Pflegeheim könnte wegen Abschiebung der Beschäftigten schließen

19.11.2024, Lesezeit 4 Min.
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Foto: Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration in Berlin / Ayrin Giorgia (Klasse Gegen Klasse)

Ein Pflegeheim in Niedersachsen muss eventuell schließen, weil zehn Pflegekräfte abgeschoben werden sollen. Das ist ein Paradebeispiel, wie rassistische Politik und Sozialabbau Hand in Hand gehen.

Wieso warnt uns die SPD eigentlich vor der AfD, wenn sie selbst bereits durchschnittlich über 50 Abschiebungen pro Tag ausführt? Fast jeden Tag gibt es Meldungen über immer mehr und krassere Abschiebungen. Erst vor vier Tagen haben wir bereits über die Abschiebung einer Mutter mit ihren zwei Kindern aus einem Frauenhaus berichtet.

Jetzt gibt es schon den nächsten skandalösen Fall: Im Haus Wilstedt arbeiten zehn kolumbianische Kolleg:innen, die abgeschoben werden sollen. Es ist das einzige auf Gerontopsychiatrie spezialisierte Heim der Landkreise Rotenburg und Osterholz-Scharmbeck (Niedersachsen).  In der Pressemitteilung vom 12. November beschreiben der Niedersächsische Flüchtlingsrat, die Belegschaft und die Heimleitung des Pflegeheims die Situation wie folgt:

Das Pflegeheim Haus Wilstedt ist das Zuhause für 48 schwer demenzkranke Menschen. Weil die niedersächsische Landesregierung bis diesen Donnerstag ein Drittel der Pflegekräfte abschieben will, droht die Heimschließung. Die Heimbewohner müssen dann auf rare, oft weit entfernte Pflegeheime verteilt werden – oftmals schließt sich dann auch eine Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie an, da Demenzerkrankte schwer mit Veränderungen klarkommen und sensibel darauf reagieren. Dies ist auch für die Angehörigen eine große Belastung. Angehörige und Belegschaft haben sich nun zusammengeschlossen und kämpfen für das Bleiberecht der aus Kolumbien stammenden Pflegekräfte und das Zuhause der Patientinnen und Patienten.

Die Entscheidung einer quasi Massenabschiebung von einem Dutzend Menschen ist menschenverachtend und nichts anderes als höchst rassistische Politik. Dabei tun die Beschäftigten genau das, was die Bundesregierung – oder das, was nach der Auflösung von ihr übrig geblieben ist – und die CDU so hochpreisen: Sie arbeiten, verdienen ihr eigenes Geld, können für sich selbst sorgen. Sie widersprechen ihrer eigenen Rhetorik und machen damit nur deutlich: Im Grunde genommen ist es ihnen scheiß egal, ob Migrant:innen sich hier „integrieren“ oder nicht, sie werden trotzdem nahezu wahllos abgeschoben.

Wenn sich SPD-Politiker wie AfD-Politiker anhören

Die verantwortlichen Politiker:innen für diese Abschiebungen stammen alle aus den Reihen der SPD. In der Pressemitteilung werden neben Hubertus Heil, Nancy Faeser und Karl Lauterbach auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil genannt. Herr Weil ist Hauptverantwortlicher für Abschiebungen in seinem Bundesland. 

Die Grenzkontrollen, die seit dem Anschlag in Solingen von Innenministerin Nancy Faeser an den deutschen Grenzen zu den Nachbarländern geführt werden, verteidigt Weil. Seiner Meinung nach müsse man auch die GEAS-Reform „strikt und kompromisslos“ umsetzen – Abschiebungen müssen konsequenter umgesetzt werden. Rhetorik, die man in abgewandelter Form von der AfD kennt.

Dieser Agenda verleihen sie mit diesem und allen weiteren Abschiebefällen auch konkreten Ausdruck. Vielleicht sollte sich die SPD umbenennen in „Segregative Partei Deutschlands“ – ihrem politischen Profil nach wäre das auf alle Fälle zutreffender.

Weder SPD, noch CDU oder AfD

Kurz vor den Wahlen ist für uns klar: Die SPD hat nach jahrzehntelanger Regierungsbeteiligung als stärkste oder zweitstärkste Kraft bewiesen, dass sie keine Krisen lösen wollen, sondern immer mehr Krisen schaffen. Die AfD ist in vielen Umfragen stärker und das nicht nur im Osten. Eine sich anbahnende Großkoalition 2.0 mit CDU und SPD wird ebenso keine Lösung sein, da die CDU noch chauvinistischer ist und dieselbe Kürzungs- und Kriegspolitik vorantreiben wird wie die SPD.

Eine Politik, die Menschen in Armut treibt und weltweit Kriege mit Milliarden Euros füttert. Kriege, die Menschen zur Flucht zwingen und Staaten abhängig von Deutschland und der EU machen. Dieser Sozialabbau und die rassistische Politik gehen Hand in Hand und müssen auch Hand in Hand bekämpft werden.

Stoppt die Abschiebungen der Kolleg:innen des Pflegeheims Haus Wilstedt!

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