Revolutionäre Theorie und Praxis nach dem „Ende der Ideologien“
In vorangegangenen Artikeln haben wir die Beziehung zwischen Revolte und Revolution aus verschiedenen Blickwinkeln der Entwicklung des aktuellen Zyklus des Klassenkampfes erörtert. Der letzte Artikel war dem heutigen internationalistischen Kampf gewidmet. In diesen Zeilen werden wir uns auf die Bedeutung der revolutionären Theorie für diese Kämpfe konzentrieren.
Ohne revolutionäre Theorie kann es keine revolutionäre Bewegung geben
Der Satz, der diesen Abschnitt betitelt, entspricht einer bekannten Aussage von Lenin in der Schrift Was tun? (1902), aber lässt sich leicht bis zu den Ursprüngen des Marxismus mit Marx und Engels zurückverfolgen. Um ihn zu bekräftigen, fügte Lenin hinzu, dass dieser Gedanke „nicht genug betont werden“ kann. Dies ist heute nicht weniger bedeutend, nach Jahrzehnten der revolutionären Diskontinuität und ideologischen Reaktion, in denen die Postmoderne als „Geist der Epoche“ die Idee der Revolution und sogar die Existenz einer „objektiven“ Realität über den Text hinaus zu verbannen suchte [1]; begleitet von den vielfältigen Theorien vom Ende „der Ideologien“, „der Geschichte“ (des Klassenkampfes), „der Arbeit“, usw.
Der gegenwärtige Zyklus des Klassenkampfes auf internationaler Ebene mit seinen verschiedenen Momenten innerhalb jeden Prozesses ist einer der ausgedehntesten und bedeutendsten – wenn nicht sogar der bedeutendste – seit dem Ende des letzten Jahrhunderts. Jetzt findet er nach mehr als drei Jahrzehnten ohne Revolution (wenn auch nicht frei von wichtigen Aufständen, revolutionären Tagen und Prozessen, die einer Revolution nahe kamen, wie Ägypten 2011) statt, nachdem es der Bourgeoisie gelungen war, den Kapitalismus in Ländern definitiv wiederherzustellen, in denen das Kapital im 20. Jahrhundert enteignet wurde, wie der UdSSR, Osteuropa, China, Vietnam usw.. Dies waren Jahrzehnte des Rückzugs, in denen die Arbeiter*innenbewegung mit ansehen musste, wie ihre traditionellen Organisationen sich gegen sie selbst wandten und sich der neoliberalen Offensive und – im Falle der ehemaligen bürokratischen Arbeiter*innenstaaten – der kapitalistischen Restauration beugten.(2]
Es sind 30 Jahre vergangen seit dem Fall der Berliner Mauer, aber auch 11 Jahre seit dem Fall von Lehman Brothers – Symbol der Krise von 2008. Heute nimmt ein neues internationales Szenario Gestalt an. Es eröffnet die Möglichkeit eines Wiederauflebens der revolutionären Bewegung im 21. Jahrhundert, für die es unerlässlich ist, die subjektiven Bedingungen nach Jahrzehnten der kapitalistischen Offensive zu erneuern. Der Kampf um den Aufbau revolutionärer Parteien auf nationaler und internationaler Ebene nimmt eine grundlegende Bedeutung an, und die revolutionäre Theorie ist ein entscheidender Faktor in diesem Kampf. In diesem Sinne möchten wir kurz und begrenzt auf fünf Probleme hinweisen, die wir derzeit für entscheidend halten: 1) Hegemonie und Selbstorganisation; 2) Theorie der permanenten Revolution; 3) konkrete Analyse von Situationen; 4) Strategie; 5) die kommunistische Perspektive.
1. strategische Positionen, Hegemonie und Selbstorganisation
Jahrzehntelang wurde die Arbeiter*innenklasse für unwiederbringlich geschwächt oder fast ausgestorben erklärt. Als Grundlage wurden bestimmte Phänomene aus dem Gesamtbild isoliert, um ihnen einen unbegrenzten Wert zu verleihen: die Prozesse der „Verlagerung“ von Unternehmen in Westeuropa und den USA, ohne zu sehen, dass die Arbeiter*innenklasse anderswo, angefangen bei China, stärker wurde; die größere Heterogenität der Klasse, dabei außer Acht gelassen, dass dies ein Produkt ihrer wachsenden Ausdehnung war; der enorme Prozess der Zersplitterung, den sie erlitt, ohne zu bedenken, dass sie weiterhin die „strategischen Positionen“ der Wirtschaft besetzte; usw. [3]. Diese Art von Ideologie über die Arbeiter*innenklasse wurde nicht nur von Think-Tanks und der akademischen Rechten propagiert, sondern auch von Theorien, die den Sozialismus oder Kommunismus als ihr Ziel beanspruchten. Unter den meistgelesenen, reduzierten Laclau und Mouffe die strategische Debatte der Arbeiter*innenklasse auf ein Problem des „Klassenessentialismus“ [4], und Negri setzte sich dafür ein, dass der Begriff der „Multitude“ sie ersetzen sollte. 5] Alles in allem war es – und ist dies immer noch – eine sehr breite ideologische Offensive, die vielen der Strömungen, die sich als revolutionär-marxistisch verstehen, einen Schlag versetzte. Dies geschah auf zwei entgegengesetzte, aber sich ergänzende Weisen.
Auf der einen Seite gab es diejenigen, die in gewissem Maße der Parole nachgaben, dass die Arbeiter*innenbewegung nur eine weitere „soziale Bewegung“ sei und dass der Kampf um ihre Hegemonie auf einen „Klassenessentialismus“ zurückfalle. Daher wurde der Aufbau revolutionärer Parteien durch die Strategie von „Parteien der Bewegungen“ oder „breiten Parteien“ ersetzt, die kein revolutionäres Programm oder Strategie hatten, um sich oberflächlich an „den Bewegungen“, so wie sie sind, zu beteiligen. Der emblematischste Fall ist vielleicht die französische NPA (Neue Antikapitalistische Partei), da sie aus der Selbstauflösung einer der wichtigsten Organisationen des Trotzkismus auf internationaler Ebene, der französischen Revolutionär-kommunistischen Liga (Ligue communiste revolutionnaire), hervorging. Daniel Bensaïd, der einer ihrer Hauptanführer war, hatte zu Recht darauf hingewiesen, wie in Bezug zur linken Intellektuellen mit Foucault und Deleuze „die auf Null reduzierte Strategie“ [7] erreicht worden war. Allerdings sollte er schließlich die Gründung einer Partei ohne Strategie vorantreiben. Unter den „breiten Parteien“ können wir auch die brasilianische PSOL (Partei für Sozialismus und Freiheit) nennen.
