Unser Werkblatt Nr. 24
“Unser Werkblatt” wird regelmäßig in der Mensa der Freien Universität Berlin verteilt. Auslöser war der gemeinsame Arbeitskampf von Studierenden und Mensa-Beschäftigten während des Bildungsstreiks 2009. Die mittlerweile vierundzwanzigste Nummer beinhaltet unter anderen Artikeln Berichte über den Streik der CFM-ArbeiterInnen und den Arbeitskampf bei der Deutschen Flugsicherung. Die Ausgabe gibt es als PDF, die einzelnen Artikel gibt es unten:
Solidarität mit dem CFM-Streik!
Streik! – Seit Anfang September streiken die ArbeiterInnen der Charité Facility Management GmbH (CFM), einer Tochtergesellschaft des Berliner Universitätsklinikums Charité. Sie kämpfen für bessere Löhne und einen Tarifvertrag.
Opfer von Privatisierung
Die CFM entstand 2005 unter dem SPD-Linkspartei-Senat und hat seitdem die Verantwortung über alle nicht-medizinischen und nicht-pflegerischen Arbeiten (u.a. Reinigung, Transport, Sterilisation). Von dieser Ausgründung profitieren vor allem private Dienstleistungsunternehmen wie Dussmann. Sie halten 49% der Anteile der CFM und die Mehrheit im Aufsichtsrat.
Die Geschichte der CFM ist beispielhaft für die Zustände im Gesundheitsbereich. Seit den 70ern drängen private Unternehmen in die Kliniken. Erst kam das durch die Auslagerung von Reinigungsdiensten zustande. Schließlich sogar durch den Verkauf der öffentlichen Krankenhäuser an „Gesundheits“-Konzerne.
Die Folgen
Auch die CFM entstand durch Privatisierung. Deswegen konnten die Arbeitsbedingungen stark verschlechtert werden. Es gibt keinen Tarifvertrag, sodass Bezahlung, Urlaubstage u.a. bei jedem und jeder anders sind. Selbst in ein und derselben Abteilung: Wie bei uns in der Mensa, arbeiten KollegInnen nebeneinander zu unterschiedlichen Bedingungen.
Der Streik hat es also schwer. Viele haben befristete Verträge und Stundenlöhne unter acht Euro. In einem staatlichen Krankenhaus arbeiten KollegInnen, die nach ihrem Vollzeit-Job bei der Arbeitsagentur die Aufstockung auf Hartz-IV-Niveau beantragen müssen!
Schwäche durch Spaltung
Schwierig ist auch, dass einige CFM- KollegInnen noch alte Charité-Verträge haben. Diese „Gestellten“ sind von den Problemen der CFM-ArbeiterInnen nicht direkt betroffen. Sie haben eine sicherere Position als befristete KollegInnen. Dadurch wird die Belegschaft weiter gespalten. Jedoch üben die schlechteren Arbeitesbedingungen der CFM-Beschäftigten starken Druck auf die Arbeitsverhältnisse der „sichereren“ Gestellten aus.
Die Chefs belügen die Beschäftigten und schüchtern sie ein. Sie erpressen, geben leere Versprechungen und versuchen so den Streik schwach zu halten. Außerdem setzen sie massiv Leiharbeit ein. Sie versuchen so den Streik zu unterlaufen und verletzen dabei alle Arbeitsgesetze. Besonders den privaten InvestorInnen wie Dussmann geht es dabei ums Prinzip.
In der CFM sind wenige ArbeiterInnen in einer Gewerkschaft. Das macht es dem Unternehmen leichter, die Beschäftigten auszupressen und so die Profite zu erhöhen. Die kriminelle Politik der Geschäftsführung zeigt deutlich, dass es hier nicht nur um einen einfachen Lohnkonflikt geht. Sie versuchen die Errungenschaften der ArbeiterInnenbewegung auszulöschen!
Solidarität
Streiks wie bei der CFM gehen uns alle an, denn wenn sich schlechte Arbeitsbedingungen erstmal langfristig in einem Bereich durchsetzen, sind auch die besseren Arbeitsbedingungen anderer Bereiche gefährdet.
Unsichere Arbeitsplätze und Leiharbeit haben sich auch im Studentenwerk und der Mensa stark ausgebreitet. Dabei bekommen die LeiharbeiterInnen einen viel kleineren Lohn als ihre KollegInnen. Oft versuchen die Betroffenen mit ihren Problemen alleine zurecht zukommen. Das Problem betrifft aber uns alle. Nur zusammen können wir die schlechten Arbeitsbedingungen verbessern. Deswegen ist Solidarität für den CFM Streik besonders wichtig.
