Polen: Massenproteste gegen Abtreibungsverbot nach dem Tod von Izabela

09.11.2021, Lesezeit 3 Min.
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Quelle: praszkiewicz / Shutterstock.com

Letzte Woche wurde der Tod des ersten offiziellen Opfers des verschärften Abtreibungsgesetzes in Polen bekannt. Am vergangen Wochenende demonstrierten Zehntausende in über 80 polnischen Orten gegen das gewaltvolle Gesetz und trauerten um die Verstorbene.

Unter dem Motto „Keine einzige mehr“ demonstrierten am Wochenende Zehntausende in Polen gegen das rigide und im Oktober 2020 noch weiter verschärfte Abtreibungsgesetz, nachdem der erste damit in Zusammenhang stehende Todesfall bekannt wurde.

Die 30-jährige Izabela verstarb im September in einem Krankenhaus in Pszczyna, jedoch wurde ihr Tod erst letzte Woche bekannt. Todesursache war, eine Sepsis, die dadurch entstand, dass die Schwangere nicht ausreichend Fruchtwasser hatte, die Ärzt:innen jedoch keinen Abbruch einleiteten, sondern auf den Tod des Fötus warteten – was schließlich die junge Frau das Leben kostete.

Die behandelnden Ärzt:innen wurden suspendiert, die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen aufgenommen. Inzwischen wurde auch bekannt, dass noch mindestens eine weitere Frau unter ähnlichen Bedingungen verstarb. Die junge Frau lebte im niederschlesischen Swidnica (Schweidnitz).

Izabela gilt jedoch offiziell als das erste Opfer des extrem gefährlichen Abtreibungsgesetzes, das Oktober 2020 in Kraft getreten ist. Dieses verschärfte das ohnehin zuvor schon strikte Abtreibungsgesetz. War es vor dem neuen Gesetz nur erlaubt, bei Gefahren für das Leben der schwangeren Person abzutreiben, oder wenn die Schwangerschaft Resultat einer Vergewaltigung oder eines Inzests war oder bei irreversiblen Schäden des Fötus, fiel der letzte Teil nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes weg.

In Polen finden auf Grund der Gesetzeslage jährlich weniger als 2.000 Abtreibungen legal statt – Schätzungen von Frauenrechtsorganisationen zu Folge gibt es jedoch die hundertfache Menge, also 200.000, an illegalen (und damit gesundheitlich unsicheren) Abtreibungen oder Abtreibungen im Ausland. Das zeigt mit erschreckender Nachdrücklichkeit, was Abtreibungsverbote bewirken. Sie führen nicht zu einem Rückgang an Schwangerschaftsabbrüchen, sondern nur zu einem Anstieg heimlicher Abtreibungen unter schlechten Bedingungen und zu mehr Komplikationen mit Todesfolge. Sie gefährden die körperliche Autonomie gebärfähiger Menschen, die dadurch zunehmend eine Klassenfrage wird. Denn nur wer es sich finanziell leisten kann, kann ins Ausland gehen, um dort eine medizinisch sichere legale Abtreibung vornehmen zu lassen. Wer dafür keine finanziellen Mittel hat, muss sein Leben und seine Gesundheit bei illegalen, unsicheren und unhygienischen Abtreibungen riskieren oder wird einfach nicht gerettet, wie im Fall von Izabela.

Wo der kapitalistische Staat und die Kirche sich als Repressionsorgane in die körperliche Selbstbestimmung und die Leben von gebärfähigen Menschen einmischen, tragen sie die Verantwortung für die Opfer, die sie damit verursachen. Der polnische Staat und die katholische Kirche, die hinter dieser Gesetzgebung stehen, sind verantwortlich für den Tod von Izabela.

Umso wichtiger ist es, dass es am Wochenende zu großen Mobilisierungen auf den Straßen in über 80 Orten in Polen kam. Noch wichtiger ist es, dass diese weitergehen und nicht abreißen. Denn unsere Rechte dürfen wir nicht erbetteln, sondern müssen sie mit Organisierung und dem Aufbau von Druck auf den Straßen und in den Betrieben erkämpfen. Keine einzige mehr!

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