Nein zur Intervention in Mali!

11.02.2013, Lesezeit 20 Min.
1

Seit dem 11. Januar führt der französische Staat Krieg gegen die nördlichen Gebiete von Mali. Inzwischen gelang ihm die Besetzung der Kerngebiete des Nordens. Gleichzeitig begann im gesamten Land der offizielle Notstand.

Der Angriffskrieg der französischen Truppen dient der Stabilisierung des Staates Mali. Dieser ist in seiner wirtschaftlichen und damit politischen Bedeutung eine Halbkolonie der KapitalistInnen aus Frankreich. Die westafrikanische Halbkolonie Mali ist durch den imperialistischen Wirtschaftsdruck vor allem von Seiten des Internationalen Währungsfonds (IWF) enorm destabilisiert. Dies machte für Teile der lokalen KapitalistInnen und der örtlichen StellvertreterInnen des ausländischen Kapitals bereits im März vergangenen Jahres einen Militärputsch nötig.

Die deutschen KapitalistInnen und ihre PolitikerInnen leisten der Intervention Frankreichs logistische Unterstützung und verfolgen dabei ganz eigene Pläne.

Der Staat Mali: Ein Produkt des Imperialismus

Der heutige Staat Mali ist ein Produkt des französischen Imperialismus. Von 1883 bis 1960 war sein Territorium Teil des Westafrikanischen Kolonialreichs von Frankreich. Die wirtschaftliche Grundlage imperialistischer Politik ist der Kapitalexport. Französisches Kapital wurde mit Hilfe militärischer Gewalt in Westafrika investiert, um dort Profite abzuwerfen. Wie auch in anderen französischen Kolonien wurden im Gebiet des heutigen Staates Mali die BewohnerInnen allmählich zum Produktion exportbestimmter Waren gezwungen, zunächst durch direkte Zwangsarbeit, später durch indirekten ökonomischen Zwang.

In der Zeit des direkten Kolonialismus wurden die heutigen nationalstaatlichen Grenzen gezogen, die keinerlei Rücksicht auf die wirtschaftlichen, ethnischen und kulturellen Bedingungen der vielen Völker dieser Region nahmen. Vor allem das traditionell nomadische Volk der Imushagh leistete stets bedeutenden Widerstand gegen die französische Besatzung. In den imperialistischen Ländern werden die Imushagh bis heute entgegen ihrer Selbstbezeichnung „Tuareg“ genannt; eine Bezeichnung, die aus einer Beleidigung geboren wurde.

1960 erlangte der Staat Mali die formale Unabhängigkeit und beanspruchte die Herrschaft für ein Gebiet, das eine Vielzahl von Nationalitäten einschloss. Eine Minderheit dieser Nationalitäten, hauptsächlich im Süden des Staatsgebiets beheimatet, wurde zwar bevorteilt. Trotzdem blieb das Französische die künstlich etablierte Amts- und Schulsprache; ein Zeichen der anhaltenden indirekten imperialistischen Unterdrückung. Ein bedeutenderes Zeichen waren und sind jedoch die wirtschaftlichen und damit politischen Einflüsse französischen Kapitals.

Nach 1960 kam es im Süden des Landes zu einer stärkeren Industrialisierung, während der klimatisch benachteiligte Norden der dort äußerst beschwerlichen Landwirtschaft überlassen wurde. Die Imushagh und Angehörige anderer Bevölkerungsgruppen im Norden wurden selbst innerhalb dieser erschwerten landwirtschaftlichen Bedingungen wirtschaftlich diskriminiert. Bis heute kam und kommt es immer wieder zu Unruhen, Aufständen und Bürgerkriegen.

Ab den 1980ern geißelten die imperialistischen „Strukturanpassungsprogramme“ des Internationalen Währungsfond (IWF) und der Weltbank das Land, schwächten die Wirtschaft und destabilisierten so das diktatorische Regime der „Zweiten Republik Mali“, das 1968 aus einem Putsch hervorgegangen war. Dies führte am 26. März 1991 schließlich zu einem Generalstreik der ArbeiterInnen; inmitten eines Bürgerkrieges mit den Imushagh im Norden. Daraus entstand die „Dritte Republik Mali“, die die Form einer präsidialen Mehrparteien-Demokratie besaß. Deren Herrschaft zeichnete sich jedoch durch äußerst geringe Wahlbeteiligung aus.

