Per Gesetz gegen Lohndiskriminierung?

28.05.2016, Lesezeit 4 Min.
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Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) plant ein „Entgeltgleichheitsgesetz“. Ist der Entwurf ein Schritt zur Lohngleichheit von Frauen und Männern oder doch nur ein PR-Gag der SPD?

Was ist der Unterschied zwischen einem Förster und einer Erzieherin? Beide arbeiten für den Staat, beide haben ein ähnliches Ausbildungsniveau. Förster verdienen allerdings einige hundert Euro im Monat mehr. Weshalb? Findet unsere Gesellschaft kleine Bäume wichtiger als kleine Menschen? Wohl kaum. Aber Förster ist ein überwiegend männlicher Beruf. Erzieher*innen sind zu 97% weiblich.

Das ist auch kein Einzelfall. Lehrer*innen in Grundschulen verdienen deutlich weniger als Lehrer*innen in Gymnasien. Auch hier gilt: je höher der Frauenanteil, desto niedriger die Bezahlung.

Familienministerin Schwesig möchte sich diesem Problem der Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern jetzt angeblich endlich annehmen. Ist ihr Gesetz eine echte Verbesserung oder handelt es sich nur darum, Frauenrechte zu einem PR-Gag der SPD zu machen?

In Deutschland verdienen Frauen im Schnitt 21 Prozent weniger als Männer – das ist selbst im europäischen Vergleich viel. So sind Berufe, in denen viele Frauen arbeiten, schlechter bezahlt, auch im Vergleich zu „männlichen“ Berufen mit vergleichbarer Ausbildung. Außerdem sind sie seltener in Führungspositionen vertreten und arbeiten öfter Teilzeit. Und selbst in den gleichen Positionen, bei vergleichbarer Ausbildung, Erfahrung, Tätigkeit und Arbeitszeit stehen Frauen noch mit fast acht Prozent weniger da.

Der Gesetzentwurf

Vor allem an diesen acht Prozent soll Schwesigs Gesetzentwurf ansetzen. Jede Beschäftigte soll erfahren dürfen, wie viel eine Gruppe von mindestens fünf männlichen Kollegen mit „gleicher oder gleichwertiger“ Arbeit im Durchschnitt verdient. Wenn ihr eigenes Gehalt darunter liegt, darf sie klagen oder sich an den Betriebsrat wenden. Das gilt nicht nur für private Unternehmen, sondern auch für den öffentlichen Dienst (außer für die Landes- und Kommunalbeamten). Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten sollen dazu noch selbst prüfen, ob sie ungerecht bezahlen. Sie müssen dann entsprechende Änderungen vornehmen und über die Ergebnisse berichten. Darüber hinaus soll in allen Stellenanzeigen verpflichtend ein Mindestgehalt angegeben werden.

Doch die Union will das nicht mitmachen und verweist auf den Koalitionsvertrag. Sie wehrt sich vor allem dagegen, dass auch Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten auskunftpflichtig sein sollen. Käme die Union damit durch, würde sich die Anzahl der vom Gesetz Betroffenen drastisch von 31 Millionen auf 6 Millionen Beschäftigte reduzieren. Schwesig gibt sich dagegen kämpferisch.

Vorzeigefeministin Schwesig?

Manuela Schwesig schwingt sich mit diesem Gesetz zur großen Vertreterin der Interessen der Frauen auf – wie sie das auch schon mit ihrer Unterschrift unter die #ausnahmslos-Kampagne getan hat. Das ist kein Wunder bei einer SPD, die in den Wähler*innenumfragen nur noch bei 20 Prozent liegt.

Aber was ist letztendlich von dem Gesetz zu erwarten? Sicher ist, dass es in der nächsten Zeit immer weiter abgeschwächt werden wird. Und auch in der jetzigen Form müssen Frauen noch große Hürden überwinden, um von den Regelungen zu profitieren. Sie müssen sich zum Beispiel erst einmal trauen, nachzufragen – und dann auch noch vor Gericht ziehen.

Denn es ist ein individualistischer Ansatz: Das Prinzip von frei zwischen einer Beschäftigten und ihrem Chef ausgehandelten Löhnen wird nicht angegriffen, gewerkschaftliche Rechte werden nicht gestärkt. Dabei herrscht die Lohnungleichheit vor allem da, wo es keine Tarifverträge gibt. Dazu kommt natürlich noch: Das Problem von Lohndiskriminierung liegt tiefer im kapitalistischen System verankert, als dass es ein paar Transparenzregelungen so richtig angreifen könnten.

Die SPD bereitet sich also auf den Wahlkampf um Frauenstimmen vor, mit Manuela Schwesig als Vorzeigefeministin. Wie wenig es sich wirklich darum handelt, die Interessen der Arbeiterinnen durchzusetzen, zeigen zwei – unter Führung der SPD – erarbeitete neue Gesetze: die Kürzung des Hartz-IV-Satzes für alleinerziehende Mütter für alle Tage, die das Kind beim Vater verbringt, und die Verfestigung von Leiharbeit und Werkverträgen, die fundamental das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ unterlaufen.

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