Polizeigewalt und Hetze gegen Lützerath
In Lützerath standen Demonstrant:innen massiver Polizeigewalt entgegen. Mehr als 35.000 Aktivist:innen versuchten mit allen Mitteln, die Räumung in Lützerath aufzuhalten. Es gab lebensgefährliche Verletzungen bei den Demonstrant:innen. Gleichzeitig starteten etliche Hetzkampagnen und Antisemitismusvorwürfe gegen Genoss:innen.
Reiterstaffel, Pfefferspray, Hunde, Wasserwerfer und Knüppel – die Polizeigewalt in Lützerath am Samstag, dem 14. Januar, nahm kein Ende. Bilder und Videos von Protestierenden mit Wunden am Kopf und wie Polizisten auf sie einschlagen und eintreten. In mehreren Videos sind abgestimmte Angriffe und ein Stürmen der Cops in die Menschenmengen zu sehen. Aktivist:innen, die an die Kante des abgebaggerten Grabes gedrängt und mehrfach mit mehr Gewalt bedroht wurden, mussten sich teilweise gegenseitig festhalten, um nicht zu stürzen. Einige Tausend Menschen versuchten der Gewalt und den Polizeiketten zu entkommen, wurden aber von Reiterstaffeln und Wasserwerfern gekesselt, um sich nicht wieder mit anderen Gruppen versammeln zu können. Eine Teilnehmerin (auf Wunsch anonym) teilt ihre Erfahrung mit uns, wie sie von mehreren Cops auf den Boden geworfen wurde, einer ihre Hand mit seinen Füßen am Boden fixierte und ein anderer im Vorbeirennen auf sie eintrat. Sie trägt gebrochene Finger, Prellungen an den Rippen, mehrere blaue Flecken und Wunden am ganzen Körper davon.
In einer Pressemitteilung erzählen auch die Sanitäter:innen vor Ort von massiver Polizeigewalt und mehreren lebensgefährlichen Verletzungen. Angaben zufolge musste mindestens eine Person mit einem Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen werden. Sowohl den Sanitäter:innen, als auch der öffentlichen Presse wurde der Zugang zu Lützerath verboten, einige wurden auch polizeilich von den Protestplätzen entfernt und konnten dadurch keine medizinische Versorgung der Protestierenden mehr gewährleisten. Durch einen Beschluss durften auch nur noch von RWE zugelassene Presseleute und Journalist:innen auf das Gelände. Somit basieren die meisten offiziellen Medienberichte auf Aussagen von Polizeisprechern und der Gewerkschaft der Polizei.
Während der Geschehnisse in Lützerath und bereits zuvor gab es etliche Berichte und Aussagen gegen die Protestierenden. In der Sendung von Anne Will spricht Herbert Reul, Innenminister NRWs und CDUler, von “hochprofessioneller” Arbeit der Polizei. Die Fälle von unverhältnismäßiger Polizeigewalt solle man doch bitte einfach melden, da diese ja intern immer überprüft und verurteilt würden. Vielleicht teilt er ja dieselbe Vergesslichkeit wie Olaf Scholz und erinnert sich nicht mehr daran, dass er ja die Kennzeichnungspflicht für die Polizei abgeschafft hat. Habeck beurteilt die Auseinandersetzungen und die 35.000 Demonstrierenden für den Erhalt von Lützerath als “das falsche Symbol”, während Ricarda Lang die Entscheidungen der GRÜNEN rund um Lützerath in derselben Show in Schutz nimmt, mit der Begründung des geringeren Übels. Die bürgerlichen Medien – allen voran natürlich die Springerpresse – konnten sich ihre Rhetorik der “Klimaterroristen” nicht verkneifen und bislang wurde ihrerseits erwartungsgemäß jegliche Polizeigewalt verharmlost.
