Non-Citizens: Die Süddeutsche Zeitung bläst ins Horn des Rechtspopulismus
Die Süddeutsche Zeitung behauptet: „Der Protest von Flüchtlingen in München ist falsch“. Damit bedient sie Ressentiments, die dem Non-Citizens-Protest die Legitimität absprechen.
Der Twitter-Nutzer Steffen L. packt aus:
Das kann doch echt nicht wahr sein, dass Menschen tatsächlich ihr demokratisches Recht der Versammlungsfreiheit wahrnehmen. Vor allem wenn es People of Color sind. Dieser Eindruck ergibt sich, wenn man die Kommentarspalten zum Protestcamp der Non-Citizens am Sendlinger Tor liest. Dieser Eindruck ergibt sich auch, wenn man sich vor Ort zehn Minuten von vorbeigelaufenen Meckerdeutschen bequatschen lässt.
Die Selbstermächtigung der Non-Citizens
Dass der Rassismus immer ekligere Dimensionen erreicht, ist soweit nichts Neues. Etwas pikant an Steffens Twitter-Weisheit ist dann doch: Er hat nur seine Zustimmung zu einem Artikel von Nina Bovensiepen gegeben, der eine Woche nach Beginn des Protestcamps in der Süddeutschen Zeitung abgedruckt wurde. Die Autorin behauptet, dass „die ganze Aktion in diesem Jahr deplatziert wirkt.“ Vor ein oder zwei Jahren mit den Hungerstreiks sei das noch anders gewesen, als die öffentliche Aufmerksamkeit noch nicht auf das Thema kam. Aber mittlerweile gab es ja die Willkommenskultur und die gröbste Chose scheint für Frau Bovensiepen damit durchgestanden. Sie will nicht, dass die Non-Citizens mit ihrem Protest ein Thema wieder aufwärmen, dessen die Leute durch seine „Dauerpräsenz überdrüssig“ sind. Mit dem Überdruss spricht sie für sich selbst.
Doch die Non Citizens haben Recht darin, überdrüssig zu sein. Ihr Protest richtet sich gegen die Einsperrung in Lagern, die gesellschaftliche Isolation und Abschiebungen. Es ist ein Schritt der Selbstermächtigung: Die Non-Citizens zeigen, dass sie sich nicht auf die Hilfe eines Staates verlassen, der ihnen vielleicht mal einen Sprachkurs spendiert, ihnen gleichzeitig aber sämtliche Rechte raubt. Sie zeigen, dass sie sich nicht auf die Güte einer Nina Bovensiepen verlassen, die ihnen je nach gesellschaftlicher Stimmung mal mehr oder weniger Sympathie entgegenbringt. Sie sind die Subjekte ihres Kampfes um ein besseres Leben.
Die Ignoranz von Parteien und liberaler Journaille
Ihre ungewisse Situation zwingt sie zu radikalen Methoden, wobei auch ein Hungerstreik nicht ausgeschlossen ist. Es ist gewiss eine riskante Protestform, sowohl für das körperliche Wohlbefinden, als auch als politisches Signal. Doch die Non-Citizens haben mit zwei Wochen Protest und dem Schlafen unter freiem Himmel gezeigt, dass ein Hungerstreik nicht ihre bevorzugte Option ist. Sie haben vielfältige Mittel gewählt um Unterstützung für ihren Protest zu organisieren. Ihre Demonstrationen wuchsen von mal zu mal, zuletzt auf über 200 Teilnehmende. Ihr leben im Camp organisieren sie selbstständig, mit Kochen, Plena und Festen. Zudem schickten sie eine Delegation zur Anti-TTIP-Demonstration, bei der sie eine Rede hielten.
Dennoch werden sie von den Parteien und der Stadtregierung weitgehend ignoriert. Die SZ-Autorin erkennt richtig, dass die „Forderung nach einem ‚Bleiberecht für alle‘ auch in München nicht erfüllt werden wird“. Einer der Gründe hierfür ist, dass manche Schreiberlinge – selbst von liberalen Blättern – dem Protest seine Legitimation absprechen und damit den Stammtischrassist*innen Vorschub leisten. Nina Bovensiepen geht davon aus, dass das Protestcamp „eher negative Ressentiments bestärken“ kann. Es ist aber ihr Artikel gewesen, der einen Twitter-Troll wie Steffen L. in seinen Ansichten bestärkt.