Notstand in Krankenhäusern: Profitinteresse der Reichen bedroht die öffentliche Gesundheit

16.11.2020, Lesezeit 5 Min.
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Foto: theskaman306 /Shutterstock.com

In diesen Tagen überschlagen sich die Warnsignale – das Gesundheitssystem der Bundesrepublik scheint an die Grenzen seiner Kapazitäten zu kommen. Pflegekräfte müssen aufgrund des Personalmangels trotz positiver Testergebnisse weiterarbeiten. Verschiebbare Operationen werden nicht verschoben, weil die Kliniken für die Finanzierung durch die Fallpauschalen angewiesen sind.

In Berlin-Lichtenberg wurde jüngst ein Pflegeheim evakuiert, unter anderem weil die Pflegekräfte über eine Zeitarbeitsfirma beschäftigt, eine hohe Fluktuation herrschte und der Pflegeschlüssel nicht eingehalten wurde. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn formuliert mittlerweile offen, dass positiv auf Covid-19 getestetes Klinik- und Pflegepersonal trotz Diagnose weiterarbeiten soll – als Konsequenz des seit Jahren bestehenden Personalmangels.

Rechtfertigend wird dabei angefügt, dass davon nur symptomfreie Arbeiter:innen betroffen wären. Die psychische Belastung, die ein positives Testergebnis mit sich bringt, wird dabei galant verschwiegen – von jedweder Form einer Entschädigung der betroffenen Arbeiter:innen fällt kein Wort.

Dabei ist der in der ersten Welle versprochene Pflegebonus längst nicht bei allen Pflegekräften angekommen. Während die in den Gesundheitsämtern eingesetzten Bundeswehrsoldat:innen mit zusätzlichen 600 Euro belohnt werden, ist sogar das Klatschen für Angehörige der Care-Berufsstände verstummt. Zwar ist von einer diffusen Verbesserung der Bedingungen in der Pflege die Rede. Aber anscheinend ist diese Verbesserung nicht so dringend wie der erwähnte Bundeswehr-Bonus oder die neuen Beihilfen für Selbstständige.

Dieser Personalmangel wird stets als mehr oder weniger zufälliger Umstand porträtiert – dabei ist er im Fallpauschalensystem quasi eingerechnet. Eben dieses Fallpauschalensystem dient den privat betriebenen Kliniken gegenwärtig als Argument, aufschiebbare Operationen nicht zu verlegen und nicht genügend Betten auf Intensivstationen frei zu halten.

In einer Pressemitteilung fordern sie von der Bundesregierung eine Gegenfinanzierung für das Verschieben nicht lebensnotwendiger Operationen. Im Klartext: Wir, als mehrheitlich aus Arbeiter:innen bestehende Gesellschaft, sollen den Klinikbossen die Profite ersetzen. Soll das etwa der Zusammenhalt sein, den Kanzlerin Merkel in ihren Reden immer wieder zu beschwören versucht?

Was tun gegen den Notstand in Krankenhäusern?

Nur eine Antwort passt zu dieser dreisten Forderung: Sofortige Abschaffung des Fallpauschalensystems und die sofortige Verstaatlichung aller Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen – selbstverständlich unter Kontrolle der Beschäftigten! Sie sind es, die in dieser Krise die Verantwortung übernehmen – und sie sind es auch, die wissen was zu tun ist.

Die Linkspartei und Teile der SPD fordern in ihren Wahlkampagnen oder Erklärungen die Überführung der Pflegeeinrichtungen in Gemeineigentum und versuchen so Stimmen für die kommende Bundestagswahl zu sammeln. Die Linkspartei fordert zudem auch die Abschaffung des Fallpauschalensystems. Aber sie sind auch diejenigen, die in Regierungsbeteiligungen wie in Berlin Privatisierungen durch Outsourcing von Teilen der Krankenhäuser weiterführt und nichts effektives gegen den Personalmangel unternehmen, der während der Pandemie die öffentliche Gesundheit bedroht. Sie sind auch heute diejenigen, die Milliarden Hilfen an Großaktionäre von Lufthansa und weitere Betriebe akzeptieren, die dann trotzdem tausende Beschäftigte entlassen.

Der Punkt ist, dass die Abschaffung der Fallpauschalen, sowie die Verstaatlichung der Krankenhäuser einen Angriff auf die Profitinteressen der Kapitalist:innen und Reichen bedeuten würde. Diese können nicht durch eine Beteiligung der Linkspartei an einer Bundesregierung oder an Landesregierungen erkämpft werden, da Regierungen stets Kompromisse mit der Kapitalseite machen müssen.

Als Gesundheitsarbeiter:innen können wir nicht an die Wahlsprechen dieser Parteien glauben, die an der Regierung weitere Angriffe auf die öffentliche Daseinsvorsorge durchführen werden, um die Kosten der Krise auf die arbeitenden Bevölkerung zu wälzen. Ihre Perspektive ist, dass wir alle vier Jahre das sogenannte kleinere Übel wählen und auf das Beste hoffen.

Den Regierungsparteien helfen dabei auch die Spitzen unserer Gewerkschaften. Diese beschränken ihre Forderungen auf Lohnerhöhungen, die an der Grenze der Inflation liegen – wie das Ergebnis der TVöD-Verhandlungen zeigt, das ohne einen Erzwingungsstreik und ohne Ausschöpfung des Streikpotenzials abgeschlossen wurde. Ja, die Pflege braucht mehr Lohn, aber das sind keine Maßnahmen, um gegen den Personalmangel und die Profitinteressen im Gesundheitssektor vorzugehen.

Wir brauchen Mobilisierungen, Aktionen und Streiks der Gewerkschaften gegen den Notstand in den Krankenhäusern, für die Abschaffung des gesundheitsfeindlichen Fallpauschalensystems, für die Vergesellschaftung aller Gesundheitseinrichtungen unter der Kontrolle der Beschäftigten, sowie massive Investitionen in die Pflege gegen den Personalmangel, die durch Enteignungen oder Besteuerung der Reichen und der Großaktionäre finanziert werden.

Gegen die Fallpauschalen und für ein Gesundheitsystem ohne Profite!

Die Profitinteressen im Gesundheitssystem sind sowohl für uns Beschäftigte, als auch für die öffentliche Gesundheit eine Gefahr. Wir organisieren uns als Arbeiter:innen Branchen- und Gewerkschaftsübergreifend im KGK-AKUT-Netzwerk für einen Kampfplan gegen die Krise. Wir brauchen branchenübergreifende Mobilisierungen, Aktionen und Massenstreiks der Arbeiter:innen und der Jugend, damit die Kapitalist:innen für die Krise bezahlen, die sie verursacht haben und die ihre Taschen voll haben.

Du bist Pflegekraft, Krankenhausbeschäftigte:r oder arbeitest im Gesundheitssektor? Wenn du gegen die Krise kämpfen und mit uns diskutieren willst, nimm Kontakt mit uns auf.

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