Trotzdem hielt der IWF seine Wirtschaftsdiktate aufrecht, was u.a. zur Privatisierung der 20 größten Staatsunternehmen führte; d.h. dem Verkauf unter Marktwert an vor allem französisches Kapital.

Die heutige Industrieproduktion Malis macht bis zu einem Viertel der gesamten offiziellen Produktion des Landes aus. In Folge der permanenten Krisen ist die Quote neuer Investitionen jedoch rückläufig. Die Investitionsversprechen für den Norden des Landes, die zur Beendigung des Bürgerkriegs der ’90er Jahre und des Imushagh-Aufstands von 2006 beitrugen, werden bis heute nicht umgesetzt.

Viele ArbeiterInnen sind auch im Bergbausektor beschäftigt, der den drittgrößten Anteil an der Goldproduktion des gesamten Kontinents leistet. Diese Goldproduktion ist stark mit dem Kapital imperialistischer Länder verbunden. Für die Bergbau-Renditen von Konzernen wie Pearl Gold aus Frankfurt müssen immer wieder hunderte Dörfer zerstört werden, um Platz für Minen zu schaffen. Auch viele andere Ressourcen werden im Bergbau gewonnen. Beim Abbau von Mangan beweist sich ein weiteres Mal der halbkoloniale Status des Landes: Die Aktie des kanadischen Kapitals Great Quest Metals Ltd., die seit 2012 auf ein Siebentel ihres Wertes gefallen war, hat ihren Wert direkt nach der französischen Intervention fast verdoppelt.

Im internationalen Machtgefüge ist Mali Teil der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS), die vor allem die wirtschaftliche Macht des französischen Imperialismus im Rücken hat. Entsprechend ist der Vorsitzende der ECOWAS Allassane Ouattara, der Präsident der Elfenbeinküste, der dort vor kurzem durch französisches Militär an die Macht gebombt wurde. Auch geographisch liegt Mali inmitten anderer französischer Halbkolonien wie eben der Elfenbeinküste und dem Niger.

China wurde in der Vergangenheit zu einem bedeutenden Handelspartner Malis. Dieser Vorstoß ist bei den westlichen, imperialistischen Nationen besonders unbeliebt (dazu unten mehr).

Obwohl die Bedingungen für Landwirtschaft in dieser Region äußerst schlecht sind, leben sehr große Teile der Bevölkerung davon. Offiziell sind 30% der Bevölkerung arbeitslos; das sind dreimal so viele, wie vor 15 Jahren. Mali zählt zu den ärmsten Staaten der Welt, mit weitverbreitetem Analphabetismus, äußerst schlechtem Zugang zu sauberem Trinkwasser und einer durchschnittlichen Lebenserwartung von nur 48 Jahren. Insgesamt zählt Malis Bevölkerung 14 Millionen Menschen; französische BürgerInnen machen nur rund 6.000 davon aus.

Der Staat Mali besitzt also besonders im Süden seines Territoriums eine industrielle ArbeiterInnenklasse und im gesamten Staatsgebiet landwirtschaftliche Produktion, vor allem den verzweifelten Versuch der landwirtschaftlichen Subsistenzwirtschaft, das heißt: eine stark verarmte kleinbäuerliche Klasse. Besonders bei letzterer nehmen die vielen verschiedenen Nationalitäten (heißt Wirtschafts-, Sprach- und Kulturverhältnisse) eine besonders bedeutende Rolle ein. Die kleine industrielle ArbeiterInnenklasse muss sich die Verteidigung der kleinbäuerlichen Interessen und das Streben nach nationaler Selbstbestimmung dieser verarmten Massen von Bäuerinnen und Bauern zu eigen machen, um mit diesen Massen im Rücken eine sozialistische Föderation auf dem Terrain Malis zu errichten, die notwendig über diese Grenzen hinaus streben muss.

Kampf um Azawad: Gruppierungen und Kämpfe im Norden

Die nördlichen Regionen von Mali – rund um Timbuktu, Gao und Kidal – zählen ca. 1,5 Millionen EinwohnerInnen. Dort finden sich nicht nur viele verschiedene Nationalitäten, sondern auch besondere wirtschaftliche Benachteiligungen. Nach dem letzten Aufstand der Imushagh und verschiedener Bewegungen für die nationale Unabhängigkeit dieses Gebiets im Jahr 2006 wurde das malische Militär zurückgedrängt und ein Versprechen über Investitionen im Norden erzwungen; die jedoch bis heute nicht umgesetzt wurden.