Antisemitismusvorwürfe und Hetzkampagnen
Statt Kritik an der massiven Polizeigewalt gab es dafür umso mehr Hetze gegen Aktivist:innen, die sich in Lützerath mit Palästinaflaggen und einem Leila-Khaled-Aufdruck gegen die Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung einsetzten. Denn ein Klimakampf kann nur mit internationalistischer Perspektive und gleichzeitig nur mit antirassistischem und antikolonialem Verständnis geführt werden. Und dieses Verständnis macht nicht vor Israel halt, genauso wenig wie in und vor Deutschland oder anderen faschistischen Staaten der Welt. Julian Reichelt, Ex-Chefredakteur der BILD, startete eine Hetzkampagne gegen einen Aktivisten auf Twitter (auf Wunsch anonym) und schließt sich damit seinem Hetzkumpanen Ulf Poschardt an, der erst ein paar Tage zuvor bereits gegen einen unserer jungen Genoss:innen hetzte. Die BILD selbst veröffentlichte gestern einen Beitrag über angeblichen Judenhass in Lützerath, bezogen auf den genannten anonymen Aktivisten auf Twitter.
Zeitgleich mit den Protesten in Lützerath haben wir von Klasse gegen Klasse in einem gemeinsamen Block mit weiteren revolutionären Organisationen mit insgesamt etwa 80 Demonstrierenden unsere Solidarität mit Lützerath und Palästina deutlich gemacht. Aufgrund unseres Demospruchs “Von Lützerath bis Gaza, Yallah Intifada” kamen auch wir ins Zielkreuz vom Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA e.V.) und der WELT. Diese beschuldigen uns des Antisemitismus und der Instrumentalisierung von Lützerath, während sie uns gemeinsam in einen Topf mit prorussischen Organisationen der LLL-Demo werfen. Dabei ist der Aufruf zur Intifada ein revolutionärer Aufruf zum Aufstand der proletarischen Bevölkerung in Palästina. Die Intifada steht nicht für Auslöschung jüdischen Lebens, wie oftmals von Rechten und Antideutschen geframet wird, sondern für den Kampf gegen das Apartheidsregime Israel und für die Befreiung aller Unterdrückten in Palästina. Gleichzeitig haben wir auch unsere Positionen und Forderungen klar und deutlich formuliert. Wir haben uns klar und deutlich gegen Krieg, gegen Putin, gegen Erdogan und gegen die NATO gestellt. Gleichzeitig haben wir verdeutlicht, dass wir gegen Aufrüstung sind und dass wir stattdessen 100 Milliarden für die Pflege, die Bildung und Soziales wollen. Denn wie Karl Liebknecht bereits sagte: “Der Hauptfeind steht im eigenen Land”. Wir forderten einen sofortigen Abschiebestopp, Bleibe- und Arbeitsrecht für alle und den Abbruch der Bauvorhaben für das Abschiebezentrum am BER. Von all diesen Forderungen sich nur das herauszupicken, was am besten in ihre Hetzkampagne passt, ist symbolisch für die bürgerliche Presse und zionistische Organisationen wie dem JFDA. Es ist nicht antisemitisch, Apartheid und Siedlungspolitik beim Namen zu nennen – es ist antirassistische und antikoloniale Praxis, immer und überall.
Lützerath zeigt mal wieder, dass dem Staat jedes Mittel recht ist, um die Profite von Unternehmen wie RWE zu sichern, anstatt zu versuchen, das 1,5 Grad Ziel zu halten. Mit der Rückendeckung der Regierung hat der Polizeiapparat bei massiver Gewalt nichts zu befürchten. Für eine sozialistische Gesellschaft braucht es weder Polizei noch profitorientierte Großkonzerne wie RWE und Deutsche Wohnen. Wir wollen arbeiter:innengeführte Betriebe, die sich nach Bedarf und nicht nach Profit orientieren und damit einer Klimakatastrophe aktiv entgegenwirken. Wir dürfen rechten Hetzern keinen Millimeter Platz lassen und müssen uns immer und überall gegen jede Form von Rassismus, Imperialismus und kapitalistischen Interessen stellen.
Von Lützerath und ganz Deutschland bis nach Gaza, yallah Intifada!