Paris: Mehr als 500 Menschen demonstrieren trotz Ausnahmezustand für Geflüchtete

23.11.2015, Lesezeit 4 Min.
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Trotz des Verbots durch die Polizei fand gestern auf dem Pariser Place de la Bastille eine Kundgebung in Solidarität mit Geflüchteten und für die Öffnung der Grenzen statt. Die Demonstrant*innen protestierten auch gegen die Politik der Regierung seit dem Attentat am 13. November, gegen den Krieg in Syrien und gegen den Ausnahmezustand.

Mehr als 500 Menschen brachen mit der Kundgebung vor der Bastille-Oper den Ausnahmezustand, um ihre Stimme gegen die repressive und fremdenfeindliche Politik der Regierung zu erheben, die sich gegen Migrant*innen richtet. Die Demonstrierenden versammelten sich hinter einem Transparent, auf dem stand: „Gegen den Krieg! Unsere Einheit ist international! Solidarität mit den Geflüchteten!“. An der Versammlung nahmen Aktivist*innen der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) und der Solidaritätsbewegung mit Migrant*innen und Papierlose teil, ebenso wie Aktivist*innen der Gruppen Ensemble, Sud Education, der Jüdisch-Französischen Union für den Frieden, der Koordinierung der Papierlosen in Paris, sowie die Kommunistische Arbeiterpartei Frankreichs (PCOF), Recht auf Wohnung (DAL), die Koordination Anarchistischer Gruppen und sogar der Gewerkschaftsbund CGT. Aktivist*innen von Solidaires Etudiant-e-s trugen Plakate mit der Aufschrift „Öffnung der Grenzen! Aufhebung des Ausnahmezustands!“

Die Demonstrant*innen riefen Sprechchöre wie „Im Norden schieben sie ab, im Süden bombardieren sie, wir haben diese Welt satt!“, „Daesh und Assad, Hollande und Obama: Mörder des syrischen Volkes!“ oder auch „Unser Ausnahmezustand ist der Widerstand, gegen Entlassungen und gegen die Bosse!“. Die Polizei „tolerierte“ die Kundgebung bis 16:30 Uhr. Wie es ein Aktivist auf dem Platz sagte: „Man müsste ihnen antworten, dass wir es sind, die sie ,tolerieren’“. Denn wie kann man auch nur eine Minute glauben, dass die Kundgebung wegen eines Atttentatsrisikos verboten wurde, während die Shoppingcenter, Bahnhöfe und Kinos offen bleiben? Weit davon entfernt, für unsere Sicherheit da zu sein, wollten die Spezialeinheiten der Polizei, die unsere Kundgebung umstellten, nur eine Sache: jede Bewegung zum Schweigen bringen und unsichtbar machen, die auf die kriegerische, xenophobe und antidemokratische Politik der Regierung antwortet.

„Ausnahmezustand = Polizeistaat! Ihr werdet uns unser Demonstrationsrecht nicht nehmen!“

Nach einer Stunde Kundgebung begann ein Teil der Anwesenden unter dem Ruf „So, so, Solidarität mit den Geflüchteten!“ auf der ursprünglich für die Demonstration vorgesehenen Route in Richtung Platz der Republik zu marschieren. Sehr schnell folgte ihnen die Polizei. Und ohne zu zögern zog sie ihre Schlagstöcke. Dennoch konnte der Block seine Route bis zum Platz der Republik fortsetzen, ohne dass es zu Verhaftungen kam. Zog sich die Polizei zurück und ließ die Versammlung und die kleine Demonstration gewähren, weil der Parlamentsabgeordnete Noël Mamère und andere Abgeordnete, die sich geweigert hatten, dem Ausnahmezustand zuzustimmen, die Kundgebung unterstützten? Fürchtet die Regierung, dass die Unterstützung für ihre Politik nach der Repression von Demonstrant*innen bröckeln würde?

Wie dem auch sei: Der Erfolg dieser kleinen Auseinandersetzung auf der Straße – die erste in Paris nach dem Beginn des Ausnahmezustands – beweist, dass es möglich und notwendig ist, den antidemokratischen Angriffen zu widerstehen. Das darf nur der Beginn sein, der erste Schritt in Richtung einer breiteren Bewegung gegen das Schweigen, welches die Regierung uns aufdrücken will, und gegen den Krieg, den sie in unserem Namen führt. Neben weiteren Demonstrationen kann ein Ansatzpunkt das nächste Treffen der NPA am 24. November sein. Die NPA öffnet zu diesem Anlass ihr Mikro für zwei weitere Organisationen, Lutte Ouvrière und Alternative Libertaire. Sie will so – vorerst im Kleinen – die Umgruppierung all jener anstoßen, die diesen permanenten Kriegszustand ablehnen, den die Regierung gegen all unsere Genoss*innen in Frankreich und anderswo lancieren will.

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