Mit den offenen revolutionären Prozessen des Arabischen Frühlings in Nordafrika und dem Nahen Osten kam auch erneute Bewegung in den Norden Malis. Einst gerieten viele Imushagh in der Folge von Arbeitslosigkeit und Vertreibung in die Armeen Gaddafis. Mit dessen Sturz kehrten sie bewaffnet und kampferfahren in den Norden Malis zurück. Unter ihrer militärischen Führung bildete sich in der Folge die „Nationale Bewegung für die Befreiung des Azawad“ (MNLA). Azawad ist der Name der selbstbestimmten Nation, die die MNLA im nördlichen Territorium Malis erkämpfen wollte.

Am 17. Januar startete schließlich der erste Angriff der MNLA und schon am 6. April hatte sich das Militär des Staates Mali vollständig aus dem Norden zurückgezogen, so dass die Gründung Azawads ausgerufen wurde. Bis heute wurde Azawad international jedoch nicht anerkannt. Statt dessen folgten den Feldzügen der MNLA Pogrome im Süden Malis, die gegen die dort lebenden Imushagh durchgeführt wurden.

Bald jedoch verlor die MNLA die Führung im Gebiet des Azawad. Es spalteten sich kleinere national-seperatistische Gruppen ab, die wiederum neue nationale Unabhängigkeiten forderten. Gleichzeitig kam es zu einer Erstarkung militanter und islamistisch geprägter Gruppierungen im Norden. Von diesen ist vor allem Ansar Dine bekannt, die Angehörige der Imushagh unter einem islamistischen Programm vereint.

Die MNLA befand sich zwischendurch in einem kurzlebigen Bündnis mit Ansar Dine, dass im Juni 2012 jedoch zerbrach. Der Grund war das Ziel der MNLA eines säkularen Staates. Ansar Dine verfolgt hingegen die Einführung eines religiösen Rechts. Durch den Bruch des Bündnisses mit Ansar Dine wurde die MNLA dann vollständig zurückgeworfen; sie verlor noch im selben Monat ihren Einfluss auf die wichtigsten Städte in der Region und spaltete sich weiter auf.

Die Einführungen zutiefst reaktionärer Justizsysteme durch manche islamistischen Organisationen stießen bereits in Kundgebungen und Demonstrationen auf den Widerstand der Bevölkerung. Zwar ist diese seit Jahrhunderten muslimischen Glaubens, jedoch in einer gemäßigten bis quasi-säkularen Weise (dies ist vielleicht darauf zurückzuführen, dass der Islam historisch als Beiwerk eines überregional bedeutsamen Warenhandels in das Gebiet kam und deshalb entsprechend liberalen Charakter besitzt). Deshalb kam es besonders unter Frauen und Jugendlichen zu Protest vor allem gegen die patriarchalen Elemente der neuen Gesetze.

Ansar Dine wird in westlichen Medien oft der Verbindung zu Al-Qaida angeklagt. Dies ist insofern eine doppelte Lüge, als dass einerseits die KapitalistInnen hinter diesen Medien selbst kein Problem damit haben, sich in Syrien auf Fronten zu stützen, die Al-Qaida nahestehen. Andererseits beruft sich Ansar Dine auf andere religiöse Grundlagen und streitet solche Verbindungen zu der inzwischen politisch und organisatorisch extrem geschwächten Al-Qaida ab; die heute geschwächte Al-Quaida ist inzwischen in vielen Dingen nicht mehr als ein Schreckgespenst pro-imperialistischer Propaganda.

Der rasche anfängliche Siegeszug der MNLA zeigt das Streben der verschiedenen unterdrückten Nationalitäten nach Unabhängigkeit. Ihre Zersplitterung beweist dagegen die Grenzen der Perspektiven der MNLA. Im Gebiet des Azawad bräuchte es eine zentralisierte Zusammenarbeit der verschiedenen Nationalitäten auf Grundlage eines demokratischen Föderalismus und die politische Führung durch die dortigen ArbeiterInnen.

