Petition: Für die Freiheit der Meinung, Versammlung und Wissenschaft an deutschen Universitäten

23.05.2024, Lesezeit 5 Min.
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Studentischer Block bei der Nakba-Demo in München. Foto: Marius Rabe / KGK

Studierende und Beschäftigte der Münchner Universitäten, Schüler:innen sowie Gewerkschafter:innen haben eine Unterschriftenliste für demokratische Rechte an den Unis gestartet. Wir teilen die Erklärung.

In ganz Deutschland werden Protestkundgebungen und Camps in der Solidarität mit Palästina von Univerwaltungen, Behörden und Polizei angegriffen. In München drückte sich dies unter anderem durch Einschränkungen von Kundgebungen aus, in einer Situation, in der die bayerische Staatsregierung die Universitäten militarisiert und Studierenden gar mit Ausschluss droht. Um sich dagegen zu positionieren, rufen wir dazu auf, die folgende Unterschriftenliste breit in den Studiengängen, Fachschaften und gewerkschaftlichen Strukturen zu teilen.

Hier geht es zur Petition auf change.org

Als Studierende, Schüler:innen, wissenschaftlich Beschäftigte und Gewerkschafter:innen sehen wir mit Sorge die zunehmenden Einschränkungen demokratischer Rechte an bayerischen Hochschulen. Landesregierung, Behörden und Verwaltungen der Universitäten gehen besonders gegen die Solidaritätsbewegung für Palästina vor, wie etwa gegen Kundgebungen und das Protest-Camp an der LMU, aber auch gegen jüdische Intellektuelle, die dem israelischen Staat kritisch gegenüberstehen. (u.a. Nancy Fraser, Ilan Pappé, Masha Gessen)

Gesetzesänderungen, die im aktuell unbestreitbar emotionalisierten politischen Klima verabschiedet werden, können weitreichende und teils unabsehbare Folgen haben. Vor dem Hintergrund des allgemeinen Rechtsrucks und dem Erstarken der AfD möchten wir mit unserer Unterschrift auch darauf Aufmerksam machen, dass die Repressionen der palästinasolidarischen Protestbewegung sich zukünftig auch auf andere Personengruppen und Organisationen ausweiten können. Unabhängig davon, wie wir zu den Forderungen der Protestcamps stehen, verteidigen wir ihr demokratisches Recht, Teil des öffentlichen und universitären Diskurses zu sein, solange dieser nach gültigem Recht erfolgt.

Dem Aufruf, die Demokratie in Deutschland zu schützen, schließen wir uns mit folgenden konkreten Forderungen an die Leitung der Münchener Universitäten, Schulen und Bildungseinrichtungen an:

1. Keine politisch motivierten Exmatrikulationen: Die bayerische Staatsregierung will die Möglichkeit schaffen, Studierende wegen „Extremismus“ oder „Antisemitismus“ von der Universität auszuschließen. Selbstverständlich stehen wir gegen Antisemitismus, Kritik am militärischen Vorgehen Israels ist jedoch nicht antisemitisch. Die bayerische Staatsregierung instrumentalisiert den Begriff, um unseren legitimen Protest zu diffamieren. Die Unterbindung jeglicher Diskussion führt in jedem Fall nur zu einer weiteren Härtung der Fronten. Wir lehnen den Gesetzentwurf an dieser Stelle entschieden ab.

2. Für freie Versammlungen an und in der Universität: Zuletzt wurden Versammlungen an deutschen Universitäten, unter anderem vor der Ludwig-Maximilians-Universität sowie der Freien Universität Berlin immer wieder verboten oder stark eingeschränkt. Das Versammlungsrecht musste bei stattfindenden Aktionen unter hohem juristischen Aufwand eingeklagt werden. Auch die Errichtung des Protestcamps ist bis vor das Verwaltungsgericht gegangen, obwohl keine Hinweise auf ausgehende Gefahren bestanden. Auch eine vom Konvent der Fachschaften der LMU beschlossene Austauschveranstaltung kündigte die Universitätsverwaltung die Räume. Begründet wurde dies damit, dass „allgemeinpolitische“ Diskussionen geführt werden und es zu einem „Meinungskampf“ kommen könnte. Wir sind der Ansicht, dass es die Möglichkeit geben muss, in Versammlungen an und in der Universität über alle Themen zu diskutieren und auch einen klaren Standpunkt vertreten zu können, ohne jegliche Diskriminierung. Wir stellen uns gegen das Vorgehen, studentische Initiativen, die einen Diskurs zum Ziel haben, mit administrativen oder juristischen Mitteln zu verhindern oder dies unrechtmäßig zu versuchen.

3. Keine Polizeieinsätze gegen Streikende und gewaltfreie Proteste auf Universitätsgelände: Die Leitung der LMU hat bei gewaltfrei ablaufenden Protesten zuletzt immer wieder die Polizei gerufen und teils auch die Eingänge der Hochschulgebäude durch die Polizei abschirmen lassen. Jeder polizeiliche Angriff auf gewaltfreie Proteste ist ein Angriff auf die allgemeinen demokratischen Rechte. Das repressive Vorgehen gegen die Palästina-Bewegung normalisiert diese Art der Intervention und öffnet die Tür, diese auch gegen andere soziale Bewegungen oder Streiks einzusetzen. So hat beispielsweise die Geschäftsführung der Universität Regensburg gedroht, den Streik der dortigen Service-Beschäftigten polizeilich aufzulösen. Drohungen wie diese stellen die gewerkschaftliche Organisierungsfreiheit in Frage. Wir stellen uns gegen solche Angriffe auf das Streikrecht und die gewerkschaftliche Organisierung. 

4. Keine Eingriffe in die Wissenschaftsfreiheit: Die bayerische Staatsregierung plant mit dem Kooperationsgebot die verpflichtende Zusammenarbeit der Universitäten mit der Bundeswehr zur Rüstungsforschung. Damit schreibt sie den Wissenschaftler:innen vor, was sie zu forschen haben, und dass dies im Zweifel keinen zivilen Zwecken dienen wird. Zuletzt machte sie mit dem Gender-Verbot auch sprachliche Vorschriften. Wir stellen uns gegen solche politisch motivierten Eingriffe in den Wissenschaftsbetrieb.

Mit meiner Unterschrift erkläre ich mich mit einer Veröffentlichung einverstanden, gegen politisch motivierte Exmatrikulationen, für freie Versammlungen an und in der Universität, gegen Polizeieinsätze, die sich gegen Streikende und gewaltfreie Proteste auf dem Universitätsgelände richten, sowie gegen jegliche Eingriffe in die Wissenschaftsfreiheit.

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