Regierungsstreit um Ukrainekrieg: Nein zu allen Waffenlieferungen!

17.01.2025, Lesezeit 6 Min.
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Foto: President.gov.ua, CC BY 4.0 , via Wikimedia Commons

Die Bundesregierung streitet sich um ein weiteres Waffenpaket an die Ukraine. Die Grünen, aber auch Teile der eigenen Partei werfen Scholz eine Blockadehaltung vor. Doch dringend notwendig ist ein Stopp aller Waffenlieferungen.

Ende letzter Woche ist in der rot-grünen Rest-Regierung ein öffentlicher Streit um die deutsche Beteiligung im Ukrainekrieg ausgebrochen. Die Grünen werfen dem Kanzleramt um Olaf Scholz vor, weitere Waffenlieferungen an die Ukraine zu blockieren. Konkret geht es dabei um ein drei Milliarden Euro schweres Paket, das Iris-T-Flugabwehrbatterien mit entsprechender Munition, zehn Panzerhaubitzen, Drohnen und weitere Artilleriemunition umfasst. Noch vor den Neuwahlen solle der Bundestag die Finanzierung in Form einer sogenannten überplanmäßigen (den festgelegten Haushaltsplan überschreitenden) Ausgabe auf den Weg bringen. Laut SPIEGEL begründete Scholz die Ablehnung des Vorhabens damit, dass er keinen dringenden Handlungsbedarf sehe. Die ukrainische Regierung würde mit der bereits bestehenden deutschen militärischen und finanziellen Unterstützung und eines 50-Milliarden-Kredits der G7-Staaten über ausreichende Mittel verfügen.

Die Grünen, die sich als eifrigste Befürworter des Militarismus profilieren wollen, nennen seine Haltung „verantwortungslos“ und „beschämend“. Die Ausweitung der Waffenlieferungen sei aufgrund der unerwartet schnellen Vorstöße russischer Truppen und Verluste auf der ukrainischen Seite dringend notwendig. Tatsächlich hat die russische Armee in den letzten Monaten bedeutende Fortschritte machen können und die Frontlinie zu ihren Gunsten verschoben. Währenddessen wurde die Offensive ins russische Gebiet Kursk zum Desaster für die ukrainische Führung, mit riesigen Verlusten von Soldat:innen und Material und kaum nennenswerten Ergebnissen. 

Auch die nahende Amtseinführung von Trump und die damit einhergehende Ungewissheit über künftige US-Unterstützung heizt die Diskussion um weitere Waffenlieferungen an. Auch in der SPD rumort es. Namhafte Politiker:innen widersprechen Scholz offen. So wirbt der SPD-Abgeordnete und Vorsitzende des auswärtigen Ausschusses Michael Roth mit dem Verweis auf mögliche Verhandlungen durch Trump für die Verabschiedung des Pakets. Die Ukraine „brauche ein Momentum für Verhandlungen. Dafür muss sie stärker werden, als sie bislang ist“. Verteidigungsminister Pistorius spricht sich ebenfalls dafür aus, vermeidet jedoch zugleich die offene Konfrontation mit dem Kanzleramt. 

Steht Scholz für Frieden und gegen Kürzungen?

Scholz selbst begründet seine Haltung auch mit der Ablehnung von Kürzungen beim Sozialen: „Ich bin dagegen, dass wir es von den Renten holen. Ich bin dagegen, dass wir das mit Kürzungen bei den Gemeinden machen. Ich bin dagegen, dass wir weniger Geld in Straßen investieren.“ Im Wahlkampf versucht der unbeliebte Kanzler, auch mit Forderungen wie der Senkung der Mehrwertsteuer und der Erhöhung des Mindestlohns, sich als Freund der Arbeitenden und Armen zu inszenieren. Angesichts der weit verbreiteten Kriegsmüdigkeit in der Bevölkerung, von der aktuell vor allem BSW und AfD profitieren und in Abgrenzung von den kriegsbegeisterten Grünen, könnte Scholz zudem versuchen, sich als Stimme für Ausgleich und Frieden zu inszenieren. 