Auf der anderen Seite gab es diejenigen, die sich auf eine Selbstbestätigung der Arbeiter*innenklasse außerhalb einer hegemonialen Politik beschränkten und eine routinierte und gewerkschaftliche Ausrichtung des friedlichen Zusammenlebens innerhalb der Arbeiter*innenorganisationen, wie sie sind, vertieften. Dies ist zum Beispiel bei Lutte Ouvrière in Frankreich oder der PSTU in Brasilien der Fall, die zu den wichtigsten gehören. Eine Zwischenvariante drückte die PO in Argentinien aus, indem sie einen Teil der Arbeiter*innenklasse, die Arbeitslosenbewegung, als neues Subjekt („Piquetero-Subjekt“) aufrichtete, um sie später mit einer nicht-hegemonialen Politik in den Gewerkschaften zu verbinden.
Es ist keine metaphysische „Essenz“, die die Arbeiter*innenklasse zum zentralen Akteur im revolutionären Kampf für den Sozialismus macht. Sie ist vielmehr der Teil der ausgebeuteten und unterdrückten Massen, der die „strategischen Positionen“ besetzt, die eine Gesellschaft zum Funktionieren bringt. Das gibt ihr unter anderem die Kraft, die Gesellschaft lahmzulegen. Eine Qualität, die nicht nur nicht verloren gegangen ist, sondern in der letzten Zeit sogar noch zugenommen hat, insbesondere mit dem Sprung in der Urbanisierung und der Bedeutung, die der städtische Transport in den Metropolen gewonnen hat, wie man heute im Streikprozess in Frankreich sehen kann. Die „strategischen Positionen“ geben der Arbeiter*innenklasse eine privilegierte Stellung als Artikulator einer unabhängigen Macht, die in der Lage ist, die ausgebeuteten und unterdrückten Massen mittels ihrer Selbstorganisation und Selbstverteidigung zu vereinen, um den bürgerlichen Staat in die Knie zu zwingen [8]. Die Kontrolle dieser Schlüsselpositionen für die gesellschaftliche Produktion und Reproduktion ist wiederum entscheidend für die Schaffung einer neuen (sozialistischen) Ordnung, die in der Befreiung der Gesellschaft von Ausbeutung und Unterdrückung voranschreiten kann.
Nun hat sich die Frauenbewegung in vielen Ländern zu einer mächtigen Massenbewegung entwickelt; in Chile, einem der Epizentren des aktuellen Zyklus, findet sie eine ihrer wichtigsten Ausdrucksformen. [9] Ebenso die Umweltbewegung mit Erscheinungen wie „Fridays for Future“ oder „Extinction Rebellion“ [10]. Die Studierendenbewegung an Orten wie Chile oder Frankreich hat ihrerseits eine enorme Kampftradition. Die spezifischen Sektoren der Arbeiter*innenklasse, die „strategische Positionen“ einnehmen, die vom Rest der Klasse – z.B. der prekären Jugend, die ein Schlüsselakteur in einem großen Teil der Prozesse des gegenwärtigen Zyklus war – und von den zuvor genannten Bewegungen aber getrennt sind, sind zur Zersplitterung und zu einer Sisyphusarbeit verdammt, die nur partielle und provisorische Verbesserungen ermöglicht. Aber ohne diese entscheidende Kraft der Arbeiter*innen, fehlt den Bewegungen der Student*innen, der Frauen, der Ökolog*innen, der Immigrant*innen usw. als solchen die notwendige Kraft, um die Kapitalist*innen und ihre Staaten zu bezwingen und eine neue soziale Ordnung zu etablieren.
Deshalb bleibt Trotzkis Aussage weiterhin gültig, dass es kein revolutionäres Programm (und keine Strategie) geben kann, ohne für die Schaffung von Organen der Selbstorganisation und der Einheitsfront der Massen wie „Sowjets“ oder Räte zu kämpfen, die in der Lage sind, alle kämpfenden Sektoren zu verknüpfen und eine alternative Macht darzustellen. Die Geschichte ist voller Beispiele, mit jeweils größerer oder kleinerer Entwicklung, von den russischen Sowjets und den deutschen Räten, über die iranischen Schoras bis hin zu den chilenischen Cordones Industriales.
Diese „sowjetische“ Strategie, die unabdingbar ist, um nicht in das Nebeneinander unverbundener Bewegungen oder gewerkschaftlichen Korporatismus zu verfallen, scheint heute jedoch von der Linken praktisch vergessen. Sie wiederherzustellen und weiterzuentwickeln ist einer der theoretischen Kämpfe, den die Trotzkistische Fraktion für die Vierte Internationale (FT-CI) seit ihrer Gründung geführt hat und der ihre Praxis bestimmt hat. Nur eine revolutionäre Partei, die in die Arbeiter*innen-, Frauen- und Studierendenbewegungen usw. eingreift und versucht, ihre eigenen Strömungen zu entwickeln, die für diese Perspektive der Selbstorganisation kämpfen, wird sich angesichts der Prozesse der Massenradikalisierung wirklich vornehmen können, die materiellen Kräfte zu artikulieren, die in der Lage sind, die Mehrheit der Arbeiter*innenklasse zu vereinen und für eine neue Hegemonie unter einem revolutionären sozialistischen Programm zu kämpfen.
2. Demokratische Ziele und die „permanente Revolution“
Mit dem „Ende der Geschichte“ kam das Postulat, dass die bürgerliche Demokratie die einzig mögliche Demokratie sei [12]. Von ihrem Klasseninhalt entleert, wurde sie als Deckmantel für die neoliberale Offensive benutzt. [13] Der Kampf um politische Freiheiten und Rechte sollte sorgfältig von den strukturellen sozio-ökonomischen Transformationen getrennt werden, die für ihre volle Verwirklichung unerlässlich sind. Eine der theoretischen Versionen dieses Ansatzes, der im europäischen Neoreformismus und in den lateinamerikanischen „post-neoliberalen“ Strömungen populär ist, ist die von Ernesto Laclau. In seiner Herangehensweise an Demokratie und „Populismus“ verschwinden die objektiven Grundlagen (ökonomische Grundlagen des Kapitalismus, imperialistische Unterdrückung, soziale Klassen, Machtverhältnisse): Das Ziel ist die „Radikalisierung der Demokratie“ (ohne Adjektive) und die Durchsetzung eines progressiven Populismus.