Der rasche Rückzug des staatlichen Militärs könnte auch durch die krisenhafte Lage im Süden des Staatsgebiets von Mali verursacht sein. Die fortschrittlichen Kräfte im Norden des Landes müssen die demokratische Einheit mit den ArbeiterInnen im Süden suchen, denn ohne deren Einbindung in ein gemeinsames revolutionäres Programm lässt sich kein militärischer Erfolg gegen die ImperialistInnen und ihre StatthalterInnen erringen. Außerdem stellt einzig die dadurch geschaffene wirtschaftliche Grundlage die Möglichkeit einer demokratisch-zentralistischen Planwirtschaft, die sozialen Fortschritt erst möglich macht.

Das Erstarken reaktionärer islamistischer Führungen war die direkte Folge des Fehlens einer Perspektive seitens der MNLA. Islamistische Organisationen füllten das Machtvakuum im Norden und deren reaktionäre Ideologie droht weiterhin all jene zu vereinnahmen, die mit ihrem berechtigten anti-imperialistischen Interesse keine fortschrittliche Alternative zum Untergang der MNLA geboten bekommen. Deshalb braucht es die Einheit der ArbeiterInnen im Norden und Süden Malis mit den unterdrückten Massen, darunter auch den verarmten Kleinbauern und -bäuerinnen.

Die Bewaffnung der Bevölkerung und ihre eigenständige Organisation in Milizen ist dringend notwendig, um ebenso reaktionären Organisationen im Inland die Macht zu nehmen, sowie um sich gegen die Armeen Frankreichs und seiner Halbkolonien zu wehren.

Der Putsch im Süden und die Organisationen der ArbeiterInnenklasse

Auf die Befreiungsschläge der MNLA im Norden folgte der Militärputsch im Süden. Das Militär begründete diesen Schritt mit der behaupteten Unfähigkeit der Regierung, im Bürgerkrieg zu bestehen. Das Militär gründete nach seinem Putsch das „Nationale Komitee für die Wiedererrichtung der Demokratie und des Staates“ (CNRDRE).

Die imperialistischen Nationen und ihre Organisationen, wie die Vereinten Nationen (UN), nahmen diesen Schritt nur äußerst kritisch hin. Dahinter steht allerdings kein gutmenschliches Bekenntnis zur „Demokratie“ sondern lediglich die Sorge um den eigenen Einfluss auf die Geschicke von Staat und Wirtschaft sowie dementsprechende taktische Differenzen mit dem Militär. Auf Druck dieser imperialistischen Länder und deren übrigen halbkolonialen Regierungen sicherte das Militär des Staates Mali einen Übergang zu einem bürgerlich-demokratischen Regime zu. Zwar wurde der ausländische Druck dadurch abgeschwächt und Sanktionen zurückgenommen, jedoch wurde dieser Übergang mit Verschärfung des Bürgerkriegs unterbrochen, so dass das Militär bis heute große direkte politische Macht im Staat besitzt.

Die größten Organisationen der ArbeiterInnenklasse im Süden des Landes verwehren der lohnabhängigen Bevölkerung eine unabhängige politische Position. Sie spalteten die ArbeiterInnen hinter den verschiedenen Fraktionen des inländischen und ausländischen Kapitals.

Die als linksradikal geltende Partei SADI („Afrikanische Solidarität für die Demokratie und die Unabhängigkeit“) unterstützt das CNRDRE und gründete dafür die „Volksbewegung des 22. März“ MP22 die inzwischen an der „Koordination der patriotischen Organisationen Malis“ COPAM arbeitet. In Mali gibt es zwei große Gewerkschaftsföderationen, von denen sich die CSTM ebenfalls hinter die PutschistInnen stellt.

Auf der anderen Seite formierte sich die „Einheitsfront zur Rettung der Demokratie“ (FDR) in der die rechten Parteien der gestürzten Regierung mit der eher sozialdemokratisch gestalteten RARENA und der „Nationalen Union der Arbeiter Malis“, der zweiten großen Gewerkschaftsföderation des Landes, zusammenarbeiten.

