Artikel über den Bundesparteitag der LINKEN bekam viele Kommentare, vor allem von Mitgliedern dieser Partei (und von Mitgliedern trotzkistischer Strömungen, die in der Linkspartei arbeiten). Ist es fair, die Linkspartei als "sozialchaunvistisch" zu bezeichnen? Wir sammeln hier die wichtigsten Fragen und Antworten." /> Artikel über den Bundesparteitag der LINKEN bekam viele Kommentare, vor allem von Mitgliedern dieser Partei (und von Mitgliedern trotzkistischer Strömungen, die in der Linkspartei arbeiten). Ist es fair, die Linkspartei als "sozialchaunvistisch" zu bezeichnen? Wir sammeln hier die wichtigsten Fragen und Antworten." /> Nochmal zur Linkspartei: Fragen und Antworten zum Sozialchauvinismus

Nochmal zur Linkspartei: Fragen und Antworten zum Sozialchauvinismus

01.07.2016, Lesezeit 5 Min.
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Unser Artikel über den Bundesparteitag der LINKEN bekam viele Kommentare, vor allem von Mitgliedern dieser Partei (und von Mitgliedern trotzkistischer Strömungen, die in der Linkspartei arbeiten). Ist es fair, die Linkspartei als "sozialchaunvistisch" zu bezeichnen? Wir sammeln hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Ihr bezeichnet die ganze Partei als „sozialchauvinistisch“. Und ja, manche Landesverbände tragen die Verantwortung für Abschiebungen und Privatisierungen. Aber es gibt genug Mitglieder, die gegen diese Politik sind.

Auf der Demonstration am 8. März in Berlin sind wir gezielt auf die Jusos und die Grüne Jugend zugegangen. Mit Hartz IV, Afghanistankrieg und Asylgesetzverschärfungen haben ihre Parteien Millionen Frauen ins Elend gestürzt und gar ermordet. Schämten sie sich nicht ein bisschen dafür, nun Fahnen der Frauenbewegung zu schwenken?

Nein, meinten die jungen Funktionär*innen, denn sie wären selbst gegen die reaktionäre Politik ihrer Parteien. Sie hätten intern konsequenten Widerstand dagegen geleistet.

Also ist es vor diesem Hintergrund fair, die SPD und die Grünen als Parteien von Hartz IV und Afghanistankrieg zu bezeichnen? Obwohl beide Parteien Mitglieder haben, die mit dieser Politik nicht einverstanden sind? Wir glauben schon.

Ihr habt geschrieben: Alle Flügel der Linkspartei „sind sich einig, dass sie mit SPD und Grünen an die Regierung wollen“. Aber was ist mit den antikapitalistischen Kräften in dieser Partei – z.B. die SAV – die Regierungsbeteiligung ablehnen?

Wir haben von drei „Flügeln“ gesprochen, die um die Ausrichtung der Partei ringen. Damit tragen wir der Tatsache Rechnung, dass die „linke“ Wagenknecht das demokratische Recht auf Asyl ein „Gastrecht“ nennt, während die „rechte“ Wawzyniak „offene Grenzen“ fordert. Der komische Vogel Namens „Linkspartei“ hat nun mal drei rechte Flügel und alle drei bestehen aus Regierungssozialist*innen.

Uns ist klar, dass es neben diesen drei Flügeln noch zahlreiche Strömungen und Gruppierungen gibt – ausdrücklich haben wir in unserem Artikel auch die SAV erwähnt. Wenn wir sie nicht als „Flügel“ bezeichnen, dann nur deswegen, weil sie keine tragende Rolle für die Ausrichtung der Partei spielen.

Aber wenn antikapitalistische Kräfte keinen Einfluss haben, wie konnte Lucy Redler von der SAV und auch Thies Gleiss von der AKL in den Parteivorstand gewählt werden?

Die SAV arbeitet seit zehn Jahren in der Linkspartei. Das sind sicherlich mehr als 100 Berufsrevolutionär*innen in einer Partei, die kaum über eine aktive Basis verfügt. Dass dieser Einsatz nun damit belohnt wird, dass die SAV einen der 44 Sitze im Parteivorstand hat, ist ein ganz guter Beleg dafür, wie wenig Einfluss sie auf die Ausrichtung der Partei haben, glauben wir.