Trotzkis Theorie der permanenten Revolution[14], die auf den Lehren der Revolutionen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts basiert, geht genau vom Gegenteil aus: Die „vollständige und effektive Lösung“ demokratischer Ziele ist von strukturellen Veränderungen (zum Beispiel in der Russischen Revolution, dem Kampf gegen die Autokratie und die Enteignung der Großgrundbesitzer) untrennbar. Im aktuellen Prozess in Chile zum Beispiel ist der Vorschlag, das Erbregime des Pinochetismus zu beenden („es geht nicht um 30 Pesos, sondern um 30 Jahre“), unrealisierbar, ohne dessen Grundpfeiler zu zerstören: das Outsourcing, das private Rentenversicherungssystem, der Profit im Bildungs- und Gesundheitswesen, die Übergabe strategischer Ressourcen an das Großkapital, die Unterordnung unter den Imperialismus usw.. Deshalb sind demokratische Ziele notwendigerweise mit sozialistischen Maßnahmen verbunden, die das kapitalistische Privateigentum angreifen, wodurch der Prozess einen „permanenten“ Charakter annimmt, wobei die Hegemone der Arbeiter*innen, wie wir im vorigen Abschnitt entwickelt haben, unverzichtbar ist.
Es ist logisch, dass dieser Ansatz der „permanenten Revolution“ das Gegenteil des demokratisch-liberalen Ansatzes ist, da es in dem einen Fall darum geht, die Revolution zu vermeiden, und im anderen Fall, sie zu konkretisieren. Doch dem Klima der Epoche folgend haben die meisten trotzkistischen Strömungen seit den 1980er Jahren die Theorie der permanenten Revolution aufgegeben. [15] In einigen Fällen unter der Vorstellung, dass der Sozialismus „unbewusst“ Hand in Hand mit vermeintlich „siegreichen demokratischen Revolutionen“ (Regime-Revolutionen)[16] voranschreiten könnte, indem er den Kampf für bestimmte demokratische Forderungen (etwa gegen Diktaturen) von den demokratisch-strukturellen Problemen (in den Halbkolonien: imperialistische Unterdrückung, die Agrarfrage usw.) trennt. Diese Theorie führte z.B. dazu, dass die LIT-CI (internationale Strömung, deren Hauptpartei die brasilianische PSTU ist), die Existenz eines institutionellen Putsches in Brasilien im Jahr 2016 leugnete und ihre Fahnen mit der putschistsichen Rechten vermischte, oder den Sturz des Regimes durch die NATO-Offensive in Libyen (2011) als „gewaltigen Sieg der Massen“ begrüßte, und so weiter. In anderen Fällen, wie dem der ehemaligen französischen LCR – später der NPA – wurde versucht zu behaupten, der Weg zum Sozialismus bestünde darin, eine „Demokratie bis zum Ende“ ohne Klasseninhalt mithilfe von Institutionen des bürgerlich-demokratischen Regimes zu entwickeln. Dies war die Grundlage für die Abkehr von einer eindeutig revolutionären Strategie und einem Programm.
Diese Abkehr von der Theorie der permanenten Revolution erfolgt genau dann, wenn die Überschneidung zwischen demokratischen Kämpfen und dem Kampf gegen den Kapitalismus stark ausgeweitet wird, wodurch die Hegemonie der Arbeiter*innen eine größere Grundlage erhält. Einerseits haben sich die demokratischen Forderungen durch den Sprung des Kapitalismus in der Verbindung zwischen Ausbeutung und verschiedensten Formen der Unterdrückung („Rasse“, Geschlecht, Kultur, Nationalität) vervielfacht. Diese Verknüpfung von Unterdrückung und Ausbeutung spielt eine immer grundlegendere Rolle bei der Reproduktion des gesamten Systems [18].
Andererseits hat die imperialistische Unterdrückung während der neoliberalen Offensive einen spektakulären Sprung nach vorne gemacht, der jede grundlegende und dauerhafte demokratische Eroberung in den Halbkolonien und den abhängigen Ländern ohne die Emanzipation vom Imperialismus undenkbar macht [19]. Die „nationalen“ Bourgeoisien haben jeden diesbezüglichen Anspruch aufgegeben. Dies zeigt sich nicht nur in Bolsonaros Ultraneoliberalismus, sondern auch im Scheitern der „post-neoliberalen“ Regierungen in Lateinamerika, die selbst in ihren radikalsten Versionen wie dem Chavismus nicht in der Lage waren, die Struktur der Abhängigkeit zu verändern. Evo Morales und die MAS, die den zivil-militärischen Putsch legitimierten und den Widerstand verrieten; Lula und die PT, die jeden ernsthaften Kampf zuerst gegen den institutionellen Putsch und jetzt gegen Bolsonaro aufgaben; Alberto und Cristina Fernández, die einen Plan umsetzten, der von Anpassungen geprägt war, um dem IWF zu gefallen: Das alles sind Beispiele dafür, wie die „nationale“ Bourgeosie, selbst in ihren „progressiven“ Formen, lieber vor dem Imperialismus niederkniet, als Zeuge der Mobilisierung der Massen zu werden.
Nur die Einheit der Arbeiter*innenklasse zusammen mit den ausgebeuteten und unterdrückten Völkern kann eine wirkliche Alternative darstellen, indem sie ihre eigene Macht ergreift, um die demokratischen Ziele und die nationale Befreiung vollständig und effektiv zu erreichen, indem sie ihren Kampf mit dem der Arbeiter*innenklasse in den zentralen Ländern verbindet und eine neue Gesellschaftsordnung schafft. Diese Elemente (wenn auch nicht nur, wir werden später darauf zurückkommen) zeigen die Aktualität des Theorie-Programms der permanenten Revolution auf und machen aus der Notwendigkeit, ihre Konturen heute neu zu gestalten, ein zentrales Element der theoretischen Kämpfe, die sich heute ergeben [20].
