Refugees, Jugendliche und Arbeiter*innen gemeinsam: den Rassismus an der Wurzel ausreißen!

11.07.2016, Lesezeit 7 Min.
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Foto von Janis Garnet

Fast 30.000 Geflüchtete starben seit dem Jahr 2000 im Mittelmeer bei dem Versuch, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Hunderttausende Geflüchtete schieben die Mitgliedstaaten der EU jährlich ab – obwohl diese Staaten zu einem großen Teil Verantwortung dafür tragen, dass Krieg und Krise herrscht.

Nun will die EU „Fluchtursachen bekämpfen“ – mit Abschiebeabkommen wie dem EU-Türkei-Deal oder dem Khartoum-Prozess mit Staaten wie der Äthiopien, Eritrea, dem Sudan und vielen weiteren. Im Süd-Sudan soll das „Grenzmanagement“ verbessert werden, in Ägypten entsteht eine Polizeiakademie. Eritrea ist ein Land, in dem Geflüchtete als Systemkritiker*innen in Geheimgefängnisse gesperrt werden. Dort sollen „Institutionen der Regierung“ gestärkt werden.

Klar ist: Unter „Fluchtursache“ verstehen die europäischen Regierungen nicht etwa Krieg, Hunger, Unterdrückung, politische Verfolgung, Tod, zerstörte Infrastruktur usw.. Nein, es geht ihnen um zu schwache Grenzzäune, zu schlecht ausgebildete Polizei, zu wenig Lager.

Die Geflüchteten, die es nach Europa schaffen, leiden hier unter miserablen Lebensbedingungen in Lagern, sie dürfen sich nicht frei bewegen, sie müssen illegalisiert arbeiten, ihnen droht die Abschiebung, die oft Folter und Tot bedeutet.

Kampf den Nazis und dem Staat!

Als ob das Leben von Geflüchteten und People of Color nicht schon schwer genug wäre, macht sich in Europa aktuell auch noch eine rechtspopulistische Welle breit. Ob die UKIP in Großbritannien, der Front National in Frankreich, die Österreichische Freiheitspartei, die Alternative für Deutschland, ob in Polen, Ungarn oder in Österreich: überall schießen rassistische Parteien wie Unkraut aus dem Boden.

Es fällt ihnen nicht schwer, Anhänger*innen zu finden. Verschlechterung der Lebensbedingungen in den letzten Jahren, die Angst vor Verelendung durch die Krise, Angriffe auf Löhne und Tarifverträge trieben viele zum Nationalismus, der auch von oben geschürt wird. Dabei wissen wir, dass er ihnen keine Lösung bietet, im Gegenteil.

Diese Angriffe kamen in Deutschland von SPD und Grünen, wurden konsequent weitergeführt durch FDP und CDU/CSU und auch die Linkspartei tat was sie konnte, um Angriffe auf die Massen durchzuführen. Der Staat bereitete den Boden, der Rechtspopulismus konnte kräftig wachsen, nun ernten wir die fauligen Früchte.

Wie es Unkraut so an sich hat, muss man es an der Wurzel packen und herausreißen. Nichts anderes haben der Staat und seine rassistischen Regierungen und Parteien verdient.

Wie kämpfen wir gegen Rassismus?

Radikale Rhetorik klingt schön, aber davon verschwindet der Rassismus nicht. Es gibt zwei wichtige Bündnisse in Deutschland, die gegen Rassismus kämpfen wollen.

Das Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus“, möchte im September in Berlin eine Großdemonstration gegen den Rechtspopulismus organisieren. So wollen sie eine Gegenbewegung gegen die AfD aufbauen. Unterstützt wird das nicht nur von verschiedenen Gruppen der radikalen Linken, sondern auch von den Grünen, der Linkspartei und der SPD.

Das sind leider genau die Parteien, die nicht nur Abschiebungen durchführen, wo sie können (z.B. die Linkspartei in Thüringen, die Grünen in Baden Württemberg, die SPD eigentlich überall), sondern die auch durch harte soziale Angriffe die Massen in die rechte Verzweiflung treiben (z.B. SPD und Grüne mit der Agenda 2010 und die Linkspartei mit der Privatisierung von Sozialwohnungen in Berlin).

Das ist wie der Versuch, Feuer mit Feuer zu löschen. (Wir gehen natürlich trotzdem zu der Demonstration. Aber weit kommen wird die radikale Linke damit nicht.)

Ein vielversprechenderer Ansatz ist das Bündnis „Jugend gegen Rassismus“ (in Berlin ist das der „Refugee Schul- und Unistreik“). Gemeinsam organisierten wir fünf Schul- und Unistreiks, von denen der letzte bundesweit in 16 Städten 7.000 Menschen mobilisieren konnte. Alle diese Streiks richteten sich klar gegen den Rassismus von Rechtspopulist*innen und von Nazis – aber auch gegen den Rassismus des Staats.

