Red Brain Nr. 15: Wer stört, fliegt raus!

19.12.2012, Lesezeit 20 Min.
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Red Brain ist eine linke, antikapitalistische SchülerInnenzeitung, die von einer unabhängigen SchülerInnengruppe (in Zusammenarbeit mit RIO) am John-Lennon-Gymnasium in Berlin-Mitte her­ausgegeben wird. Die Ausgabe gibt es als PDF, die einzelnen Artikel gibt es unten:


Red Brain zu Weihnachten

Geehrtes Leserpublikum, die Zeiten sind trist.
Klug, wer besorgt, und dumm, wer sorglos ist!
Wo Israel beschiesst den Gaza-Streifen
Und sonst wo sich die Krisen breiten,
Da erweckt sich der Verdacht,
Das sei nicht von uns gemacht.

Doch schleicht sich in unser trautes Heim,
Langsam die Prekarisierung ein.
Darin sei nicht nur geeint
Was auf Neu-Deutsch Gentrification meint
Sondern Lohnkürzung und Privatisierung
Obendrein gefördert, durch die Regierung.

Und wer ists nun, der die Krise macht,
Und allen solche Sorgen schafft?

Der Sünder steht im eignen Land,
Doch bleibt er den Meisten unbekannt.
Auch wenns für viele schwer ist zu ersichten
Es gibt Klassen und nicht Schichten.
Und so ists weder Ethnie noch Rasse,
Sondern das Bürgertum als Klasse.

Mit ihr kommt man zu keiner Resolution,
Da bleibt nur noch, ihr wißts…

Eure Red Brain-Redaktion

Wer stört, fliegt raus!

Wer den Unterricht stört, fliegt raus. Seit Anfang Dezember gibt es dazu am John-Lennon-Gymnasium einen Reflexions­bogen, den wir, die SchülerInnen, ausfüllen müssen. „Ich habe das Gefühl, unsere Schule wird immer gestörter und elitärer“, empörte sich neulich ein Mitschüler.

Beantworten müssen wir dann Fragen wie: „Was genau ist vorgefallen?“, „Was waren die Gründe für dein Verhalten?“, „Was bedeutet dein Verhalten für die Klasse?“ oder „Welches Verhalten wäre angemessen?“. Mit einer Unterschrift bestätigen wir unsere Fehler und geloben, solch schlimme Dinge nie wieder zu tun! Nebenbei gibt es einen Eintrag ins Klassenbuch (oho!), ein Gespräch mit den SozialpädagogInnen, Gespräche mit der Schulleitung oder eine Klassenkonferenz.

Eindeutig ist auf jeden Fall, dass es ein Problem gibt. LehrerInnen sind zunehmend gestresst, SchülerInnen stören im Unterricht, die Klasse kann nicht ungestört lernen. Diese Probleme sind nicht neu.

Als SchülerInnen haben wir verschiedene Möglichkeiten, wie wir uns im Unterricht verhalten können. Im Groben sind das die folgenden: Wir können aufpassen, weil es interessant ist, oder weil wir uns selber dazu zwingen. Wir können es auch sein lassen und dann einfach schlafen – oder mit Leuten quatschen, Papierkügelchen bauen – also den Unterricht stören. Warum machen wir das? Wir sind nicht von Natur aus böse – der Unterricht ist einfach langweilig, entweder aus thematischen, oder aus Gründen des Niveaus. Gerade jüngere SchülerInnen haben die Maschinerie der Erziehung auf den künftigen Arbeitsmarkt noch nicht so lange durchlaufen und sind viel aufgeregter als die älteren.

Mal davon abgesehen, dass ohnehin schon viel zu viel Arbeit auf viel zu wenig LehrerInnen verteilt ist, kommen laute SchülerInnen im Unterricht dazu – daher der Stress. Das Lehren fällt schwer, dafür werden Gründe gesucht – z.B. bei zu lauten SchülerInnen. Daher der neue Reflexionsbogen. Bemerkenswert: Bei interessantem Unterricht ist auch keine „Durchsetzungsfähigkeit“ der LehrerInnen nötig, um die Klasse „ruhig zu halten“.