Die in den 1990er Jahren erstreikten demokratischen Freiheiten müssen verteidigt werden. Jedoch gestalten die Führungen in den aktuell enorm zugespitzten gesellschaftlichen Verhältnissen eine Situation, in der die ArbeiterInnenbewegung zum linken Flügel des Kapitals zu werden droht; was selbst die Verteidigung der einst erstreikten demokratischen Freiheiten gefährdet. Dass dies vorerst geschehen ist, liegt an eben den patriotisch-reaktionären Führungen der lohnabhängigen Bevölkerung. Deren Patriotismus ist nicht nur allgemein Gift für die lohnabhängige Klasse sondern gerade dieser Mali-Nationalismus ist eine gegen die unterdrückten Massen im Norden des Staatsgebiets gerichtete Ideologie. Dies zeigt sich auch daran, dass beide Parteien und Gewerkschaftsföderationen zusammen mit den gestürzten Bourgeois-VertreterInnen sowie den PutschistInnen für den Krieg gegen die Massen des Nordens eintreten. Den ArbeiterInnen verspricht man die militärische Niederschlagung der Massen im Norden Malis als Allheilmittel der wirtschaftlichen und damit sozialen Probleme im Land.

Genau diese Unterdrückten Massen müssen jedoch die Verbündeten der ArbeiterInnen im Süden des Landes sein. Die ArbeiterInnenklasse im Süden Malis braucht ihre programmatische und organisatorische Unabhängigkeit als Klasse für sich und eine Perspektive einer sozialistischen Föderation der ArbeiterInnen und Bauern/BäuerInnen ausgehend von dem heutigen Gebiete Malis und sich ausweitend auf internationalem Maßstab. Um die Einheit mit den verarmten Kleinbauern und -bäuerinnen zu gewinnen, muss sie sich deren Forderungen – Land und nationale Selbstbestimmung – zu eigen machen. Dies unter anderem dadurch, dass sie gegen jede rechtliche und wirtschaftliche Diskriminierung der Imushagh und der anderen Nationalitäten kämpft.

Die Interessen des französischen Imperialismus

Die imperialistische Intervention Frankreichs hat mehrere Gründe. Zum Einen hat sich die Krise in Mali so enorm verschärft, dass Frankreich zur Wahrung seiner polit-ökonomischen Herrschaft einschreiten musste; soviel dürfte bis hierhin deutlich geworden sein.

Gleichzeitig ist jedoch nicht nur die Situation von Mali sondern auch die von Frankreich selbst ausschlaggebend. Der französische Imperialismus steckt in der wirtschaftlichen und politischen Krise. Die Weltwirtschaftskrise nimmt das Land in die Mangel und zwingt es zu wirtschaftlichen Spardiktaten im Inland, die die gesellschaftliche Lage in dem imperialistischen Zentrum selbst zu destabilisieren drohen. In Europa verliert Frankreich seinen politischen Einfluss zunehmend an die Konkurrenz aus Deutschland.

Mit der Intervention in Mali lenkt der französische Präsident Hollande die lohnabhängigen Massen Frankreichs vom notwendigen Scheitern der Reformversprechen ab, dank denen er gewählt wurde.

Die Intervention in Mali nutzt er zur Ausweitung der Militarisierung Westafrikas. In Burkina Faso und Bénin, Niger usw. (alle grenzen an Mali) stärkt er seine militärische Präsenz. Selbst Algeriens widerstrebende Tendenzen konnte er brechen, so dass Algerien das Eindringen französischer Militärflugzeuge in seinen Luftraum genehmigt hat. Damit stärkt der französische Imperialismus seinen Einfluss auf seine Halbkolonien, um seine wirtschaftliche Position zu kräftigen und einen möglichst sicheren Stand in der Weltwirtschaftskrise zu gewinnen. Unter dem vielen dort tätigen französischen Kapital sei beispielhaft der äußerst umfangreiche Uranabbau in Niger zu nennen, speziell der Plan, dort 2014 die zweitgrößte Uranmine der Welt zu eröffnen. Dieser Uranabbau kann die französische Energieproduktion stärken, damit die Abhängigkeit von den Energie-Importen aus Deutschland reduzieren und Frankreichs Position gegenüber Deutschland im Kampf um Europa stärken.

Außerdem drängt der französische Vorstoß in Westafrika den wirtschaftlichen und damit auch politischen Einfluss Chinas zurück, was ihm den Dank der USA einbringt. Diese versuchen bereits in Asien Chinas internationalen Einfluss zurückzudrängen und sind in gleicher Mission mit ihrer Behörde für Kolonialismus „Africom“, auch in Afrika aktiv. Dass Frankreich sich nebenbei diese Sympathien angelt wird seine politische Beziehungen zu Washington stärken und damit ein seine Position in der Euro-Krise gegenüber dem Konkurrenten Deutschland verbessern.