Doch soziale Einschnitte zugunsten der Aufrüstung sind für die SPD kein Fremdwort. An der Spitze der Ampelkoalition hat sie nicht nur die angekündigten Sozialprojekte der Ampel wie die Kindergrundsicherung begraben, sondern führte auch direkte Angriffe wie die Verschärfung von Bürgergeldsanktionen durch. Währenddessen hat sie neben der massiven Aufrüstung der Bundeswehr auch Waffen im Wert von etwa 28 Milliarden Euro für den Stellvertreterkrieg um die Ukraine geliefert. Unter Scholz wurde Deutschland zum zweitgrößten Rüstungslieferanten nach den USA. 

Teilen der bürgerlichen Politik geht das immer noch nicht weit genug. Insbesondere Union und Grüne stehen für einen noch aggressiveren Kurs gegen Russland und wollen noch weitreichendere Waffensysteme liefern, die das Risiko einer militärischen Eskalation erhöhen. Der neue Grünen-Vorsitzende Banaszak wirft Scholz vor, „Wahlkampf auf dem Rücken eines angegriffenen ukrainischen Volkes [zu] machen“. Doch sind es wirklich die Interessen der ukrainischen Bevölkerung, um die es den Politiker:innen geht?

Waffenlieferungen blockieren!

Die Kriegsziele, die das Putin-Regime in der Ukraine verfolgt, sind ohne Zweifel zutiefst reaktionär. Doch die Waffenlieferungen Deutschlands und der NATO-Staaten verhelfen der Ukraine keineswegs zur Unabhängigkeit, sondern richten sich nach ihren eigenen imperialistischen Interessen. Seit Kriegsbeginn ist die Verschuldung der Ukraine an Institutionen wie den Internationalen Währungsfond (IWF) und die EU massiv gestiegen. Das NATO-ergebene Selenskyi-Regime hat die Möglichkeit der Arbeiter:innen und Gewerkschaften, für ihre Interessen einzustehen, drastisch eingeschränkt und jegliche Opposition gegen den Krieg kriminalisiert. Die Schuldenberge dienen auch als Druckmittel, um die Ausplünderung des Landes durch westliche Banken und Konzerne auszudehnen und die ukrainische Arbeiter:innenklasse völlig dem Imperialismus zu unterwerfen. Die NATO-Beteiligung im Krieg zielt darauf ab, das russische Regime zu schwächen – jedoch nicht aus Sorge um Demokratie und Menschenrechte, sondern weil Russland ihnen im Kampf um Einflusssphären als strategischer Rivale entgegensteht.

Die Arbeiter:innen und Armen in der Ukraine, Russland, der EU und den USA haben in diesem Krieg nichts zu gewinnen. Sie werden von kapitalistischen Großmächten, die um Arbeitskraft, Ressourcen und Absatzmärkte konkurrieren, als Kanonenfutter verheizt oder müssen mit Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen und Einschränkung ihrer Rechte für den Krieg aufkommen. Weder eine Ausdehnung der Waffenlieferungen noch ein fragiler Verhandlungsfriede, der die Ukraine unter den Großmächten aufteilt, kann ihnen eine Perspektive bieten. 

Notwendig sind unabhängige Mobilisierungen gegen die reaktionären Regierungen und für ein Ende des Krieges auf allen Seiten. In Deutschland müssen Arbeiter:innen der Häfen, Transport und Rüstungskonzerne, weitere Waffenlieferungen blockieren. Die Gewerkschaften sollten zu sektorübergreifenden Protestaktionen und Streiks gegen den Krieg und Waffenlieferungen aufrufen. Damit das möglich wird, müssen wir die Kennzeichnung von allen Waffenlieferungen aus Häfen, Flughafen und Bahnnetzen durchsetzen. Sämtliche diplomatischen Verträge und die Inhalte von Frachtlieferungen müssen vor den Arbeiter:innen offengelegt werden, so dass diese selbst die Exporte kontrollieren können. 

Als RIO treten wir mit einer dieser Perspektive zu den kommenden Bundestagswahlen an. Mit den Kandidaturen von Leonie Lieb in München Mitte/West und Inés Heider in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg wollen wir eine Stimme gegen Waffenlieferungen und deutsche Kriegsbeteiligung in der Ukraine hörbar machen und zu der Entstehung einer breiten Antikriegsbewegung, getragen von Aktionen der Arbeiter:innen, beitragen. Wenn ihr diese Perspektive teilt, unterstützt unsere Kandidaturen mit einer Unterschrift, einer Spende und werdet Teil der Wahlkampfkomitees in Berlin und München.

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