Dieser neue Zettel schickt uns nun zu den SozialarbeiterInnen. Dort kommen wir an und können den Grund für den Rauswurf nicht so wirklich nachvollziehen. Mangels Kommunikation mit dem/r Lehrer­In kommt es zu keiner funktionierenden Lösung. Mit Hilfe des Reflexionsbogens soll jedoch nicht etwa die Qualität des Unterrichts angehoben werden, sondern wir müssen lernen, uns selber unter Kontrolle zu halten. Denn für unseren Beruf werden wir das benötigen – welcher Boss will schon eineN aufmüpfigeN ArbeiterIn haben?

Warum können wir uns nicht einfach mit den LehrerInnen an einen Tisch setzen und darüber reden, was wir lernen sollten und wollen – und zusätzlich mehr LehrerInnen einstellen? Langweiliger Unterricht, adieu! Nebenbei wäre das Problem großer Klassen und überbelasteter LehrerInnen von selbst erledigt.

Die große Frage ist: Warum nicht so, wenn es ganz einfach ist? Ist das einfach nur ein Geldproblem? Hat der Berliner Senat in seinem Haushalt einfach nur nicht genug Platz für Bildung? Dann sollten wir uns Fragen, ob der aktuelle Berliner Senat abgewählt werden sollte? Oder liegt das Problem nicht tiefer, hat Schule nicht den Zweck, auf unser „Leben“ vorzubereiten? Schule formt uns; unser Leben, womit werden wir das verbringen? Mit Arbeiten für wenige reiche Bosse. So ein Bildungssystem wollen wir nicht.

– 
Gegen langweiligen, vorbestimmten und manipulativen Unterricht!
– 
Für mehr Lehrer*innen undkleinere Klassen!
– 
Für selbstbestimmtes Lernen!

Sozialparadies Deutschland?

Wir wollen mit euch über Prekarisierung reden! Und warum? Weil es niemand sonst tut. Wenn einem/r täglich erzählt wird, „den Deutschen“ würde es selbst in Zeiten der Krise besser gehen und wir am Gymnasium seien die künftige Elite, beginnt mensch so langsam, das Märchen vom „Sozialparadies Deutschland“ zu glauben.

Doch die Realität sieht anders aus. Heutzutage sichert einem/r ein Abitur lange nicht mehr einen festen, gut bezahlten Arbeitsplatz. Im Gegenteil öffnet es einem/r den Weg von unbezahlten Praktika zu Mini-Jobs. Dazu kommen die rasant steigenden Mieten, welche wir in vorherigen Artikeln beleuchtet haben, und die sinkenden Sozial­zuschüsse. Alles in allem stehen wir einer „Mini-Zukunft“ gegenüber. Dies erhöht natürlich direkt die Stärke der UnternehmerInnen der arbeitenden Jugend und der gesamten ArbeiterInnenklasse gegenüber, um sie noch unverschämter auszubeuten. Daher verstehen wir unter Prekarisierung die Vernichtung von ökonomischen und sozialen Rechte die Arbeiter­Innenklasse.

Seitdem SPD und Grüne mit Hartz IV der „Flexibilisierung“ des Arbeitsmarktes Tür und Tor geöffnet haben, ist das oben erläuterte Phänomen, Prekarisierung genannt, ein alltägliches Problem der arbeitenden Bevölkerung – und damit zukünftig unser Problem. Doch auch jetzt spüren wir täglich die Auswirkungen der Prekarisierung. Ob wir dem/r im Späti komplett überarbeiteten VerkäuferIn gegenüberstehen oder in der Schule dem/r von Teilzeitvertrag zu Teilzeitvertrag hinkenden LehrerIn, der/die zu wenig Zeit hat, ihre Stunden gut vorzubereiten, alle befinden sie sich in einer schlechten Situation. Doch dies ist nur die eine Seite der Medaille. Denn zur gleichen Zeit können die Unternehmenschefs und FabrikbesitzterInnen auf Grundlage dieses immer größere Teile der Bevölkerung betreffenden Elends ihre Profite mehren.

