Polizeigewalt in München: Sie lassen uns nicht mal beim Gedenken an die Toten von Hanau in Frieden

21.02.2022, Lesezeit 5 Min.
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Foto: Ayrin Giorgia (KGK)

Vor zwei Jahren ermordete ein polizeibekannter Rechtsextremer neun Menschen in Hanau. Nun trat die Polizei, die damals schon versagt hatte, die Erinnerung an die Opfer erneut mit Füßen: In München attackierte sie die Gedenk-Demonstration mit Pfefferspray und Schlagstöcken.

Am Samstag fanden in dutzenden Städten in ganz Deutschland Demonstrationen anlässlich des zweiten Jahrestages des faschistischen Terroranschlags in Hanau statt. In München griff die Polizei mehrfach Teilnehmer:innen an. Schon bei der Auftaktkundgebung nahm sie zwei Personen vorübergehend fest, die sie bei der zuvor stattfindenden Antikriegs-Demo gegen die Münchner Sicherheitskonferenz ins Visier genommen hatte. Einer Person warf sie Beleidigung, der anderen Körperverletzung vor. Nachdem sich der Demonstrationszug in Bewegung setzte, griff die Polizei an einer Engstelle in der Luisenstraße an.

In einer Pressemitteilung schreibt die Polizei, Beamt:innen seien „körperlich bedrängt und unvermittelt an einen Bauzaun gedrückt“ worden. Weiter heißt es: „Damit sich die Polizeibeamten wieder aus dieser Situation befreien konnten“, hätte sie Schlagstöcke und Pfefferspray einsetzen müssen. Diese Darstellung ist offensichtlich eine Verdrehung der Tatsachen. Die Demonstration ging ruhig los. Es gab keinen vernünftigen Grund, sie mit dutzenden behelmten und gepanzerten Einsatzkräften zu begleiten.

Später kam es zu einer weiteren Eskalation in einer U-Bahn-Station, als die Polizei auf abreisende Teilnehmer:innen der Demonstration einprügelte. Sie erklärte, sie wollte einen 20-Jährigen festnehmen, der ihr zuvor bei der Demo aufgefallen war. Dieser hätte Polizist:innen mit einer Fahnenstange attackiert. Ihm wird nun gefährliche Körperverletzung und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte vorgeworfen.

Man muss sich die Absurdität dieser Situation vor Augen führen: Die Polizei prügelt bei einer Demo auf Menschen ein; jemand hält möglicherweise – auch das kann von den Polizist:innen erfunden sein – mit einem Stück Holz dagegen. Kein Polizist in seinem Panzer wird davon einen ernsthaften Kratzer bekommen. Doch genau dafür wird der junge Mann später verdroschen und angezeigt.

In einem Video des Vorfalls ist zu sehen, wie zwei Polizist:innen von oben mit voller Wucht mit ihren Schlagstöcke auf Personen einprügeln. Anders als die Fahnenstange kann das tatsächlich schwere bis sogar tödliche Verletzungen hervorrufen. Mit Konsequenzen müssen die Polizist:innen dennoch nicht rechnen.

Warum eskalierte die Polizei?

Die Polizei hatte vor Beginn der Demo bereits davor gewarnt, „dass gewaltbereite Personen aus dem linksextremen Bereich an der Versammlung teilnehmen werden.“ Damit diffamiert sie auf dreiste Weise das Gedenken an die Ermordeten. Dabei wurde die Demo von DIDF organisiert – einem der größten demokratischen migrantischen Vereine Deutschlands.

In Hanau wusste die Polizei davon, dass ein gewaltbereiter Faschist Waffen daheim hatte – aber es war ihr egal. Sie ließ den faschistischen Anschlag zu. Wenn aber Linke und Migrant:innen gegen dieses rassistische Morden demonstrieren, ist es für die Polizei bereits Grund, zuzuschlagen. Die Diffamierung der Demonstrant:innen als Linksextreme und das martialische Auftreten der Polizei deuten darauf hin, dass es sich hier nicht um eine spontane Eskalation aus einer sich hochschaukelnden Situation handelte, sondern dass der Angriff geplant oder zumindest einkalkuliert war. Die demonstrierenden Migrant:innen wurden dabei unter Generalverdacht gestellt. Es handelt sich damit um politische und rassistische Gewalt im Auftrag der bayerischen Staatsregierung.

Es ist eine Schande, dass die Polizei, die selbst zahlreiche rassistisch motivierte Morde wie an Oury Jalloh oder Ahidi John beging, am Gedenktag für die Ermordeten von Hanau zu Gewalt greift. Eine Aktivistin von DIDF sagte dazu: „Gerade an einem solchen Tag wie heute kann es nicht sein, dass wir in Ruhe gedenken möchten und dass die Polizei versucht, das dann aber gewalttätig zu zerstören.“

Wirklich verwunderlich ist die Polizeigewalt aber nicht. Es fliegen immer wieder faschistische Zellen auf, die sich aus den Sicherheitsapparaten rekrutieren. Die Morde des NSU wären ohne die Unterstützung des Verfassungsschutzes nicht möglich gewesen. Des Weiteren ist die Polizei dafür da, dass kapitalistische System und die Ausbeutung von Migrant:innen aufrecht zu erhalten. Die Auflehnung gegen die vorherrschenden rassistischen Machtstrukturen wird täglich kriminalisiert.

Es ist wichtig, der Polizei ihre Eskalation nicht durchgehen zu lassen und Konsequenzen einzufordern. Die Straffreiheit für Täter:innen in Uniform muss endlich enden. DIE LINKE im Münchner Stadtrat hat in der Vergangenheit schon öfter Polizeigewalt thematisiert. Darüber hinaus braucht es auch Demonstrationen der Parteien und Gewerkschaften und eine Infragestellung der Polizei als ganzes. Die Gewalttaten sind keine Einzelfälle von Cops, die über die Stränge schlagen, sondern liegen strukturell in der Rolle der Polizei als Bewahrerin der zutiefst rassistischen Ordnung des Kapitalismus. Unsere Solidarität gehört allen Betroffenen der Polizeigewalt und den Festgenommenen.

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