3. Konkrete Analyse von konkreten Situationen
Heute stehen wir vor der allgemeinen Krise der neoliberalen Ordnung, die die letzten Jahrzehnte geprägt hat. Zusätzlich zum Niedergang der US-Hegemonie begann 2008 die historische kapitalistische Krise. Während die Päpste des Neo-Keynesianismus argumentieren, dass eine massive staatliche Investition, die der des Zweiten Weltkriegs entspricht – vom „kleinen Detail“ des verallgemeinerten Gemetzels bereinigt –, notwendig wäre, um die Wirtschaft anzukurbeln [21], zeigt der Handelskrieg zwischen den USA und China (und der viel tiefere Streit um die technologische Vorherrschaft) das Ende der harmonischen „Globalisierung“ und die Rückkehr des Nationalismus der Großmächte.
Weit entfernt von dem mechanischen Katastrophismus, der für alle Zeiten und Orte gilt (d.h. der der Politik im Allgemeinen und der revolutionären Politik im Besonderen fremd ist), wie Gramsci bemerkte, hat der politische Überbau in den fortgeschritteneren Ökonomien angesichts der „katastrophalen Einbrüche des unmittelbaren wirtschaftlichen Elements (Krisen, Depressionen usw.)“ eine größere Widerstandsfähigkeit entwickelt. Nach dem Sturz von Lehman Brothers wurde der wirtschaftliche „Crash“ durch massive staatliche Interventionen zur Rettung der großen Banken und Konzerne auf Kosten der Lebensbedingungen der Massen verhindert. All dies löste die Krise jedoch nicht, sondern verlängerte sie eher schleichend [22] und vervielfachte die Ungleichheit exponentiell.
Dies sind die tiefen Ursachen für den Massenaufschwung, den wir heute in verschiedenen Ländern sehen. Nun wäre es ein Fehler, dieses Element einseitig zu betonen und zu glauben, dass wir vor einem einzigen Trend stehen, der sich mechanisch in einen Linksruck verwandeln würde. Kategorien wie die „organische Krise“ – von Gramsci in seinen Gefängnis-Notizbüchern ausgearbeitet – können sehr nützlich [23] sein, um die Krisen anzugehen, die heute viele Länder (sowohl im Zentrum als auch an der Peripherie) betreffen, wo entweder ein „Versagen der herrschenden Klasse“ oder die Aktion der Massen eine Periode politischer Brüche zwischen den Massen und ihren traditionellen Parteien und Veränderungen in den Denkweisen eröffnet. Diese Situationen, in denen „das Alte stirbt und das Neue noch nicht zur Welt kommen kann“, setzen „Kraftlösungen“, also sowohl die bonapartistischen Wendungen als auch die krampfhaften Tendenzen des Klassenkampfes auf die Tagesordnung.
Die Existenz dieser Krisen lässt sich jedoch nicht in ein „Hegemonie-Vakuum“ übersetzen. In Abwesenheit einer unabhängigen und hegemonialen strategischen Alternative der Arbeiter*innenklasse kann es, wie die Prozesse des letzten Jahrzehnts zeigen, „linke“ Abweichungen geben (Syriza in Griechenland, die die Anpassung schließlich anwendete; Podemos im Kontext des 15M im Spanischen Staat, die heute kurz davor stehen, eine Regierung mit der PSOE zu bilden). Sie können jedoch auch von der Rechten genutzt werden (in Frankreich, nachdem Le Pen die „nützliche Stimme“ gegen Macron kanalisiert hatte), oder bonapartistischere Strömungen entstehen lassen (Juni 2013 in Brasilien, angesichts der Angriffe der PT und des Fehlens einer linken Alternative, die schließlich verblasste und ihren Platz den rechten Mobilisierungen, dem institutionellen Putsch und dann Bolsonaro überließ; oder nach der Bewegung des Taksim-Platzes, Erdogans Selbstputsch in der Türkei).
Im Gegenzug ist der kapitalistische Staat, wie sowohl Trotzki als auch Gramsci – mit seinem Konzept des „integralen Staates“ – betonen, weit davon entfernt, sich darauf zu beschränken, passiv auf einen Konsens zu „warten“. Er widmet sich seiner „Organisierung“ durch die Verstaatlichung von Massenorganisationen und die Entwicklung von Bürokratien in ihm (angefangen bei den Gewerkschaften, aber auch innerhalb der „Bewegungen“), die die Spaltungen innerhalb der Arbeiter*innenklasse und zwischen den verschiedenen Bewegungen garantieren. Wir sahen dies in Frankreich (2018) mit den Gewerkschaftsführungen, die versuchten, die Gelbwesten zu isolieren [24], in Ecuador mit der CONAIE, die versuchte, die indigene Bewegung zu isolieren, in Chile mit den Bürokratien der „Mesa de Unidad Social“, die sich der Initiative anschlossen, die radikalste Jugend und die Armen der Bevölkerung zu isolieren.
Diese Art von Elementen sind grundlegend, um jeder objektivistischen Vision von Prozessen zu entkommen, die die Illusion von revolutionären Triumphen durch Revolte allein in sich bergen. Der spontane Aufschwung erlaubt es uns nicht, dem Kampf gegen Reformismus und Bürokratie auszuweichen. Im Gegenteil, er verschärft ihn nur noch. Es ist ein zentrales Problem, das den Aufbau von revolutionären Parteien national und international wesentlich macht.
4. Eine unverzichtbare Rückkehr zur Strategie
Strategisches Denken war eine der großen Abwesenheiten in den Debatten der letzten Periode nach der Niederlage des Aufstandes der 70er Jahre. Jahre, in denen antistrategische Theorien gediehen, vom Fatalismus Foucaults, der eine Summe von Widerständen ohne die Möglichkeit des Sieges sieht, bis zum Voluntarismus eines Negris, der einen „Kommunismus hier und jetzt“ ohne Revolution oder Übergang verkündet [25]. Auf dem Terrain der linken Parteien wird die Abwesenheit der Strategie gewöhnlich durch die Routine der Taktik (Wahl und Gewerkschaft) ersetzt und vom Kampf um den Aufbau einer revolutionären Partei auf internationaler Ebene abgespalten, die – bestenfalls – durch diplomatische Vereinbarungen ersetzt wird, die schnell ins Nichts führen.