Deshalb müssen sich die Teile der Gesellschaft, die unter prekären Lebensbedingungen leiden, deren Zukunft immer dunkler wird, sich vereinen. Nur die Einheit der Jugend, ob prekär beschäftigt oder lernend, mit den ArbeiterInnen kann der Masse der Bevölkerung die sozialen Errungenschaften, welche abgebaut werden, wieder erkämpfen und die Vernichtung weiterer Rechte verhindern. Deshalb sollten wir heute fortschrittliche Kämpfe von prekarisierten ArbeiterInnen unterstützen. Schließlich sind die Stellen, die heute gestrichen werden, die Löhne, die heute gekürzt werden, auch unsere Stellen und unsere Löhne in der Zukunft.

Deshalb tritt Red Brain für die Einheit von Arbeitenden und Studierenden ein und will so die Prekarisierung bekämpfen. So haben wir uns zum Beispiel beim Streik der ArbeiterInnen der Charite Facility Management (einer Dienstleistungsfirma, die an der Charité ist) solidarisch gezeigt und haben auch Partei für die entlassenen ArbeiterInnen, vor allem Arbeiterinnen, bei Schlecker bezogen, da Frauen besonders stark von der Prekarisierung betroffen sind.

Recht auf Selbstverteidigung?

… das ist der Schlagbegriff, mit dem PolitikerInnen in der ganzen Welt die Militäroffensive Israels gegen Gaza rechtfertigen. Der Raketenbeschuss fing am 14. November an, nachdem Kämpfer­Innen der Hamas anfangs der Woche angeblich Teile Tel Avivs unter Beschuss nahmen. Seitdem hagelte es durchgängig Bomben auf die PalästinenserInnen im Gaza-Streifen. Der Militärchef der Hamas wurde getötet. Über 100 ZivilistInnen wurden umgebracht, darunter viele Kinder und auch ausländische Journalist­Innen. Damit wird klar, dass Israels Vorhaben, die Hamas zu schwächen, nur ein Vorwand ist, um Gaza wieder ins Chaos zu stürzen.

Aber was haben SpitzenpolitikerInnen wie Angela Merkel und Barack Obama davon, wenn im Nahen Osten Krieg geführt wird, und warum unterstützen sie diese Kriegstreiberei? Der Grund liegt schon Jahrzehnte zurück: In der Nachkriegszeit wurde Israel von den Siegermächten auf palästinensischem Gebiet gegründet, um eine strategische Insel des Imperialismus in der Region zu haben.

Seitdem betreibt Israel immer wieder Militäroffensiven gegen die PalästinenserInnen. Zweifellos geht es hier aber nicht nur um einfache Gebietserweiterung, sondern es wird der ursprüngliche Plan der Gründung verfolgt. Um dieses auch in Zukunft zu sichern, muss Israel mit Hilfe der USA und Deutschland regelmäßig seine Macht gegenüber den arabischen Ländern demonstrieren.

Der Waffenstillstand im Gazastreifen bedeutet für das palästinensische Volk nur die Weiterführung der Unterdrückung. Dieser wurde übrigens von Mursi, dem neuen muslimischen Präsidenten Ägyptens, zusammen mit Hillary Clinton verhandelt. Dieser hat damit seine Unterordnung unter den Imperialismus gezeigt und damit die Notwendigkeit der Weiterführung des „arabischen Frühlings“, also der revolutionären Bewegungen im Nahen Osten, die zum Sturz von Diktaturen führten, bewiesen. Deshalb sagen wir: Kampf dem Staat Israel und dem Imperialismus! Setzen wir dem sogenannten „Recht auf Selbstverteidigung“ der israelischen Bourgeoisie das Recht auf Selbstbestimmung der palästinensischen Massen entgegen!

Tod John Lennons vor 32 Jahren

Unsere Schule trägt den Namen eines großen Musikers – das ist jedem/r bekannt, der/die „John Lennon“ hört. Neben der vierköpfigen Band, die Musikgeschichte schrieb, und den charakteristischen runden Brillen fallen einem/r möglicherweise noch Songs wie „Imagine“ ein, oder sogar „Power to the People“ und „Working class hero“.

