Polizeigewalt gegen Linke in Graz bei Demonstration gegen Rechtsextreme
Die Grazer Polizei ließ Rechtsextreme während der Coronapandemie Passant*innen bespucken, aber verprügelte Antifaschist*innen.
Am Samstag, den 9. Januar, fand am Grazer Hauptplatz eine Kundgebung gegen den „Great Reset“, einer antisemitischen Verschwörungstheorie, die von den rechtsextremen Identitären angemeldet wurde, statt.
Als Protestaktion hängten Genoss*innen der Kommunistischen Jugend Österreich ein Banner mit der Aufschrift „Ob Corona, Rechtsextremismus oder Verschwörungsmythen: Abstand halten hilft“ aus den Fenstern eines Gebäudes am Hauptplatz. Kurze Zeit darauf konnte man von der Herrengasse kommend Antifa-Aktivist*innen bemerken. Die Gruppierung platzierte sich am Ende der Demonstration, machte mit weiteren Bannern, antifaschistischen Parolen und bunten Nebelkerzen auf sich aufmerksam.
Sofort liefen Rechtsextreme auf sie zu und die Polizei ging dazwischen, jedoch wandten sie sich gegen die Antifa und nicht gegen die Attackierenden. Innerhalb kürzester Zeit vervielfachte sich die Anzahl der Polizist*innen der Spezialeinheiten, die rasch aggressiv vorgingen und die Antifa einkesselten. Diese begab sich auf die Straßenbahnschienen, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gesperrt waren.
Ein linker Aktivist wurde grundlos von fünf Polizist*innen aus der Gruppe gerissen, mit einem Schlagstock geschlagen und gewaltsam zu Boden gedrückt. Mehrere Minuten lang fixierten sie diese Person mit dem Hals an der Gehsteigkante, wobei sich ein Beamter sogar auf seinen Oberkörper kniete und Schmerzgriffe angewendet wurden. Der Aktivist wurde nach Anwendung dieser unverhältnismäßigen Gewalt festgenommen, da ihm „Tätlicher Angriff auf einen Beamten“ vorgeworfen wird.
All das konnte in mehreren Videos von Passant*innen festgehalten werden, obwohl die Polizei immer wieder versuchte, die Sicht zu versperren. Während des Einsatzes schlug die Polizei zum Teil auf Gegendemonstrant*innen ein und beschimpfte diese und andere, die sich klar links positionierten, mit „Halte/t die Fresse!“ und vielem mehr.
Im Hintergrund hörte man die Identitären immer wieder schreien „Wir sind das Volk!“, außerdem wurden Flyer mit Parolen und dubiosen „Liedtexten“ ausgeteilt. Der Großteil der rechts orientierten Demonstrant*innen am Hauptplatz trug keine Masken, hielt sich nicht an die Abstandsregeln, zudem wurde das Alkoholverbot, das am Grazer Hauptplatz gilt, nicht geachtet. Einige Passant*innen wurden von Identitären sogar bespuckt und das Tragen von schlagkraftverstärkenden Handschuhen mancher Rechtsextremer lässt vermuten, dass die Gewalt weit über die Spuckattacken hätte hinaus gehen können. Die Polizei unternahm nichts, hingegen wurden bei den Gegendemonstrant*innen Identitätsfeststellungen zum Teil gewaltsam durchgeführt.
Unsere Beobachtungen und bildlichen Dokumentationen entstanden bei einem Spaziergang durch die Altstadt. Am Hauptplatz nahmen wir die Kundgebung wahr und haben uns bewusst dazu entschieden, als Beobachter*innen zu fungieren. Dabei standen wir zu anfang abseits, bis wir bemerkten, dass wir mitten im Geschehen waren. Noch immer betroffen vom Erlebten, ist es uns wichtig, die Wahrheit darzustellen, da es bereits viele falsche Berichterstattungen und Verharmlosungen gibt. Wir können für die gesamte Zeitspanne bestätigen, dass die Antifa nicht gewalttätig vorging. Die Skizzierung des vergangenen Samstags zeigt wieder einmal, wie sich die österreichische Exekutive positioniert. Erschüttert von der Aggressivität und der hohen Gewaltbereitschaft der Polizei, sind wir mit unseren Gedanken bei unseren Genoss*innen.