Während das revolutionäre Übergangsprogramm aufzeigt, was wir erobern wollen, bezieht sich die Strategie darauf, wie wir es tun sollen. Die Probleme der Taktik und Strategie werden mit der Entwicklung des gegenwärtigen Zyklus des Klassenkampfes immer drängender. Wenn wir sie nicht theoretisch ausarbeiten, ist es unmöglich, sich ernsthaft mit der Frage zu befassen, wie man das Stadium der Widerstandsaktionen der gegenwärtigen Prozesse überwinden und die notwendigen Kräfte einsetzen kann, um die jeweiligen Regime zu brechen und eine „neue Ordnung“ durchzusetzen, damit sie siegen.
Ohne weiter zu gehen, hat der Transportstreik heute in Frankreich in der Länge bereits den historischen Streik von 1995 übertroffen, der Juppés Sozialversicherungs- und Rentenreformplan zunichte machte. Dieser Prozess, der im gegenwärtigen Zyklus der Kämpfe bisher am weitesten fortgeschritten ist, wirft scharfe Fragen auf, wie die der Entwicklung von Organen der Selbstorganisation (Streikkomitees oder Koordinatoren), damit die Bewegung in den Händen der Streikenden selbst bleibt – während die Bürokratie einen Waffenstillstand mit der Regierung anstrebt und die Bewegung auf ein Druckmittel beschränkt, um mit Macron zu verhandeln –, sowie den Streik zu garantieren und die Selbstverteidigung zu organisieren. Ebenso Taktiken wie die Arbeiter*inneneinheitsfront („gemeinsam schlagen, getrennt marschieren“) gegen die Bürokratie, um die Aktionseinheit der Bewegung durchzusetzen, oder die Frage der Hegemonie, damit sich der Streikprozess als Volksbewegung entfaltet.
Dies ist jedoch nur der Anfang vieler Strategieprobleme, wenn wir in Begriffen der Revolution denken, denn der Generalstreik stellt die Frage der Macht auf, löst sie aber nicht. Es ist zum Beispiel notwendig, dass die Massenbewegung ihre eigenen demokratischen Machtorgane (Räte, Sowjets oder wie auch immer sie heißen mögen) und ihre eigenen Selbstverteidigungsorganisationen entwickelt, um die Kapitalist*innen und ihren Staat zu besiegen. Wie Trotzki betont:
Die Masse muss bei der Aktion fühlen und begreifen, dass der Sowjet ihre Organisation ist, dass er ihre Kräfte zum Kampfe zur Abwehr, zur Selbstverteidigung und zum Angriff sammelt. Sie kann das fühlen und begreifen, nicht bei einer alltäglichen oder überhaupt einmaligen Handlung, sondern durch die Erfahrung einer ganzen Reihe von Wochen, Monaten und vielleicht auch Jahren mit oder ohne Unterbrechungen. [26].
Diese Themen sind Teil eines breiten Spektrums von Problemen der Strategie und der Taktik, die im Laufe der Geschichte des revolutionären Marxismus und insbesondere seit der Dritten Internationale und der kritischen Aneignung vieler Klassiker der Strategie – insbesondere Clausewitz – entwickelt und intensiv diskutiert wurden und die für die Annäherung an den Marxismus als „Anleitung zum Handeln“ (nicht als Schritt für Schritt-Handbuch) unerlässlich sind. Aus diesem Grund hat die FT-CI unter den gegebenen Bedingungen erhebliche Anstrengungen zu seiner Untersuchung und Entwicklung unternommen [27]. Ohne eine klare Strategie wird es für das Programm schwierig sein, über gute Absichten und tägliche Praxis der von der Bourgeoisie und dem „erweiterten Staat“ begrenzten Routine hinauszugehen.
5. Die Perspektive des Kommunismus
Die Krise, die der Kapitalismus hinter sich herzieht, ist ein Ausdruck seiner Unfähigkeit, neue Motoren für die Weltwirtschaft zu schaffen. Wie sich in Macrons Engagement für die Rentenreform, aber auch im Angriff auf die Rentner*innen durch die verschiedensten kapitalistischen Regierungen, von Bolsonaro bis Alberto und Cristina Fernandez, widerspiegelt, werden positive Themen für die Menschheit, wie die Erhöhung der Lebenserwartung der Bevölkerung, von den Kapitalist*innen als Bedrohung und Belastung für ihre Profite angesehen. Was die Arbeit betrifft, so würde die gegenwärtige Entwicklung von Wissenschaft und Technologie eine drastische Verkürzung des Arbeitstages ermöglichen, aber in den Händen der Kapitalist*innen bedeutet jeder Sprung in der Arbeitsproduktivität eine größere Polarisierung zwischen verlängerten Arbeitszeiten und Arbeitslosigkeit oder Unterbeschäftigung [28].
Die Wahrheit ist, dass die großen strukturellen Probleme, mit denen der Kapitalismus heute konfrontiert ist, nur eine begrenzte Bandbreite an Lösungen haben. So lassen sich beispielsweise angesichts des Problems der Arbeit, der Arbeitslosigkeit und der Unterbeschäftigung die Antworten, die derzeit vorgeschlagen werden, im Wesentlichen auf drei reduzieren. Die erste, die vom Großkapital gefördert wird, drückt sich derzeit in einer ganzen Reihe von „Arbeitsreformen“ aus – wie die kürzlich in Brasilien abgestimmte -, die von verschiedenen Regierungen gefördert werden, um die Arbeitsbedingungen flexibler und prekärer zu machen. Das zweite ist das so genannte „universelle“ oder „bedingungslose Grundeinkommen“, das jenseits der unterschiedlichen Absichten jedes seiner Verteidiger nichts anderes als eine Variante der Subventions- und Sozialplanpolitik zur Milderung der Folgen der kapitalistischen Raubzüge darstellt. Die dritte ist die Verteilung der Arbeitszeit und gleitende Skala der Löhne. Mit anderen Worten soll die Arbeit, die es derzeit gibt, gleichmäßig auf alle Arbeiter*innen verteilt werden, indem die Arbeitszeit reduziert wird und ein Gehalt entsprechend den sozialen (d.h. historisch-moralischen) Bedürfnissen festgelegt wird [29].
