Nimmt die Berliner SPD Schulkindern das Essen weg?

15.07.2024, Lesezeit 3 Min.
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Foto: hika-j / shutterstock.com

Die Spitze des Landesverbandes streitet: Soll das Schulessen selbst bezahlt, im Kulturbereich gekürzt oder Parken teurer werden? Über eine unnötige Diskussion.

Nicola Böcker-Giannini und Martin Hikel, die Vorsitzenden der SPD Berlin, sprachen sich am Freitag dafür aus, dem kostenlosen Schulessen ein Ende zu setzen. So könne das drei Milliarden Euro große Haushaltsloch gestopft werden. Nur den Kindern, deren Eltern Bürgergeld, Sozialhilfe oder Wohngeld beziehen, soll das Essen weiterhin gezahlt werden.

Die CDU rühmt sich damit, die weitere Finanzierung des Schulessens zuerst infrage gestellt zu haben. SPD-Fraktionschef Raed Saleh zufolge würde die Maßnahme jedoch „die hart arbeitende Bevölkerung treffen“, was stimmt.

Eine alleinerziehende, gelernte Pflegekraft (36) hätte mit Kindergeld knapp über 2.075 Euro brutto im Monat zur Verfügung. Eine 80 Quadratmeter große Drei-Zimmer-Wohnung kostet in dieser Stadt fast 1.500 Euro warm – übrig bleiben 600 Euro zum Leben. Ob man fast 90 Euro pro Monat für das Schulessen entbehren kann, ist fraglich. Das Statistische Bundesamt sagt: 110 Euro geben Eltern im Durchschnitt für Essen für ihr Kind aus, 94 für Freizeit beziehungsweise Kultur, 51 für Bekleidung, 36 für die Bahn, 138 Euro für Sonstiges. Macht 430 Euro. Übrig bleiben 170 Euro für die Mutter – die Untergrenze der geschätzten monatlichen Lebensmittelausgaben.

Aus diesem Grund möchte Saleh lieber das Parken verteuern. Tatsächlich geht es Saleh eigentlich um Dauerparker:innen, die für 20,40 Euro zwei Jahre lang ihr Auto ungenutzt vor der Tür stehen lassen. Das ist möglich durch das sogenannte Anwohnerparken. Das bedeutet, das eigene Auto im eigenen Kiez „das ganze Jahr über parken“ zu können, ohne dafür einen Parkschein ziehen zu müssen. Das spart vielen Berliner:innen tagtäglich Zeit und Mühe bei der lästigen Parkplatzsuche.

Salehs Argumentation geht deshalb nicht auf: Den Preis des Bewohnerparkausweises anzuheben, würde auch die hart arbeitende Bevölkerung treffen. Sie kann nichts dafür, dass dieser von einigen wenigen zweckentfremdet wird.

So kontrovers sollten die Beratungen über die Sommerpause jedoch nicht werden. Denn auch Böcker-Giannini und Hikel tun so, als müsse auf jeden Fall gekürzt werden. Ihrer Meinung nach dürfe es dabei auch „keine Denkverbote“ geben. So sei es Hikel zufolge auch „eine Möglichkeit“, die Sanierung der Komischen Oper auszusetzen.

Den Reichen nehmen, den Armen geben

Hier werden unnötigerweise arbeitende Eltern und ihre Kinder, Autofahrer:innen sowie Operngänger:innen und -sänger:innen gegeneinander ausgespielt. Unnötig, weil für sie alle Geld da wäre.

Der Berliner Senat muss nur aufhören, das Vermögen derer zu schützen, die davon viel zu viel haben – die nicht wissen, wohin mit ihrem Geld und es deshalb in Aktien, Immobilien und Investmentfonds stecken.

Statt die Superreichen weiterhin Null Euro in die Steuerkassen einzahlen zu lassen, braucht es endlich eine Vermögenssteuer. Hikel ist Bezirksbürgermeister von Neukölln – einem Bezirk, in dem erwiesenermaßen fast die Hälfte der Kinder in Armut leben. Gerade er sollte sich dafür einsetzen, den Reichen zu nehmen und den Armen zu geben.

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