Lennons politische Tätigkeit – z.B. die Unterstützung der IRA, einer irischen Bewegung, die gegen die britische Unterdrückung in Nordirland kämpfte – steht also in einem direkten Zusammenhang mit seinen Liedern und ist deshalb nicht von seinem künstlerischen Schöpfen zu trennen. Also warum widmen wir uns nicht einmal mehr John Lennons politischer Meinung, vor allem der seiner letzten Zehn Jahre?

In einem 2006 veröffentlichten Bericht des FBI über Lennon wird klar, dass die Untersuchungen über seine Tätigkeit eine politische Note hatten, da seine Ideen „die Sicherheit der Vernigten Staaten bedrohten“.

In einem Interview 1970 mit einer kommunistischen Gruppe, die sich auf das Erbe Leo Trotzkis berief (der zusammen mit Lenin die Oktoberrevolution in Russland anführte, die Rote Armee gründete und gegen Stalins Bürokratisierung kämpfte), kritisierte Lennon seine vorherigen idealistischen Positionen, wie „give peace a chance“ oder auch die Religion, die für ihn „direkt das Resultat dieser ganzen Superstar-Scheiße [war], sie war ein Ventil gegen meine Unterdrückung.“ Genauso brach er mit auch mit dem Pazifismus und erkannte die Notwendigkeit einer gewaltsamen Machtübernahme durch die ArbeiterInnen, die nach der Revolution „das Ruder […] übernehmen“ sollen. Das ist notwendig, da sich „das Klassensystem […] überhaupt nicht verändert [hat]. Viele Leute laufen zwar jetzt mit langen Haaren herum. Aber es hat sich nichts geändert, außer dass wir uns alle ein bisschen aufgestylt haben, aber dieselben Bastarde haben weiter alles in der Hand.“

Seine Hauptaussage ist, dass die ArbeiterInnen ihre Unterdrückung nicht erkennen und sich mit bestimmten Konsumgütern zufrieden geben. Dies wird vereinfacht, da ihnen überall dasselbe erzählt wird: in der Werbung, im Betrieb, in der Schule. Daher erkennt er: „Irgendwie müssen die Revolutionäre die Arbeiter erreichen, denn die Arbeiter werden nicht von sich aus auf die Revolutionäre zugehen.“ „Deshalb ist es so wichtig, dass die Studenten mit den Arbeitern zusammenkommen und sie davon überzeugen, dass das was sie sagen kein Geschwafel ist.“ Auch zu der Situation der SchülerInnen und ihren Aufgaben sagt er etwas: „Man muss ihnen freie Hand lassen, die Gemeinderäte anzugreifen oder die Autoritäten in der Schule zu zerstören, wie die Studenten, die die Repression an den Unis durchbrechen.“ Er selbst hat als Schüler Zeitungen gemacht und verteilt, sagt er.

Selbstverständlich beruft sich unsere Schulleitung auf den idealistischen, pazifistischen Star John Lennon – diese Eigenschaften lehnt er allesamt selbst ab. Stattdessen erhob er die Stimme für die Ausgebeuteten (ArbeiterInnen) und Unterdrückten (Frauen, IrInnen) und gegen die kapitalistische Klassenherrschaft.

Wir halten es für richtig und weiterhin aktuell, was der Namensgeber unserer Schule in diesem Interview gesagt hat, und berufen uns deshalb auf den materialistischen, revolutionären John Lennon. Deshalb werden wir uns weiterhin dafür einsetzen, dass unsere Schule seinem Namen gerecht wird.

Glossar: T wie Terrorismus

Terrorismus ist die „[systematische] Verbreitung von Angst und Schrecken durch Gewaltaktionen (besonders zur Erreichung politischer Ziele)“ – Duden.

Das klingt sehr negativ, doch was steckt eigentlich dahinter?

Individueller Terrorismus entsteht durch Unterdrückung, wenn Menschen unter schlechten Bedingungen leben müssen und so der Drang nach Befreiung entsteht.

