonstration in Friedrichshain oder zur alternativen, von vorwiegend sozialdemokratischen Jugendorganisationen getragenen „Rosa und Karl“-Demonstration in Mitte? Da die Kneipe als Nervenzentrum der antideutschen Szene in Berlin funktioniert, war das größtenteils stehende Publikum mehrheitlich auf Seiten von letzteren.
Zur Debatte eingeladen hatte der „Prozess für eine neue antikapitalistische Organisationen“, ein Bündnis aus revolutionären Gruppen, das zur LL-Demo aufruft. Auf dem Podium waren zwei Vertreterinnen vom „Rosa und Karl“-Bündnis und – da weder vom LL-Bündnis noch von den beteiligten Antifa-Gruppen RednerInnen gefunden werden konnten – zwei Vertreter vom NAO-Prozess.

„Der zentrale Punkt für uns ist die Abgrenzung zum Stalinismus“ erklärte die Aktivistin von der Gruppe Cosmonautilus, wie die Rosa und Karl-Demo entstanden ist. Ihre Gruppe ist Teil des Linkspartei-nahen Jugendverbandes [’solid], der selbst über diese Frage „gespalten“ ist. Weil nach „jahrelangen Bemühungen“ immer noch Stalin- und Mao-Bilder auf der LL-Demo gezeigt werden, hatte sich ein Bündnis aus „emanzipatorischen und linksradikalen Gruppen“ für eine Alternative entschieden.

Martin Suchanek vom NAO-Prozess äußerte jedoch Zweifel daran, dass die Jusos und die DGB-Jugend, die Teil des „alternativen“ Bündnisses sind, „lupenrein emanzipatorisch“ seien. Er begrüßte die Kritik am Stalinismus, meinte aber, dass das Erbe von Rosa Luxemburg weit über ein Festhalten an sozialistischer Demokratie hinausgehen muss. Unter anderem nannte er ihre Befürwortung des Generalstreiks als revolutionäres Kampfmittel und ihren Kampf gegen den Reformismus und für eine revolutionäre Partei.

Die Gruppen im „Rosa und Karl“-Bündnis halten laut Eigendarstellung „am Kommunismus als Utopie fest“. Wie es aus dem Publikum hieß, ist das Problem damit nicht nur, dass Stalin und Mao ebenso am „Kommunismus als Utopie“ festhielten, sondern vielmehr die Aussage von Marx, wonach der Kommunismus kein „Ideal“ ist, „wonach sich die Wirklichkeit zu richten hat“, sondern die „wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt.“ Dadurch auf ihre Praxis angesprochen, verwies die Naturfreundejugend auf ihre von der Sozialdemokratie und vom Staat finanzierten Jugendfahrten. Auch wenn niemand diese Fahrten ablehnenswert fand, so sind sie auch weit vom revolutionären Klassenkampf, den Luxemburg propagierte, entfernt. Genauso hat das „emanzipatorische“ Bündnis Gruppen wie die Berliner Jusos dabei, die imperialistische Kriege und den deutschen Militarismus unterstützten. Die Bündnisvertreterinnen sahen sich nicht veranlasst, sich davon zu distanzieren.

„Man muss sich nicht auf alles beziehen, das jemand, der 1919 gestorben ist, gesagt hat“ hieß es dazu im Schlusswort von den Rosa und Karl-Vertreterinnen. Das ist wohl wahr. Die Frage bleibt aber offen, ob die sozialdemokratischen Jugendorganisationen von heute sich auf irgendetwas beziehen, das Rosa Luxemburg jemals gesagt hat.

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