#NotMyReform – Demokratische Hochschulen statt Profitzwang in der Wissenschaft

13.01.2021, Lesezeit 4 Min.
Gastbeitrag

Das "Münchner Komitee gegen die Hochschulreform" ruft zur Organisierung von Vollversammlungen in ganz Bayern auf, um sich gegen die geplante Hochschulreform zu organisieren. Wir spiegeln den Aufruf.

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Jacob Lund / Shutterstock.com

Der Anlass: drastische Hochschulreform

Nach zwei oder sogar mehr Online-Semestern werden wir endlich an die Hochschulen zurückkehren können. Doch wie sehr werden sich Hochschulen nach Corona von denen vor Corona unterscheiden? Geht es nach der Bayerischen Staatsregierung, werden die neuen Unis, Fachhochschulen und Akademien maßgeblich vom geplanten Hochschulinnovationsgesetz geprägt sein. Am 20. Oktober veröffentlichte sie das Eckpunktepapier der umfassendsten und tiefgreifendsten Änderung des Hochschulrechts des letzten Jahrzehnts, welches schon in wenigen Monaten umgesetzt werden soll.

Das erwartet uns: ein “deutschlandweit einmaliger Systemwandel”1

  • “Verschlankung”2: Machtkonzentration bei Hochschulrat und Präsidium, Schwächung der Studierenden, Lehrpersonen, Mitarbeitenden
  • Profitorientierung und “Deregulierung”3 an der “unternehmerischen Hochschule”4: Bewertung und Finanzierung der Lehre nach wirtschaftlicher Verwertbarkeit5
  • Diskriminierung/Ungleichbehandlung: mögliche Studiengebühren für Nicht-EU-Studierende6
  • u.v.m.

Dabei macht nicht zuletzt Corona deutlich: staatliche Aufgaben dürfen nicht Profit und unternehmerischem Ehrgeiz unterworfen werden! Hochschulen sollen Orte unabhängiger Erkenntnis sein, sie sollen sich nicht wie Unternehmen verhalten müssen! Dazu kommt, dass Studierende, Lehrpersonen und Mitarbeitende der Hochschulen aufgrund der Corona-bedingten Einschränkungen momentan noch weniger und bescheidenere Möglichkeiten haben, sich Gehör zu verschaffen.

Status Quo: Symbolische Mitbestimmung statt Demokratie

Um die Demokratie an den bayerischen Hochschulen steht es seit der Abschaffung der Verfassten Studierendenschaft eh schon schlecht7, bestehende Gremien haben eher symbolische Wirkung, da sie vom guten Willen der Hochschulleitungen abhängig sind. Eine Abstimmung im Mittelbau (wissenschaftliche Mitarbeitende “unterhalb” der Professor:innen) der LMU München im Dezember 2020 hat gezeigt, dass eine deutliche Mehrheit die geplante Reform ablehnt (61 Prozent) und nur 7 Prozent sie befürworten. Dieses Beispiel zeigt, dass es Vielen an den Hochschulen nicht reicht, wie von Studierendenvertretungen bisher gefordert, das Hochschulinnovationsgesetz abzumildern und vermeintlich bewährte Strukturen nur geringfügig zu ändern.8

Was wir wollen: Von symbolischer zu tatsächlicher Mitbestimmung

Es braucht endlich echte Mitbestimmung, wie von der Bayerischen Verfassung gefordert. Das Hochschulinnovationsgesetz bedeutet eine Reform in die gegenteilige Richtung. Deswegen muss die Hochschulreform muss nicht nur abgemildert, sondern gestoppt werden! Lasst uns darüber reden, wie wir diese Reform aufhalten können, denn wir brauchen mehr Demokratie an unseren Hochschulen und nicht noch weniger! Lasst uns zusammen diskutieren, dabei keine Stimme ignorieren und auf Augenhöhe sprechen! Es braucht ein Forum, das an der Basis ansetzt, um zu beschließen, wie alle an den Hochschulen Beteiligten sich eine demokratische Hochschule vorstellen und wie diese Vorstellungen umgesetzt werden können.

Deshalb brauchen wir eine Vollversammlung zur bayerischen Hochschulreform!

Bei einer Vollversammlung – wie sie in unterschiedlichen Formen deutschlandweit außer in Bayern existiert – sind alle Studierenden und Beschäftigten aufgerufen, sich an Entscheidungen per Diskussion und anschließender Abstimmung zu beteiligen.

Alle sind betroffen, alle sind gefragt!

Gemeint seid ihr: Studierende aller Fachrichtungen, Fachschaftsmitglieder, die Studierendenvertretungen und Hochschulgruppen, wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Mitarbeitende der Hochschulen, Parteijugend-Organisationen, Gewerkschaften, Initiativen und alle, die sich ein gute Hochschule wünschen.

Kontaktiert uns, schreibt uns, was ihr zur Hochschulreform denkt und organisiert gemeinsam mit uns eine digitale Vollversammlung!

Schreibt uns an: muc-komitee@outlook.de

Münchner Komitee gegen die Hochschulreform, Januar 2021
Wir sind ein Zusammenschluss von Studierenden und Mitarbeitenden verschiedener Hochschulen und verschiedener Fachrichtungen.

Hier kann der Aufruf als PDF heruntergeladen werden.

Fußnoten

1. Bayerische Staatsregierung: Bericht aus der Kabinettssitzung vom 20.10.2020.
2. Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst: Hochschulreform.
3. ebd.
4. Aussage des Präsidenten der TU Ingolstadt, es müsse “unternehmerische Hochschulen” geben; von LMU-Präsident Prof. Huber am Mi, 09.12.2020 in der Frage-Antwort-Veranstaltung so bezeichnet.
5. vgl. S. 8, Eckpunktepapier zum Hochschulinnovationsgesetz.
6. vgl. ebd., S. 6.
7. vgl. https://www.stuve.uni-muenchen.de/unsere_inhalte/verfasste/index.html
8. vgl. https://hochschulvision.bayern/

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