Naheliegend ist dann, die Wut als Anschlag zu entfesseln und fremdes Eigentum zu zerstören oder Menschen zu töten, insbesondere StaatsdienerInnen, z.B. MinisterInnen. Dies ist eine sinnlose, kontraproduktive und zu verurteilende Anwendung von Gewalt, wenngleich ihre Ursache absolut nachvollziehbar ist – die Unterdrückung durch den Kapitalismus. Die soziale Ordnung, also die Klassengesellschaft, bliebe davon unangetastet. Denn einE neueR MinisterIn würde von der herrschenden Klasse einfach neu angestellt und das Eigentum ersetzt werden. Daher ist individueller Terror sinnlos.

Durch solche Aktionen verliert die ArbeiterInnenklasse das Bewusstsein dafür, den Kapitalismus durch Organisierung, durch Streiks, durch Selbstorganisierung und den eigenen Kampf zu gewinnen, und setzt ihre Hoffnungen stattdessen in den/die großeN RächerIn und BefreierIn. Doch genau der Kampf der organisierten ArbeiterInnenklasse mit dem Ziel der Revolution ist jener, durch den die Wut auf den Kapitalismus ihren wahren Ausdruck finden muss. Denn nur die Revolution kann diese Wut auch wirklich befriedigen. Rachegefühle sollten gegen den Kapitalismus gerichtet werden, statt nur gegen seine BeamtInnen.

Wir verurteilen den Terrorismus also, denn er bietet keine Möglichkeit zur Überwindung des Kapitalismus – dennoch liegt seine Ursache nicht im bösen Menschen, sondern im System, das ihn knechtet.

Jingle Bells, Jingle Bells….

Weihnachten! Das Fest der Liebe! Die Zeit, in der es allen auf der Welt gut geht, und in welcher der alte Mann mit den roten Klamotten (das Outfit wurde übrigens, abgesehen von der roten Mütze, von Coca-Cola erfunden, um den armen Alten als Werbefigur zu missbrauchen) vorbeikommt und uns Geschenke bringt.

Das zumindest will uns die Fernsehwerbung klar machen, die versucht, uns irgendwelche überteuerten Geschenke anzudrehen. Laut Werbung ist das anscheinend der einzige Weg, um unseren Liebsten eine Freude zu bereiten.

Aber was ist mit den ArbeiterInnen, die unsere Geschenke herstellen? Sie werden trotz des Festes der Liebe ausgebeutet. Auch in Deutschland bereitet das wilde Schenken Probleme: Viele Menschen geben Unsummen aus und verschulden sich, weil sie sich genötigt fühlen, so ihre Liebe auszudrücken. Das spielt natürlich den KapitalistInnen in die Hände, die durch den Verkauf der Geschenke ihren Profit mehren. Nichtsdestotrotz denken wir von Red Brain, dass Weihnachten eine gute Gelegenheit ist, sich auf die FreundInnen zu konzentrieren und ihnen vielleicht mit etwas anderem eine Freude zu machen, als mit teuren Geschenken. Man kann sie zum Beispiel alle zu einem leckeren, selbstgekochten Essen einladen oder mit ihnen feiern.

Trotz der Weihnachtszeit werden wir von Red Brain in den Ferien weiterarbeiten (und uns auch erholen), um euch auch nächstes Jahr weiter über die Vorgänge an der Schule und in der Welt alternativ zu informieren

Wir wünschen Euch ein frohes Fest, an welchem ihr über unsere Worte nachdenkt, und hoffen, dass Ihr durch den ganzen Süßkram, den es in der Weihnachtszeit gibt, nicht zu viel im nächsten Jahr abzutrainieren habt.

Der Ägyptische Winter

Zu Beginn des letzten Jahres begann ein Prozess im Norden Afrikas und in den angrenzenden Regionen, der die Stabilität dieses Gebietes ins Wanken brachte. Mit Massenprotesten, Streik­wellen und Platzbesetzungen wurde gegen Jahrzehnte der Unterdrückung und Diktatur gekämpft. So erhob sich die Jugend in Ägypten auf dem Tahir-Platz und die TextilarbeiterInnen aus Mahalla gegen Mubarak, die ArbeiterInnen aus Tunesien gegen Ben Ali und die Bevölkerung Libyens kämpfte gegen den in Rom und Paris gern gesehenen Gaddafi an – alle drei fielen den Aufständen zum Opfer. Die Proteste breiteten sich auf weitere Länder aus, auf die gesamte arabische Halbinsel und Nordafrika. Bis hin zu Syrien, wo auch heute noch ein BürgerInnenkrieg herrscht, war die Region Mittelpunkt eines Begehrens der Menschen nach demokratischen Rechten.

