Red Scare an der LMU: Verfassungsschutz behindert linken Wissenschaftler

22.10.2016, Lesezeit 2 Min.
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Kerem Schamberger sollte schon längst als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der LMU eingestellt sein. Doch weil er Aktivist der DKP ist, wird er vom bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz überprüft - und bekommt solange keinen Einstellungsbescheid.

Fieslinge mit Schlapphut, die überall rumschnüffeln oder heroische Ritter für die Demokratie? Im Fall Kerem Schamberger zeigt sich mal wieder, wofür der deutsche Inlandsgeheimdienst, der sogenannte Verfassungsschutz, wirklich da ist: Voraussetzung für die Einstellung des 30-jährigen Wissenschaftlers ist die Zustimmung des Geheimdienstes. Schon im Juli wurde der Antrag gestellt, dessen Genehmigung bis heute aussteht. Der Verfassungsschutz sagt, wegen einer „Fülle von Erkenntnissen“ ziehe sich die Überprüfung hin. Denn weil Kerem Sprecher der Münchner DKP ist, hat der Verfassungsschutz Informationen über ihn gesammelt. Von 2010 bis 2012 stand er namentlich im Verfassungsschutzbericht.

Grundlage für die jetzige Überprüfung ist eine Praxis, ähnlich des Radikalenerlass von 1972, der während der Kanzlerschaft von Willy Brandt eingeführt wurde. Er sollte insbesondere DKP-Mitglieder aus dem öffentlichen Dienst fernhalten, da ihre Partei der ostdeutschen SED nahe stand. Bis 1991 wurden 1,4 Millionen Bewerber*innen für den öffentlichen Dienst überprüft und etwa 10.000 Berufsverbote ausgesprochen. Seitdem gilt zumindest in Bayern die „Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung über die Pflicht zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst“, nach der Bewerber*innen mit einem Fragebogen über die Mitgliedschaft in einer „extremistischen“ Organisation eine Selbstauskunft erteilen müssen. In diesem Fragebogen werden auch die Linkspartei und eben die DKP aufgelistet. In Einzelfällen kann daraus eine Ablehnung der Bewerber*innen erfolgen.

Diese Überprüfungen werden vom gleichen Verfassungsschutz vorgenommen, der zahlreiche V-Leute in Nazikreisen unterhält und der bis heute seine Verstrickungen in die NSU-Morde verschleiert. Während die Kamerad*innen vom sächsischen Verfassungsschutz gegen „linksextreme“ Aktivist*innen von Jugend gegen Rassismus mobil machen, greift also der bayerische Verfassungsschutz in die Freiheit der Berufswahl ein und unterbindet die Anstellung eines linken Dozenten. Statt den Studierenden und Beschäftigten selbst die Gestaltung der Universität und die Vergabe von Forschungsaufträgen zu überlassen, mischen sich Geheimdienstler*innen mit Verbindungen in rechtsextreme Milieus in ihre Belange ein.

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