Neue Eskalationsstufe im Handelskrieg der USA gegen China

19.09.2018, Lesezeit 6 Min.
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Der Handelskrieg zwischen den USA und China erreicht eine neue Eskalationsstufe, nachdem Donald Trump gestern Strafzölle auf chinesische Produkte im Wert von 200 Milliarden US-Dollar angekündigt hatte.

Am Dienstag gab US-Präsident Donald Trump bekannt, erneut Strafzölle gegen Importe aus China auszuweiten. Produkte im Wert von 200 Milliarden Dollar sollen mit 10% besteuert werden. China reagierte unmittelbar, aber vergleichsweise moderat, mit Importzöllen in Höhe von 5 bis 10% auf US-Waren im Wert von 60 Milliarden.

Des Weiteren drohte Trump mit einer weiteren Eskalation. Sollte China keine Schritte unternehmen, um das US-Handelsdefizit mit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt auszugleichen, würden die Zölle im kommenden Jahr von 10% auf 25% steigen. Er sprach auch von einem weiteren Schritt, weitere Warengruppen im Wert von 267 Milliarden US-Dollar mit Strafzöllen zu belegen. Damit würden alle chinesischen Importe mit Strafzöllen belegt sein.

Ursprünglich wurde spekuliert, dass die USA nun Strafzölle in Höhe von 25% erheben würde. Dass sie mit nur 10% deutlich geringer ausfielen, dürfte die Erklärung für den Sprung an den Börsen in der Wall Street und Hongkong sein. Der Dow-Jones legte um 0,72% zu, während der seit Monaten auf Talfahrt befindende Hang Seng Index um 1,19% in die Höhe stieg.

Dies sollte jedoch nicht über die fatalen wirtschaftlichen Auswirkungen des Handelskrieges für die Weltwirtschaft hinwegtäuschen, welcher in Kombination mit anderen Faktoren wie dem Iran-Konflikt, dem US-Handelsstreit mit Deutschland und Frankreich, und den Währungskrisen in einer Reihe halbkolonialer Länder durchaus das Potential hat, eine neue Weltwirtschaftskrise auszulösen.

Worum geht es der USA im Handelskrieg?

Trump sieht das hohe Handelsdefizit der USA mit China als Folge „unfairer“ Handelspraktiken des Landes. In der Tat ist das Handelsdefizit der USA groß: 2017 importierte die USA Produkte im Wert von 505,6 Milliarden USD aus China, während sie lediglich Waren für 130,4 Milliarden exportierte. Nichtdestotrotz ist China der drittgrößte Absatzmarkt für US-Exporte (hinter Kanada und Mexiko), während die USA für China der größte Absatzmarkt ist (gefolgt von Japan und Deutschland).

Neben bilateralen Handelsverträgen, die die chinesische Schutzzollpolitik eindämmen sollen, fordert Trump vor allem bessere Konditionen für US-Investitionen in China. Die monopolistischen Chinesischen Staatskonzerne, die ihre Geschäfte zunehmend auf Afrika, Lateinamerika und den Nahen Osten ausweiten, sind der US-, aber auch europäischen Bourgeoisie zunehmend ein Dorn im Auge.

China praktiziert darüber hinaus einen Joint-Venture-Zwang. Das heißt, ausländische Firmen, die in China produzieren wollen, dürfen dies nur zusammen mit einem chinesischen Konzern tun. Gleichzeitig hat China dieses Jahr erste, aber große Schritte unternommen: Sie greifen den Petro-Dollar an. In der Vergangenheit sind Versuche von Dubai und Russland gescheitert, das Ölgeschäft unabhängig vom Dollar zu machen. China konnte jedoch in nur vier Monaten erreichen, dass weltweit 14% aller Ölgeschäfte nun in Yuan statt in Dollar abgewickelt werden. Die Iran-Krise und die jetzt eingeführten Strafzölle auf US-Flüssiggas-Importe könnten dieses Wachstum noch stärken und die Basis, auf der der Dollar zum weltweiten Zahlungsmittel geworden ist, ernsthaft angreifen.

Doch Chinas Wirtschaft, die sehr abhängig von US-Exporten ist, leidet stark unter dem Handelskrieg. Der Hang Seng brach in den letzten drei Monaten um 7% ein, wehrend der Dow-Jones um 6,6% zulegte. Zwar kreiert der Handelskrieg immer mehr Widerstand in der US-Bourgeoisie – allen voraus im Silicon Valley –, doch der Effekt auf die chinesische Wirtschaft ist weit größer. Selbst mittelfristig wird es unmöglich sein, den US-Markt zu ersetzen. Doch eine Stärke Chinas ist genau das, auf dessen Zerschlagung die US-Politik abzielt: die Macht der großen Staatskonzerne und auch die Stärke der Bürokratie der Kommunistischen Partei.

Die Achse des Freihandels gegen die USA?

Trumps Schutzzollpolitik richtet sich nicht nur gegen China, sondern gegen alle wichtigen Handelspartner. Dies schafft natürlich eine propagandistische Achse aller Länder, die die USA ökonomisch angreift. Unter dem Banner der „Verteidigung des Freihandels“ vertiefen sich Wirtschaftsallianzen wie z.B. zwischen Deutschland und China. Zu Beginn der Eskalation im Frühjahr reiste Merkel mit einer großen Wirtschaftsdelegation nach Peking, um über eine engere Kooperation zu verhandeln. Bereits zuvor hob China den Joint-Venture-Zwang für die Atomobilindustrie auf: ein Zeichen wohl hauptsächlich in Richtung der deutschen Automobil-Riesen. Zudem wurden umfangreiche Verträge im Bereich der automatisierten Mobilität geschlossen. Zweifelsfrei sind dies Versuche einer Stärkung der gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen.

Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte: bestimmt ein passender Satz für Deutschland im aktuellen Konflikt. Der Handelskrieg der USA ermöglicht es Deutschland, China zu weiteren Zugeständnissen zu zwingen. Gerade die Maschinenbauer freuen sich über mehr Absätze auf dem großen chinesischen Markt.

Dass aufgrund der Abschottung des US-Marktes immer mehr chinesische Produkte auf die europäischen Märkte drängen, ruft jedoch auch Opposition in der Bourgeoisie hervor. Stahlimporte aus China verschärfen z.B. die Konkurrenz auf dem europäischen Markt.

Doch das Ziel von Trumps Bilateralismus ist es ja gerade, Achsen von wirtschaftlichen Konkurrenten zu schwächen. Ein Angriff auf allen Fronten, um so schwächere Konkurrenten zu zwingen, sich gegen die Stärkeren zu wenden. Es sind Machtproben. Machtproben, die auch immer wieder die Unterordnung des deutschen Imperialismus unter das US-Imperialismus aufzeigen. Gerade die Iran-Krise zeigte wieder, wie abhängig das deutsche Finanzkapital vom US-Finanzkapital ist: Die Androhung von Sanktionen reichte aus, dass sich die Deutsche Bank und die Commerzbank unmittelbar aus den Iran-Geschäften zurückzogen. Versuche von Deutschland und Frankreich, einen Europäischen Finanz-Transaktionsfonds einzurichten, oder eine Intensivierung der Beziehungen zu China sind Versuche, dieser Abhängigkeit entgegen zu wirken.

Ob es China, Russland und den europäischen Imperialismen möglich ist, in diesem Handelskrieg mit den USA zu wachsen, oder ob Trumps Politik die Macht des US-Imperialismus erneuern kann, ist weiterhin offen.

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