Nach den Wahlen
Die Senats-Wahl bewies vor allem eins: Unzufriedenheit. Mit den PIRATEN kam eine Partei in den Senat, die 8 von 10 Stimmen aus Protest erhielt.
Protest gegen Parteien, wie die Linkspartei. Deren soziale Kürzungen sprachen eine deutlichere Sprache, als ihre falschen Versprechungen. Auch die Grünen mussten einstecken. Die geschwächte SPD ist zur Koalition mit der CDU gezwungen.
Diese Wahlbilanz ist eine erste Absage an die bürgerliche Politik. Wenn sie auch noch kein Protest wie in Griechenland ist, zeigt sie doch, dass die Dinge ins Rollen geraten.
Streiken lohnt sich
Unsere KollegInnen von der Flugsicherung haben einen Sieg errungen. Die Chefs von der Deutschen Flugsicherung legten dem geplanten Streik viele Hürden in den Weg. In Fernsehen und Radio verunglimpften sie unsere KollegInnen. In privaten Gesprächen drohten sie mit Kündigungen.
Doch die Kampfbereitschaft der FluglotsInnen war nicht zu brechen. Schließlich musste die Chefetage den Forderungen der ArbeiterInnen nachgeben. Zumindest Teilweise: 6,5% mehr Lohn wurden gefordert, 5,2% wurden jetzt versprochen.
Dass noch mehr drin gewesen wäre, zeigten die FluglotsInnen von 1973: Sie streikten ein halbes Jahr. Den Bossen entstanden über 500 Millionen DM Strafe. Diese Erfahrung gibt einen Eindruck von dem Potential, das wir als ArbeiterInnen wirklich haben!
Stärke durch Einheit
Am 17. November ist es wieder soweit: Bundesweiter Bildungsstreik! Aber Moment mal: „StudentInnen-Streik? Die arbeiten doch nicht, sondern studieren nur.“ Nicht ganz. Zunehmend mehr Studierende müssen neben der Uni arbeiten gehen – oft in schlecht bezahlten Minijobs. Auch um die Arbeitsplätze an der Universität steht es schlecht. Die Flaute in den Bildungskassen drückt die Gehälter der Lehr- und Servicekräfte. Mit deren schlechten Arbeitsbedingungen steht und fällt schließlich wiederum das Bildungsniveau der Studierenden.
Die Zeichen stehen also auf gemeinsamen Streik! Arbeitende und Studierende müssen ihre Forderungen vereint erkämpfen. So, wie beim Bildungsstreik 2009. Damals erstreikten wir Studierende und ArbeiterInnen der FU gemeinsam Verbesserungen.
99 gegen 1
…so lautet nicht etwa die Aufstellung eines sehr unfairen Fußballspiels. Tatsächlich ist es die leitende Parole einer Protestbewegung gegen ein sehr unfaires System.
Seit Wochen gehen weltweit ArbeiterInnen und Jugendliche auf die Straße. Sie wollen die Meinung der „arbeitenden 99%“ dieser Gesellschaft kund tun. Damit sind die Lohnabhängigen gemeint, die trotz täglicher Lohnarbeit dem Diktat der Banken und Ihrer PolitikerInnen gehorchen müssen.
Ihren Anfang nahmen die Demonstrationen an der Wall Street in New York. Von dort aus verbreitete sich der Protest über den Globus.
Am 15.Oktober ging man dann auch hier in Deutschland auf die Straße. Zehntausende protestierten einen Tag lang gegen Kürzungspolitik. Doch da ist mehr drin! Mit bereits tausenden TeilzeitarbeiterInnen und Millionen von Arbeitslosen haben wir allen Grund zum Protest…
Revolution 2.0
Der Kampf der ägyptischen Massen geht weiter. Doch diesmal nicht auf dem Tahrir-Platz sondern in den Betrieben. Von dort aus kämpfen ArbeiterInnen und Jugendliche wie wir.
Die „Demokratie“ des Militärrats besteht aus Verfassungsbetrug und Notstandsgesetzen. Dagegen fordern die ArbeiterInnen wirkliche Demokratie: Unabhängige Gewerkschaften, Parteifreiheit und Streikrecht. Besonders für letzteres warten unsere ausländischen KollegInnen nicht erst auf die Erlaubnis von oben. Die Parolen der Demos finden ihr Fundament in den bestreikten Betrieben.
Unterstützung erhalten die ägyptischen ArbeiterInnen von den Studierenden. Deren Solidarität ist uns von RIO ein beispielhaftes Vorbild!