„Jugend gegen Rassismus“ ist ohne Zweifel das aktuell fortschrittlichste antirassistische Jugendbündnis in Deutschland. Wenn wir zweimal pro Jahr 10.000 Menschen in Deutschland auf die Straße bringen, schaffen wir vor allem eins: wir setzen ein klares Zeichen und politisieren Jugendliche. Aber wir haben noch nicht genug Kraft, um tatsächlich rassistische Gesetze kippen zu können.

Es gab jedoch einige Beispiele in letzter Zeit, die zeigen, wie wir diese Kraft bekommen können:

In Hannover kämpfen Refugees und solidarische Aktivist*innen gemeinsam

Durch die Initiative von Jugend gegen Rassismus gelang es in Hannover zum ersten Mal seit Jahren, dass bisher unorganisierte Jugendliche, weiße linke Organisationen, migrantische Organisationen und Geflüchtetengruppen gemeinsam an einem Tisch saßen.

Durch unsere Initiative als Jugendliche können wir die gegenseitige Isolation durchbrechen und unsere Kämpfe zusammen führen, um mehr Kraft zu bekommen. Das ist es, was wir mit der Demonstration am 9.7. gemacht haben und was wir weiterhin versuchen werden.

Der Kampf gegen Prekarisierung ist auch ein Kampf gegen den Rassismus

Der Botanische Garten in Berlin ist eine Tochtergesellschaft der Freien Universität Berlin. Die Arbeiter*innen dort organisierten sich gegen ungerechte Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen. Wir und andere linke Gruppen leisten Solidarität mit diesem Streik und unterstützen sie.

Zu Beginn des Streiks gab es unter den Arbeiter*innen auch AfD-Sympathisant*innen. Aber nicht die AfD stand bei jedem Streiktermin vor den Toren des Gartens. Sondern linke Gruppen und Geflüchtete. Die Arbeiter*innen brachen daher mit der AfD.

Das zeigt, dass die Arbeiter*innenklasse – auch wenn Arbeiter*innen rassistisch und sexistisch sein können – in ihren Kämpfen lernen kann und muss, beides zu überwinden. Wenn sie ihre eigenen Lebensbedingungen verbessern wollen, müssen sie die Lebensbedingungen aller Unterdrückter verbessern! Dabei müssen wir als Jugendliche sie unterstützen. Denn schließlich geht es auch um unsere eigene Zukunft.

Tous ensemble gegen das Arbeitsgesetz in Frankreich

In Frankreich tobt eine Bewegung gegen die Arbeitsmarktreform El-Khomri, die starke Verschlechterung der Arbeitsbedingungen bedeutet. Am Anfang mobilisierten vor allem Jugendliche gegen das Gesetz, es gab Vollversammlungen und Besetzungen in den Schulen und den Universitäten. Die Bewegung Nuit debout besetzte Plätze in ganz Frankreich.

Die Regierung der Sozialistischen Partei setzte das Gesetz schließlich einfach so per Dekret durch. Eine Niederlage. Doch dann begannen die Gewerkschaften der Arbeiter*innen auf die Bühne zu treten.

Raffinerien, Fabriken, Häfen, bei der Eisenbahn – im ganzen Land kam es zu Besetzungen und Streiks. Die Bewegung bekam neuen Atem, die Arbeiter*innenklasse übernahmen die Führung des Protestes. Die französische Regierung bekam Angst und schoss im wahrsten Sinne des Wortes aus allen Rohren Repression.

Als Jugendbewegung haben wir eine Grenze, die darin liegt, dass wir nur politisch Druck erzeugen können. Aber was die Herrschenden wirklich interessiert, sind ihre Profite. Die können nur mit Streiks angegriffen werden – das heißt nur von der Arbeiter*innenklasse, die allen Reichtum produziert. Eine starke Jugendbewegung kann die nötige Verbindung der Kämpfe erzeugen, wie es auch in Frankreich geschehen ist.

Für eine revolutionäre Jugendorganisation

Wenn wir die Grenzen unserer eigenen Jugendbewegung überwinden wollen, müssen wir offensiv auf die Arbeiter*innen zugehen. Wir müssen ihre Streiks und Kämpfe unterstützen und ihnen zeigen, dass sie von den Rechten nichts bekommen als noch mehr Unterdrückung.

Wir müssen eine revolutionäre Jugendorganisation aufbauen, die nicht nur in der Arbeiter*innenklasse für diese Ideen kämpft, sondern vor allem auch in der Jugend!

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