Letzteres würde natürlich ein Vorrücken gegen das kapitalistische Privateigentum an den Produktionsmitteln, die Enteignung der wichtigsten Hebel der Wirtschaft und die rationale Planung der Produktion insgesamt und damit die Eroberung der Macht durch die Arbeiter*innen bedeuten. Aber das ist die einzige Lösung des Arbeitsproblems zugunsten der großen Mehrheiten, die in der Lage sind, sich ernsthaft gegen die kapitalistische Offensive zu stellen. Darüber hinaus entspricht sie einer viel tiefgreifenderen (historischen) Tendenz zur Verkürzung der Arbeitszeit, die die Gesellschaft für ihre Reproduktion benötigt, auf der genau die Perspektive des Kommunismus beruht: die notwendige Arbeit auf der Grundlage der Entwicklungen von Wissenschaft und Technik auf ein Minimum zu reduzieren und stattdessen die Menschen in die Lage zu versetzen, ihre Energien der kreativen Freizeit von Wissenschaft, Kunst und Kultur als Grundlage einer neuen Gesellschaft der „freien Assoziation der Produzenten“ zu widmen [30].
Natürlich wurde die Perspektive des Kommunismus für einen Großteil des 20. Jahrhunderts vom Stalinismus in seinen verschiedenen Varianten verfälscht. Auf dieser Grundlage wurde tonnenweise Propaganda benutzt, um den „Kommunismus“ als ein emanzipatorisches Projekt mit den parasitären bürokratischen Diktaturen der ehemaligen Arbeiter*innenstaaten gleichzusetzen. Die liberal-konservative Geschichtsschreibung, Figes, Pipes, Service usw., verbrauchten ganze Flüsse von Tinte, um diesem Ansatz Substanz zu verleihen. Heute ist es ein ermutigendes Symptom, dass es im Herzen des Imperialismus Phänomene wie den so genannten „Sozialismus der Millenials“ gibt, dass also in den USA eine Mehrheit der Jugend eine positive Vision des Sozialismus hat. Über die Verbreitung dieser Idee hinaus zeigt das, wie eine neue Generation beginnt, nach Alternativen zum Kapitalismus zu tasten.
Aber es gibt einen großen Kampf um die Wiedererlangung des Kommunismus, nicht als eine Idee, wie Alain Badiou vorschlägt, sondern als eine politische Perspektive im 21. Jahrhundert. Daher ist die Theorie der permanenten Revolution – über das hinaus, was wir zuvor betont haben – als eine globale Strategie von großem Wert, die jede Teileroberung, einschließlich der Machtergreifung in einem Land, in Abhängigkeit vom Ziel der Weltrevolution und dem Prozess der sozialen, politischen und kulturellen Veränderungen stellt, die nach der Machtergreifung auf die Befreiung der Arbeit, das Absterben des Staates, der Klassen, der Ausbeutung und der Unterdrückung selbst ausgerichtet ist.
Theorie und Praxis
Die Fragen, die wir in diesem Artikel auflisten, erschöpfen sicherlich nicht die Debatten oder die zentralen Probleme, auf die der revolutionäre Marxismus heute antworten muss. Dies ist eine enorme Aufgabe, der wir von der FT-CI nach bestem Wissen und Gewissen eine systematische Ausarbeitung und Forschung gewidmet haben, die in Dutzenden von Büchern – von denen einige in diesem Artikel als Referenzen erwähnt werden -, in den Veröffentlichungen von Ediciones IPS zum Ausdruck kommt, die Arbeit des Centro de Investigaciones y Publicaciones „León Trotsky“ (aus Argentinien und Mexiko), in den 29 Ausgaben der Zeitschrift Estrategia Internacional, den mehr als 40 Ausgaben der Zeitschrift Ideas de Izquierda und den mehr als 80 Ausgaben der gleichnamigen Wochenzeitschrift in Argentinien, sowie Ideias de Esquerda und Ediciones Iskra in Brasilien, Ideas Socialistas in Chile, Ideas de Izquierda in Mexiko, Left Voice Magazine in den USA, Contrapunto im Spanischen Staat, Ideas de Izquierda in Venezuela, RP Dimanche in Frankreich, unter anderem. Diese Veröffentlichungen umfassen neben der Arbeit und den Debatten der FT-CI-Aktivist*innen auch Kooperationen, offene Foren und Interviews mit Dutzenden von Intellektuellen aus aller Welt.
Wie Trotzki sagte: „Der Zentrismus ist theoretisch formlos und eklektisch; er flieht möglichst vor theoretischen Verpflichtungen und ist (in Worten) geneigt, der „revolutionären Praxis“ den Vorzug zu geben vor der Theorie, ohne zu begreifen, dass allein die marxistische Theorie der Praxis eine revolutionäre Richtung zu geben vermag.“ Wir sind überzeugt, dass nur auf der Grundlage dieses Verständnisses ein konsequenter Kampf für den Aufbau einer revolutionären Bewegung im 21. Jahrhundert möglich ist.
Dieser Artikel erschien zuerst am 29.12.2019 bei Ideas de Izquierda.
Fußnoten
1. Mit den verschiedenen Varianten des Postmodernismus haben wir auf den Seiten der Zeitschriften Estrategia Internacional, Lucha de Clases und Ideas de Izquierda viel debattiert. Siehe z.B.: Claudia Cinatti: “De saberes revolucionarios y certezas posmodernas” (Lucha de Clases Nr. 6, 2006); Claudia Cinatti: “A propósito de una lectura de El espinoso sujeto. El centro ausente de la ontología política de Slavoj Zizek” (Estrategia Internacional Nr. 19, Januar 2003).
2. Siehe: Claudia Cinatti, “La actualidad del análisis de Trotsky frente a las nuevas (y viejas) controversias sobre el socialismo“, Estrategia Internacional Nr. 22, November 2005.
3. Siehe: Nicolás Del Caño, Rebelde o precarizada, Buenos Aires, Planeta, 2019.
4. Für eine Polemik mit Laclau und Mouffe siehe: Claudia Cinatti, “Ernesto Laclau y el elogio de la hegemonía burguesa“, Ideas de Izquierda Nr. 9, 2014.
5. Für eine Polemik mit Tony Negri, siehe: Christian Castillo, Estado, poder y comunismo (Imago Mundi).
6. Für eine Kritik dieser Strategie siehe: Claudia Cinatti, “Welche Partei für welche Strategie?”, Estrategia Internacional Nr. 24, Dezember 2007. Auch: Gastón Gutiérrez, “Sobre la actualidad de la ‘apuesta leninista’”, und Ariane Díaz, “Nuevos argumentos para viejos reformismos” in Lucha de Clases Nr. 6, Juni 2006.
