Politik in der Jugend – nur wie?

04.04.2016, Lesezeit 5 Min.
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Die Ausrichtung der Jugendkultur der heutigen Zeit ist ein schwieriges Thema, welches aber immer dringender analysiert werden muss. Denn die Jugend mit ihrem ganzen Potenzial muss nicht nur für die Sache des Antifaschismus, sondern auch für den revolutionären Marxismus gewonnen werden.

Doch woran fehlt es eigentlich? An den Vorbildern der heutigen Jugend? An den ihr gegeben Möglichkeiten? Kann sie nicht, will sie nicht?

Fragen, denen es auf den Grund zu gehen gilt. Wo jedoch anfangen? Unter anderen Gegebenheiten würde es sich anbieten bei den Dingen anzufangen, welche innerhalb der Jugend eine große Tragweite erreicht haben. Hierbei wollen wir einen Blick auf die Musik werfen, welche die Jugend beeinflusst. Nicht in einem abstrakten Sinne, sondern konkret auf die Künstler*innen bezogen, die bei der Jugend beliebt sind. Denn es gibt wenige Gebiete, welche die Jugend so sehr für sich beansprucht wie die Musik.

Politische Musik

Nun ist es jedoch wichtig nicht der Versuchung zu verfallen und von vornherein davon auszugehen, dass die Musiker*innen, welche am meisten gehört werden, automatisch eins sind mit den Jugendlichen, die sie hören. Bands wie KIZ, Alligatoah und Kraftklub schlagen oft stürmische Töne an. Besonders letztere Band ist für unanstößige Texte bekannt. Da singen Kraftklub von der ungemütlichen Situation, wieder einmal allein auf einer Demo zu stehen. Diese politischeren Stücke sind meist nicht unbeliebter und politisch klar formuliert. Warum werden solche Lieder gehört, nur um dann im Anschluss, ohne sich auch nur einmal persönlich als unpolitischer Mensch angesprochen gefühlt zu haben, zum nächsten Lied zu wechseln? Sind sie nicht mitreißend genug? Fühlt Mensch sich wirklich so wenig angesprochen? Ist Mensch es, und könnte da des Rätsels Lösung liegen, schlicht nicht mehr gewohnt, sich die tiefere Bedeutung von Liedern zu vergegenwärtigen? Spricht Mensch beschriebene Jugendliche darauf an, kommt zwar oft die Antwort, dass sie den Sinn ja sehr wohl verstanden haben, aber… dennoch nicht bereit sind, politisch aktiv zu werden oder schlicht vor der politischen Situation resignieren.

Was an politischer Musik fehlt, ist meist nicht die Kritik an den herrschenden Verhältnissen. Was fehlt, sind Perspektiven für Jugendliche zur Überwindung dieser Verhältnisse. Auf ein noch so „rebellisches“ Konzert am Abend folgt meist doch wieder der kapitalistische Alltag voller Leistungsdruck und Lohnarbeit am nächsten Tag. Eine Aufgabe, die Bands sicherlich nicht allein mit ihren Songs erfüllen – sehr wohl aber mit darüber gehendem Engagement. Eine Band wie Irie Revoltes, um nur mal eine der bekanntesten zu nennen, zeigt sich z. B. immer wieder auf antifaschistischen Protesten, spricht mit Jugendlichen und engagiert sich für Geflüchtete. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit.

Die „unpolitische“ Jugend

Mensch muss also „höher“ ansetzen. Eventuell bei der Eltern-Generation, oder noch früher? Wurde uns ein zu großes Erbe auferlegt, oder sind wir doch schon viel rebellischer als es „die Alten“ waren? Nein, nö und nope. Es braucht nicht viel, um zu sehen, dass unsere Jugend weniger Biss hat als die Generationen davor, und noch weniger, um zu sehen, dass Biss, also eine kämpferische antikapitalistische Bewegung, genau das wäre, was wir gerade brauchen.

Mensch muss sich nicht mal die Wahlergebnisse der AfD ansehen, denn jeder, ob politisch oder nicht, bekommt mit, dass die rechte Szene gewaltig und gewalttätig um sich schlägt. Doch wo ist unsere Antwort? Und damit ist nicht nur die Antwort der Linken gemeint, sondern die Antwort derer Leute, die noch ruhig zuhause sitzen und versuchen mit beiden Augen an der Problematik vorbeizuschauen. Wie können diese Menschen aktiviert werden? Vielleicht haben viele unpolitische Jugendliche gedacht, dass sich die Lage beruhigen würde, aber dennoch finden tagtäglich Angriffe auf Geflüchtetenheime statt. Abwarten aber ist kein Lösungsansatz, sondern nur die Kapitulation vor der rechten Gesinnung.

Selbstorganisierung im Alltag

Daher darf sich unsere politische Arbeit nicht nur auf die Zeit nach dem langweiligen Alltag beschränken, sondern muss genau dort ansetzen. In Schulen heißt das: immer wieder mit Mitschüler*innen diskutieren, im Unterricht nicht mit Kritik sparen und in den Pausen oder direkt nach dem Unterricht mit interessierten Schüler*innen zusammensetzen. Im Zuge der letzten Jahre haben sich an verschiedenen Schulen antirassistische Komitees gegründet, die in der Lage sind auch die eigene Schule zu politisieren. Daran führt letztlich kein Weg vorbei, wenn wir eine kämpferische Front gegen die Hetze und den Fremdenhass aufbauen wollen. Das Bündnis „Jugend gegen Rassismus“ ist ein wichtiger Schritt zum Aufbau einer solchen Front.

Aufgrund der aktuellen Lage ist es wichtig, revolutionäre Inhalte an die Jugend heranzutragen. Und zwar mit Bedacht! Es gilt an erster Stelle die unpolitischen Jugendlichen selbstbewusst und offen, jedoch nie selbstdarstellerisch und zwanghaft elitär gegenüberzustehen. Alles andere schreckt sie ebenso ab wie sie sofort mit schwerer Literatur und auf Anhieb erwarteten Sachverständnis zu überfordern.

Wenn wir also eine starke Massenbewegung der Jugendlichen aufbauen wollen, dann müssen wir Antirassismus und Antikapitalismus in der Jugendkultur verankern. Wir brauchen eine Brücke zwischen politisch inaktiven Jugendlichen und der linken, antiimperialistischen Jugend. Diese Brücke kann die Selbstorganisierung in den Basisstrukturen sein, wo neu politisierte Jugendliche ihre ersten selbstständigen, politischen Erfahrungen machen. Wir sollten daher diese Formen der Selbstorganisation fördern.

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