„Sozialchauvinismus“ bedeutet sozial in Worten und chauvinistisch in Taten. Doch die Widersprüche in der Linkspartei sind nicht nur zwischen „Worten“ und „Taten“, sondern zwischen „Taten“ und „Taten“. Denn Mitglieder (auch Promis) der Linkspartei blockieren Nazis, verhindern Abschiebungen, demonstrieren für Bleiberecht usw. Und gleichzeitig gibt es andere Mitglieder, die in Regierungsverantwortung Abschiebungen durchführen.

Die Widersprüche zwischen „Taten“ und „Taten“ der Linkspartei sind empirisch nicht zu leugnen: Während ein Ministerpräsident von der Linkspartei jeden Tag Menschen abschiebt, gibt es auch nicht wenige Mitglieder der Linkspartei, die gegen Abschiebungen protestieren.

Lässt sich dann irgendeine Aussage über die Linkspartei treffen, außer dass sie eben widersprüchlich ist? Diese zwei Bestandteile der Linkspartei sind nicht gleichwertig: Denn wer gehört zur Abschiebe-Fraktion? (Also die Fraktion, die Abschiebungen akzeptiert, wenn sie dafür an die Regierung kommt.) Die komplette Führung, alle öffentliche Figuren, die Bundestagsfraktion, der Apparat usw. Und wer gehört zur Fraktion, die konsequent Abschiebungen ablehnt, auch wenn das den Koalitionsfrieden gefährdet? Das ist nur ein Teil der (kleinen) aktiven Basis. Ein endogener linker Flügel ist kaum zu erkennen.

Wenn man diese beiden Bestandteile der Linkspartei im Verhältnis zueinander betrachtet, dann lässt sich sagen, dass die Linkspartei eine sozialchauvinistische Partei mit gewissen Widersprüchen ist. Genauso wie die SPD eine neoliberale Partei mit gewissen Widersprüchen ist; wie die Grünen eine kriegstreibende Partei mit gewissen Widersprüchen sind.

Wir halten rein gar nichts von der Analyse, dass wir bei der Linkspartei mit „zwei Parteien“ oder ähnlichem zu tun haben. Es ist eine Partei, die eine Politik umsetzt, auch wenn Teile der Basis nicht enthusiastisch dahinter stehen – eher die Regel als die Ausnahme bei bürgerlichen Arbeiter*innenparteien.

Ihr schreibt: „Revolutionär-marxistische Positionen sind in dieser Partei nicht zu finden.“ Wie dreist ist das denn? Eure Kleinstgruppe soll die einzige marxistische Wahrheit besitzen?

Wir haben nie behauptet, dass es Marxist*innen nicht in der Linkspartei, sondern nur bei uns gäbe. Das wäre auch absurd. Aber was ist die marxistische Position zum Staat? Lenin fasste es so zusammen: „Zerschlagen, Zerbrechen, Sprengen.“

Ist diese Position in der Linkspartei vorhanden? Taucht sie in den Anträgen zum Bundesparteitag auf? Das ist uns zumindest nicht aufgefallen. Selbst jene Kräfte, die Rot-Rot-Grün kritisch bis ablehnend gegenüberstehen, bleiben weit hinter einer marxistischen Position zurück. Da es keinen authentischen linksreformistischen „Flügel“ in dieser Partei gibt, müssen Revolutionär*innen diesen simulieren.

Also ihr wollt einfach in eurer Sekte bleiben?

Immer wieder sind wir an gemeinsamen Aktionen mit allen Teilen der Linkspartei beteiligt. Einen Kampf von Revolutionär*innen innerhalb der Linkspartei würden wir auch unterstützen.

Aber eine scharfe Abgrenzung von den „linken“ Regierungssozialist*innen in dieser Partei ist unserer Meinung nach unverzichtbar. Denn wir wollen diese Partei nicht nach links drängen. Wir wollen eine komplett andere Partei aufbauen. Und wir haben nicht den Eindruck, dass Gruppen mit revolutionärem Selbstverständnis in dieser Partei dieses Ziel teilen.

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