7. Bensaïd, Daniel, Elogio de la política profana, Barcelona, Península, 2009.
8. Siehe: Paula Varela, “Crítica al concepto de ‘trabajadores subalternos’”, Ideas de Izquierda Nr. 15, November 2015.
9. Siehe: Andrea D’Atri, Brot und Rosen. Geschlecht und Klasse im Kapitalismus, (verschiedene Ausgaben auf Spanisch, Italienisch, Französisch und Deutsch); Andrea D’Atri, Celeste Murillo, Ana Sánchez, Luchadoras (IPS); Josefina Martínez und Cynthia Burgueño, Patriarcado y capitalismo. Feminismo, clase y diversidad (Akal); Josefina Martínez, Revolucionarias (Editorial Lengua de Trapo); Diana Assunção (Hrsg.), A precarização tem rosto de mulher (Iskra); Andrea D’Atri und Diana Assunção, Lutadoras (Iskra); neben anderen Büchern, die von Mitgliedern der FT-CI zu diesem Thema veröffentlicht wurden, und vielen Artikeln, die dem Thema in zwei Jahrzehnten Ausarbeitung und Debatten über Frauen, Feminismus und Sozialismus gewidmet wurden.
11. Eine der ersten Ausarbeitungen der FT-CI in diesem Sinne war: Emilio Albamonte, Fredy Lizarrague, Manolo Romano “La estrategia soviética en la lucha por la República obrera” (Estrategia Internacional Nr, 4-5, Juli 1995). Siehe auch: Claudia Cinatti und Emilio Albamonte, “Más allá de la democracia liberal y el totalitarismo” (Estrategia Internacional Nr. 21).
12. In Argentinien zum Beispiel gaben die in Punto de Vista und dem Club de Cultura Socialista gruppierten Intellektuellen, die nach dem Ende der Diktatur in den 1970er Jahren mit verschiedenen linken Gruppen verbunden waren, dem Alphonsinismus nach und stellten die halbkoloniale bürgerliche Demokratie als den maximalen Horizont dar, den man anstreben konnte (Siehe: Ariane Díaz, “Táctica y estrategia del conformismo social-liberal, Ideas de Izquierda Nr. 10, Juni 2014).
13. Juan Chingo und Laura Lif, “‘Transiciones a la democracia’. Un instrumento del imperialismo norteamericano para administrar el declive de su hegemonía‘”, Estrategia Internacional Nr. 16, August 2000.
14. Siehe: Gabriela Liszt, “Vorwort zur Sammlung Teoría de la revolución permanente”.
15. Kürzlich kritisierte Mercedes Petit einen unserer Artikel, indem sie den Autor beschuldigt, das Denken Nahuel Morenos zu verfälschen, indem er sagte, dass die Revolution für ihn ein unaufhaltsamer „Zug“ sei, der aus eigenem Antrieb über die Absichten der Führer der Massenbewegung hinausging, auch wenn diese kleinbürgerlich waren. Als Beweis zitiert sie Moreno: „Man kann ihn mit einem fahrenden Zug vergleichen: Wenn er nicht von den Bolschewiken geführt wird, hält der Zug an.“ Doch unmittelbar vor diesen Zeilen sagt Moreno: „Die Revolution ist so stark, sie drängt so sehr, dass, obwohl die opportunistische Führung und die Kleinbourgeoisie keine Sozialisten waren, sie jetzt durch den Druck viele Male gezwungen sind, die sozialistische Revolution zu machen.“ Auch Petit bezieht sich nicht auf das Zitat, das wir in dem erwähnten Artikel über Moreno machen, wo er sagt: „Es ist nicht zwingend, dass die Arbeiterklasse und eine revolutionäre marxistische Partei den Prozess der demokratischen Revolution zur sozialistischen Revolution anführt.“ Jetzt können wir in der Diskussion darüber bleiben, ob der Zug bei 50km oder 500km hält. Aber die grundlegende Sache ist das evolutionäre Konzept, von dem Moreno ausgeht (und das Petit verteidigt): der Zug kommt zur Enteignung der Bourgeoisie (mit egal welcher Führung) und dann machen die Revolutionäre das Relais in der Führung der Lokomotive und setzen den Weg fort. Aber die Wahrheit war, dass einerseits in den meisten revolutionären Prozessen der Nachkriegszeit der „Zug“ die Enteignung der Bourgeoisie nicht erreichte (Frankreich, Griechenland, Italien, dann Portugal, Chile, Nicaragua usw.). Auf der anderen Seite nutzten die Führungen (Kleinbürger und Stalinisten), die Prozesse führten, die mit der Enteignung der Bourgeoisie endeten (China, Kuba, Vietnam, in geringerem Maße Osteuropa), das Prestige, an der Spitze der Revolution gestanden zu haben, um in die Gewerkschaften einzugreifen, um die Arbeitervorhut und die Trotzkisten zu verfolgen (die, wie Ernesto Gonzalez im Fall des POR in Kuba richtig kritisiert, bald nicht mehr von den Strömungen des Trotzkismus, einschließlich der von Moreno geführten, verteidigt wurden) und um ihre internationale Entwicklung und das Voranschreiten des Übergangs zum Sozialismus zu verhindern. Dies ist nicht einfach eine „Bremse“, sondern, wie historisch nachgewiesen wurde (und Trotzki hatte bereits in Die verratene Revolution festgestellt), der Beginn des Weges zur kapitalistischen Restauration. Es ist eine Sache, die Eroberungen der Revolution zu verteidigen und Rechenschaft darüber abzulegen, dass sich ein Arbeiterstaat konstituiert, auch wenn er bürokratisch deformiert ist, wie es Moreno und seine Strömung u.a. gegen „Normativisten“ wie Lambert oder Healy richtig gemacht haben. Eine ganz andere ist es, nicht zu sehen, dass, wenn die von einer revolutionären Partei geführte Arbeiterklasse nicht als Führer des gesamten unterdrückten Volkes in der demokratischen Revolution auftaucht (wie Trotzki in der Theorie der permanenten Revolution behauptet), der gesamte Prozess stark geschwächt wird, weil diese Führungen die Grundlagen des Arbeiterstaates von Anfang an untergraben und die Kraft des Staates gegen die Vorhut einsetzen und um zu verhindern, dass andere Prozesse einen ähnlichen Verlauf nehmen, wie Castro verewigte, als er sagte, er wolle nicht, dass Nicaragua ein weiteres Kuba sei. Wenn wir zur Metapher des Zuges zurückkehren würden, müssten wir sagen, dass die Bürokratie den Zug von innen heraus zerlegt (und zwar umso mehr, je länger er gefahren wird), die Teile stiehlt, keine Wartungsarbeiten durchführt, bis er an einem bestimmten Punkt brutal entgleist oder, im besten Fall, keine Lokomotive oder kein Zug mehr da ist und die Passagiere zu Fuß gehen müssen.
