Real-Arbeiter*innen sind wütend
Der Arbeitskampf bei der Einzelhandelskette Real befindet sich in einer kritischen Phase. Die Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft ver.di und dem Unternehmen sind abgeschlossen. Die Gewerkschaftsbürokratie konnte einen Tarifvertrag erwirken. Die Arbeiter*innen müssen aber dennoch erhebliche Einbußen befürchten. Wir veröffentlichen einige Statements, redaktionell überarbeitet.
Zu Beginn hieß es, REAL möchte aus der Tarifbindung aussteigen – was empfindliche Lohneinbußen für die Beschäftigten bedeuten würde. Vor allem beim Weihnachts- und Urlaubsgeld drohten Einschnitte von bis zu 60 Prozent. Daraufhin gab es eine große Protestwelle in den Supermärkten. Bundesweit zogen Kassierer*innen auf die Straßen.
Mittlerweile hat die Verdi-Führung mit der Metro-Tochter einen sogenannten Zukunftstarifvertrag ausgehandelt, der nun unter den Gewerkschaftsmitgliedern zur Diskussion steht. Somit könnte zwar bei Real weiterhin ein Tarifvertrag gelten und eine Standortgarantie für 265 der 283 Märkte erwirkt werden, aber die Kürzungen des Urlaubs- und Weihnachtsgeld blieben bestehen und die Gehälter sollen bis 2017 nicht weiter erhöht werden.
Der kritischste Punkt ist aber die zwischen Real und ver.di ausgemachte Vereinbarung, ab Oktober über eine neue Entgeltstruktur im gesamten Einzelhandel zu verhandeln. Dadurch könnten sich die Arbeitsbedingungen in der ganzen Branche verschlechtern. Viele Arbeiter*innen bei Real fühlen sich deswegen von der ver.di-Führung nicht wirklich vertreten. Sichtbar wird das durch einige im Internet veröffentlichte Kommentare.
Kommentare von Arbeiter*innen
Wenn ich lese, was Metro/Real mit den Arbeiter*innen im Handel vor hat, kann ich niemanden mehr raten, dort zu arbeiten. Mit dem wenigen Geld das man dort verdient kann sich niemand eine Zukunft aufbauen
schrieb ein Arbeiter bei Real in Baden-Württemberg. Ganze 26 mal wurde seine Wortmeldung bei Facebook geteilt, überwiegend von Kolleg*innen.
Eine weitere Arbeiterin ließ ihrem Frust freien Lauf:
„Es ist einfach nur zum Kotzen. Die Erpressung hat mal wieder wunderbar funktioniert! Die meisten Kolleg*innen können sich die Kürzungen finanziell gar nicht leisten. Wurde daran auch gedacht? DANKE FÜR NICHTS!!!“
Weiter wirft sie den Verantwortlichen bei ver.di und Real vor, die Arbeiter*innen zur Aufnahme von weiteren Jobs zu zwingen und sie damit ein Stück ihrer Freizeit zu berauben.
Nach dem Motto: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“, hat ein Arbeiter bei Real in Süddeutschland die Eckpunkte der Tarifvereinbarung nur mit einem Emoticon kommentiert: Hochgezogene Augenbrauen, nach unter gezogene Mundwinkel und zugekniffene Augen geben die Stimmung vieler Kolleg*innen wieder.
Ein anderer Arbeiter aus Hessen schreibt:
Wenn wir jetzt nachgeben werden die anderen Einzelhandels-Unternehmen nachziehen (…) Für was hat jede*r Einzelne drei Jahre gelernt? Damit er dann am Rand der Armut lebt, nur damit die Reichen noch reicher werden? (…) Wir sind alle keine Sklav*innen! Was die Real-Führung vor hat ist moderne Sklaverei. (…) Wenn wir jetzt nicht kämpfen haben wir verloren!
Er ruft damit zum Widerstand gegen das von der Gewerkschaftsbürokratie ausgehandelte Abkommen auf.
Auch in der Jungen Welt werden die Tarifverhandlungen kritisch analysiert. jW-Autor Herbert Wulff bezeichnet Real als „Rammbock“, der für die gesamte Branche Verschlechterungen durchsetzen will:
Andere Konzerne werden es sich nicht nehmen lassen, Verschlechterungen für die Beschäftigten der Metro-Tochter im Namen der Wettbewerbsfähigkeit auch bei ihren Belegschaften durchzusetzen verlangen.
Wir empfehlen es sehr stark, die Facebook-Seite Solidarität für alle Mitarbeiter/innen von REAL mit einem Like zu versehen. Damit kann man nicht nur den Arbeitskampf der Arbeiter*innen unterstützen, sondern auch viele Stimmen von der Basis mitbekommen. Denn die Arbeiter*innen sind wütend und wollen kämpfen. Sie brauchen einen Tarifvertrag, der auch wirklich hilft! Und dazu wird noch ein harter Kampf der Beschäftigten – statt ausgeklügelter Verhandlungen der Bürokrat*innen – vonnöten sein.