Nachdem der Verlust getreuer HelferInnen von den Westmächten (USA und EU) als gegeben betrachtet werden musste, suchten sie sich neue Verbündete, die diese Ländern auf einen „demokratischen“ Weg bringen könnten. Libyen bekam diese „Demokratie“ in Form einer militärischen Operation und in Ägypten führte diese Entwicklung zu einer Herrschaft des Militärs, welches nach einem Abklingen der Proteste Wahlen zwischen dem letzten Ministerpräsidenten unter Mubaraks altem Regime und den moderaten IslamistInnen der Muslimbruderschaft zuließ. Von den revolutionären Forderungen der Massen nach „Brot, Freiheit, Gerechtigkeit“ war nichts mehr zu hören. Diese Wahl brachte den Muslimbruder Mursi an die Macht. Somit schien der revolutionären Bewegung endgültig ein Ende gesetzt. Als dieser jedoch vor wenigen Tagen die Verfassung ändern wollte, was seine Macht deutlich vermehrte, begannen sich die Straßen Ägyptens erneut zu füllen.

Mit mehr als 300.000 Menschen auf dem Tahir-Platz erlebte Kairo die größten Proteste seit dem Sturz Mubaraks. Auch die bei den Aufständen im vergangenen Jahr entscheidenden ArbeiterInnen der Textilindustrie Mahallas gingen in den Streik und protestierten mit. Der Widerstand gegen Mursi, der seine Macht weiter auszubauen versucht und sich schon als neuer Verbündeter der USA zeigte, wurde brutal niedergeschlagen. Die Straßenschlachten, welche sich die KämpferInnen mit der Regierung lieferten, forderten mehrere Tote, doch Mursi rückt von seinem Kurs nicht ab und so findet die Verfassungsabstimmung wie geplant statt.

Doch der revolutionäre Prozess in der arabischen Welt ist noch lange nicht vorbei. Die neuen Bewegungen zeigen, dass die neu geschaffene Herrschaft sich noch nicht gefestigt hat. Auch in Tunesien gab es einen Generalstreik. Und das ist auch gut so. Denn von den Forderungen der armen, ausgebeuteten Bevölkerung Nord­afrikas wurde keine durch irgendeine verfassungsgebende Versammlung erfüllt. 40% der ägyptischen Bevölkerung lebt nach offiziellen Angaben in Armut; ein vom IWF auferlegtes Sparpaket wird massive Stellenkürzungen und die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und eine drastische Senkung des Lebensstandes hervorrufen. In puncto Freiheit greift Mursi die Tradition seiner VorgängerInnen auf: das Militär hat das Recht, DemonstrantInnen festzunehmen. Was heißt das für uns?

In der heutigen Zeit kann ein sozialer und ökonomischer Kampf der Massen gegen ein diktatorisches System nicht bei der Erkämpfung „liberal-demokratischer“ Rechte, wie eines Parlaments, Schluss machen, denn diese sind zu instabil, als dass sie für die Massen von großem Wert wären. Allzu schnell etablieren sich neue Regierungen, die im Dienste der vermeintlich demokratischen Westmächte (USA und EU) über die verarmten Massen herrschen.

Gerade heute, in einer historischen Krise des Kapitalismus, müssen die revolutionären Prozesse weitergeführt werden und zu wirklichen Revolutionen führen, die mit der Herrschaft der geringen Minderheit Schluss macht und der Selbstherrschaft und der bürgerlichen Demokratie die Demokratie der Arbeitenden Ausgebeuteten entgegenstellt.


- Für den Sturz Mursis und der Schergen des alten Regimes!
– 
Für die konsequente Revolution in Ägypten und im gesamten Nahen Osten!

Zitat des Monats

Keep you doped with religion and sex and TV / And you think you‘re so clever and classless and free / But you‘re still fucking peasants as far as I can see / A working class hero is something to be.

– John Lennon, Musiker

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