16. Siehe: Gabriela Liszt, “Historia y balance del MAS argentino (parte1)“ (Lucha de Clases Nr. 6, Juni 2006).
17. Siehe Emilio Albamonte und Matías Maiello, “An den Grenzen der bürgerlichen Restauration” (Estrategia Internacional Nr. 27).
18. Siehe in diesem Sinn, neben den in Fußnote 8 genannten Büchern: Daniel Alfonso und Daniel Matos, Questão negra, marxismo e classe operária no Brasil (Iskra); Javo Ferreira, Comunidad, indigenismo y marxismo (IPS).
19. Über die aktuellen Diskussionen zum Imperialismus siehe: Esteban Mercatante, “El capitalismo global como construcción imperial”, Ideas de Izquierda Nr. 27, März 2016; “Las venas abiertas del Sur global”, Ideas de Izquierda Nr. 28, April 2016; “Londres: el poder de manejar el dinero ajeno”, Ideas de Izquierda Nr. 29, Mai 2016.
20. Die Wiederaneignung des Theorie-Programms der permanenten Revolution, die für die FT-CI seit ihrer Entstehung zentral war. Eine der ersten Ausarbeitungen in diesem Sinne war “Polémica con la LIT y el legado de Nahuel Moreno” von Manolo Romano. Siehe: Leo Trotzki, La teoría de la revolución permanente (compilación) (IPS).
21. Siehe: Paula Bach, “Economía, política y guerra: Ese oscuro objeto (neo)keynesiano” (Estrategia Internacional Nr. 28, 2012).
22. Paula Bach, “Estancamiento secular, fundamentos y dinámica de la crisis” (Estrategia Internacional Nr. 29, 2016).
23. Über das Denken von Gramsci wurde vor kurzem auf Portugiesisch mit einem Vorwort des anerkannten italienischen Forschers Fabio Frosini das Buch von Juan Dal Maso, O Marxismo de Gramsci (Iskra) veröffentlicht –auf Spanisch El marxismo de Gramsci (Ediciones IPS)–. Vom selben Autor, über das Denken von Gramsci und Trotzki: Hegemonía y lucha de clases (IPS). Siehe auch: Emilio Albamonte und Manolo Romano, “Trotzki und Gramsci: ein posthumer Dialog” (Estrategia Internacional Nr. 19, Januar 2003); Emilio Albamonte und Matías Maiello, “Gramsci, Trotsky y la democracia capitalista” (Estrategia Internacional Nr. 29, 2016) und “Trotsky y Gramsci: debates de estrategia sobre la revolución en ‘Occidente’” (Estrategia Internacional Nr. 28, 2012).
24. Siehe: Juan Chingo, Gilets Jaunes. Le Soulèvement (Communard.e.s).
25. Siehe: Emilio Albamonte und Matías Maiello, “La imperiosa actualidad de la estrategia”
26. Leo Trotzki, „Die Internationale Revolution und die Kommunistische Internationale.“ Zweiter Teil: Die Strategie und Taktik in der imperialistischen Epoche
27. In den Jahren 2011 und 2012 haben wir zwei Seminare mit der Teilnahme von mehr als 200 FT-CI Mitgliedern aus verschiedenen Ländern durchgeführt. Die erste konzentrierte sich auf Carl von Clausewitz‘ Werk Über den Krieg. Der zweite konzentrierte sich auf die vom Marxismus der III. Internationale während der ersten vier Kongresse erarbeitete Strategiekonzeption und insbesondere auf Leo Trotzkis Entwicklungen zu diesem Thema. Teil dieser Ausarbeitung ist das Buch Sozialistische Strategie und Militärkunst von Emilio Albamonte und Matías Maiello, sowie die oben erwähnten Ausführungen über Gramsci und die Debatten um sein Denken.
28. Zu diesem Problem und der Entwicklung neuer Technologien siehe: Paula Bach, “¿Fin del trabajo o fetichismo de la robótica?”, Ideas de Izquierda Nr. 39, Juli 2017; “La conspiración de los robots”, Ideas de Izquierda Nr. 37, Mai 2017.
29. Siehe: Dossier “Los trabajos y los días” in Ideas de Izquierda Nr. 37, Mai 2017.
30. Siehe: Emmanuel Barot, Marx en el país de los soviets. O los dos rostros del comunismo (IPS).
31. Die historische Wahrheit spielte kaum eine Rolle, und die Tatsache, dass Stalin, um zu triumphieren, die Sowjets und fast alle bolschewistischen Anführer*innen liquidieren musste, einschließlich Trotzki, der den Kampf gegen den Stalinismus in Russland und international anführte. Diese Geschichte in Form einer Miniserie ist in „Trotzki: Das Gesicht einer Revolution“ auf Netflix zu sehen, dessen Verfälschungen von einer Vielzahl von Intellektuellen auf der ganzen Welt in einer von Trotzkis Enkel Esteban Volkov und dem CEIP “León Trotsky” lancierten Erklärung angeprangert wurden.
32. Darunter: Terry Eagleton, Alex Callinicos, Daniel Bensaïd, Ellen Meiksins Wood, Kevin Anderson, Daniel James, Anwar Shaikh, Nancy Fraser, Ilan Pappé, Ana de Miguel, Marcel van der Linden, Michael Roberts, Tony Norfield, John Smith, Leo Panitch, Gérard Duménil, Wendy Goldman, Esther Leslie, Thiti Battacharya, Charlie Post, Andrew Kliman, Pietro Basso, Enzo Traverso, David Harvey, Noam Chomsky, Tariq Ali, Warren Montag, Fabio Frosini, Éric Toussaint, Eduardo Grüner, Martín Kohan, Ariel Petruccelli, Selma James, Giuliano Guzzone, Maristella Svampa, Hernán Camarero, Alejandro Schneider, Kohei Saito, Giuseppe Cospito, Stathis Kouvelakis, neben vielen Anderen.