Peru: Nein zum Sklavengesetz für die Jugend!

02.03.2018, Lesezeit 4 Min.
Gastbeitrag

In Peru wehrt sich die Jugend gegen ein neues Arbeitsgesetz, das zu jahrelanger unbezahlter Arbeit zwingt. Am Dienstag Abend gingen in Lima erneut hunderte Auszubildende auf die Straße und verhinderten vorerst dessen Verabschiedung.

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Massenproteste gegen das neue Arbeitsgesetz. Auf dem Schild ist zu lesen: „Die Mächtigen fürchten uns, denn unsere Forderungen sind gerecht. Nein zur Sklaverei!“

In der peruanischen Hauptstadt Lima sind am vergangenem Dienstag hunderte, meist junge, Menschen in Berufsausbildung auf die Straßen gegangen. Hintergrund ist das umstrittene „Gesetz über die gestaltgebenden Arbeitsmodalitäten“. Hinter diesem komplizierten Namen verbirgt sich ein skandalöser Gesetzesentwurf, der von der Partei Fuerza Popular (FP) vorgebracht wurde. Das Gesetz sieht vor, dass junge Menschen nach ihrer Ausbildung bis zu drei Jahre ohne Entlohnung zur Arbeit gezwungen werden können. Die Gewerkschaft CUT (Einheitliche Zentrale der Arbeiter Perus) sagte gegenüber La República, dass die Unternehmen hierdurch bevorzugt werden würden, um „kostenlose Arbeitskraft zu sichern und die Jugend daran zu hindern, sich zu entwickeln“.

Bereits am vorherigen Freitag demonstrierten Tausende, wobei es unter dem Einsatz von Tränengas zu Konfrontationen mit der Polizei kam. Die Teilnehmenden, sowie sie unterstützende Journalist*innen wurden kurzerhand als „Terroristen“ bezeichnet. Den Protesten in der vergangenen Woche sind wiederum in den letzten Monaten Massenproteste vorangegangen. Diese richteten sich gegen die Begnadigung des ehemaligen peruanischen Präsidenten und Diktators Alberto Fujimori, sowie gegen die Unmöglichkeit diesen nun unter anderem wegen der menschenverachtenden Zwangssterilisierungen der 1990er Jahre zu verurteilen. Dessen Partei ist de facto die FP, die im peruanischen Parlament die stärkste Fraktion stellt – seine Tochter Keiko Fujimori gründete die Organisation und ist deren Vorsitzende.

„Es ist einfach eine Farce“ erklärt uns Sonia aus Lima, „diese Regierung ist die Regierung des internationalen Kapitals mit ihren peruanischen Lakaien. Die Begnadigung von Fujimori hat dies ein für allemal bewiesen“. Sonia ist 24 Jahre alt, studiert Soziologie und gehört einer sozialistischen Frauengruppe an der staatlichen Universität San Marcos an.

Bereits 2015 wurde vom Kongress ein Gesetzesentwurf vorgelegt, welcher die Beschneidung vieler der hart erkämpften Rechte junger Arbeiter*innen vorsah. Die Regierung, damals noch unter Ollanta Humala, ging von der Indifferenz der Jugend aus. Doch durch mehrere Großdemonstrationen mit tausenden Teilnehmenden zeigte sich die peruanische Jugend empört und kämpferisch. Das Gesetz wurde nicht verabschiedet. Das neue Gesetz sieht vor, dass in technischen Ausbildungen bis zu 448 Stunden als Teil der Ausbildung ohne Entlohnung bei Unternehmen (inkl. deren Fabriken und Büros) geleistet werden müssten.

„Dieses Gesetz versucht die mangelhafte Infrastruktur technischer Ausbildungsstätten zu entlasten, indem die Ausbildung möglichst ausgelagert wird. Zum Beispiel haben KFZ-Mechanik-Ausbildungsstätten keine Motoren an denen gelernt werden kann. Das Ziel ist es mehr Arbeitsplätze zu schaffen, ohne tatsächlich Gehälter zu bezahlen“, so Gonzalo, ein 30-jähriger Philosophiedozent und Aktivist aus Lima. Dies ist natürlich keine Antwort auf das Problem: „Anstelle von Bereitstellung von Geldern für die adäquate Einrichtung von technischen Ausbildungsstätten, wird diese nicht entlohnte Arbeit ohne Kranken- oder Rentenversicherung als Faktor zur Verbesserung der Ausbildung junger Menschen verkauft. Es gibt eine Bildungsmafia, die dafür verantwortlich ist, dass unsere staatlichen Bildungseinrichtungen so armselig eingerichtet sind. Sie stecken sich seit Jahrzehnten die Gelder einfach ein“. Interessanterweise ist die wortführende Abgeordnete von Fuerza Popular, Rosa Bartra, selber Inhaberin einer technischen Ausbildungsstätte.

Aufgrund der Legalisierung von nicht entlohnter Arbeit wird dieses Gesetz als „Sklavengesetz“ für die Jugend kritisiert. Am 21. Februar hat die Permanente Kommission des peruanischen Kongresses mit überwiegender Mehrheit (24 dafür Stimmen, 2 dagegen, 1 Enthaltung) das Gesetz durchgewinkt. Durch die Proteste der vergangenen Tage, bei denen tausende junge Menschen in der Innenstadt von Lima auf die Brutalität der Repressionsorgane trafen, soll das Gesetz jetzt nochmal debattiert werden. Für die Annahme braucht es ein Minimum von 66 Fürstimmen. Wie die Tageszeitung La República am Dienstag berichtete, haben sich inzwischen fast alle Fraktionen dafür ausgesprochen, den Entwurf zu den Akten zu legen. Junge Auszubildende rufen nach wie vor zu landesweiten Protesten auf – denn gesetzlich ist noch nichts geregelt. Nach Bezirken und Berufsschulen gegliedert haben sich Koordinierungskreise für zukünftige Proteste gebildet. Gewerkschaften, linke Gruppen und einige politische Parteien haben sich dem Bündnis-Aufruf angeschlossen. „Es wird ein heißer Sommer hier in Peru“ so Sonia.

Dieser Artikel erschien in einer früheren Version in der jungen Welt vom 01.03.2018.

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