Paris: Student ringt nach brutaler Räumung der Tolbiac-Uni mit dem Tod [mit Video]

22.04.2018, Lesezeit 3 Min.
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Am Freitag Morgen wurde die besetzte Universität Paris 1 Tolbiac von der Polizei geräumt. Während die Polizei von einer Räumung „ohne Zwischenfälle“ redet, wurde ein junger Mann lebensgefährlich verletzt.

Kurz nach 5 Uhr morgens rückten mehr als 280 Schläger*innen der CRS-Spezialeinheit an. Ihr Ziel: Die Räumung der besetzten Tolbiac-Universität – das Herzstück der landesweiten Studierendenbewegung. Die etwa 100 Besetzer*innen, die im Schlaf überrascht wurden, mussten überhastet vor den Schlagstöcken des CRS fliehen. Ein junger Mann wurde beim Versuch, über den Zaun der Uni zu fliehen von der Polizei am Fuß gepackt, verlor das Gleichgewicht und stürzte aus drei Metern auf den Kopf.

Ein Vertreter der Studierendengewerkschaft UNEF äußerte im Interview gegenüber der Zeitung Marianne: „Er ging zum Tor bevor er es bestieg und schwer auf den Kopf fiel“. Ein anderer Student sagte: „Wir wollten ihn wiederbeleben. Er hat sich nicht bewegt. Blut kam aus seinen Ohren.“ Der Verletzte wurde auf die Intensivstation des Cochin-Krankenhauses gebracht. Weitere Zeugenaussagen von Studierenden, die bei der Räumung anwesend waren, und Bilder von der Räumung sind in dem folgenden Video auf französischer Sprache zu sehen:

 

Die Polizei behauptet derweil, die Räumung sei ohne Zwischenfälle verlaufen. Dabei hat sie mindestens drei weitere Personen so schwer verletzt, dass diese in die Notaufnahme gebracht werden mussten. Eine andere Vertreterin der UNEF-Gewerkschaft sagte, jede*r sei von der Polizei geschlagen worden. Es gäbe unzählige gebrochene Finger. Doch nicht nur die Polizei vertritt diese Version der Geschichte. Auch die offizielle Gesundheitsbehörde und Verband der Krankenhäuser von Paris (AP-HP) vertrat seitdem die Position, dass es keinerlei Schwerverletzte im Zuge der Räumung gegeben haben sollte. Diese Aussagen widersprechen sich offensichtlich mit den internen Informationsquellen, welche der Gesundheitssektion der Gewerkschaft Sud Solidaires Santé – AP-HP, zur Verfügung stehen. So sei einer der Schwerverletzten von der Räumung von der Gehirnchirurgie abgelehnt, dann aber auf eine andere Station verlegt worden. In einer offiziellen Pressemitteilung vom gestrigen Samstag fordert die Gewerkschaft die Behörden auf, Licht ins Dunkel dieser Vorgänge zu bringen.

Mit der Räumung, die von Georges Haddad, dem Präsidenten der Univeristät, angeordnet worden war, versucht die Regierung, die Studierendenbewegung gewaltsam einzudämmen. Seit Dezember 2017 gehen Hundertausende auf die Straße und besetzen ihre Hörsäle. Damit protestieren sie gegen eine geplante Reform, die den Hochschulzugang beschränken will. Der Vorwurf ist, dass so insbesondere Menschen aus ärmeren Schichten von höherer Bildung ausgeschlossen werden.

Die Protestwelle fällt mit Streiks der Eisenbahner*innen zusammen. Auch hier ist der Auslöser eine geplante Reform, die die französische Eisenbahn SNCF zum Teil privatisieren soll. Zudem gibt es auch Arbeitskämpfe im öffentlichen Dienst, bei Müllarbeiter*innen, Carrefour- und Air France-Beschäftigten.

Trotz der Räumung der Tolbiac-Universität und des brutalen Vorgehens der Polizei, haben die Studierenden angekündigt, mit ihrem Protest weitermachen zu wollen. In der Verbindung mit den Arbeitskämpfen kann Frankreich ein heißer Frühling bevorstehen.

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