In den letzten Wochen ist das französische Militär rasch vorgestoßen und hat im Norden Malis die strategisch wichtigen Kernregionen besetzt. Um dieser militärischen Überlegenheit zu begegnen benötigt es nicht nur der vereinten Aktion der ArbeiterInnen und unterdrückten Massen Malis und Westafrikas, sondern auch der ArbeiterInnen in Frankreich selbst. Besonders in der kriselnden Autobranche bieten sich den ArbeiterInnen in Frankreich Möglichkeiten, dem französischen Imperialismus in den Rücken zu fallen. Über dessen außenpolitische Schwächung können auch die Chancen der eigenen Befreiung von Ausbeutung und Unterdrückung deutlich verbessert werden.

Einen ersten Schritt in diese Richtung haben vor kurzem unsere GenossInnen von der CCR gemacht. Sie konnten auf einem großen Kongress in Paris ArbeiterInnen und Studierende vereinen und in die vielen Themen rund um Arbeitskämpfe auch eine anti-imperialistische Haltung gegen den neuesten Krieg Frankreichs einbringen.

Die Interessen der deutschen Bourgeoisie

Die herrschende Klasse in Deutschland hat eine sehr verschwommene Einstellung gegenüber dem Krieg in Mali. Von Anfang an war eine Unterstützung der Intervention klar; jedoch nicht das Ausmaß dieser Unterstützung. Der Grund für die Unterstützung ist die darin enthaltene propagandistische Möglichkeit zur Schaffung einer allgemeinen Akzeptanz für die imperialistische Aufrüstung und Ausrichtung der Bundeswehr gegen einen propagierten Feind: den „asymmetrischen Terror“.

Auch will die herrschende Klasse in Deutschland der europäischen Hauptkonkurrenz in Frankreich nicht einfach die Möglichkeit geben, ihre militärische Überlegenheit zur Stärkung ihrer Position gegen Deutschland zu nutzen. Die Beteiligung am Kriegseinsatz ermöglicht Deutschland ein Stück vom Kuchen, heißt eine gewisse Mitsprache bei der imperialistischen Politik in Westafrika.

Schließlich darf sich der aufstrebende Deutsche Imperialismus international nicht isolieren. Inmitten der Wirtschaftskrise – besonders ihres Stadiums der Eurokrise – ist er als imperialistische Nation in der äußerst bedeutsamen Phase kurz vor einem möglichen Sprung auf ein höheres Niveau seiner politischen Macht. Deshalb der häufige Verweis auf Libyen und die damalige diplomatische Schwächung Deutschlands in Folge seiner äußerst geringen militärisch-logistischen Unterstützung.

CDU/CSU, FDP, Grüne und SPD haben sich zwar hinter die Unterstützung der Intervention gestellt. Materiell ging es allerdings nicht über den Einsatz von 75 SoldatInnen samt Flugzeugen und technischer Ausrüstung hinaus. Immerhin hat Deutschland damit Stützpunkte im westafrikanischen Senegal gewonnen und ein Mandat für Einflüsse im Militär des Staates Mali – über AusbilderInnen aus den Reihen der Bundeswehr – erlangt. Um den diplomatischen Erfolg der Unterstützung wird noch gerungen, zum Beispiel indem Außenminister Westerwelle (FDP) den deutschen Einsatz in den verschiedensten militärischen und wirtschaftlichen Zahlen vor- und schönrechnet.

Anti-imperialistische Politik im Herzen der Bestie

Der Hauptfeind steht im eigenen Land! Die ArbeiterInnenklasse und Linke in Deutschland hat angesichts der besonderen globalen Bedeutung des Kapitals in ihrem Land die besondere internationalistische Pflicht, gegen dieses vorzugehen. Jede Stärkung des deutschen Imperialismus ist auch für die Lohnabhängigen in Deutschland keineswegs von Vor-, sondern von Nachteil, da die deutschen KapitalistInnen und ihre politischen Marionetten ihr Ausbeutungsregime damit auch nach innen festigen können. Jede Niederlage der deutschen Überfallkommandos und Besatzungsarmeen hingegen (die schon allein mit der gern selbstgewählten Bezeichnung „Schutztruppe“ eine nur zu passende, infame Erinnerung an kaiserlich-deutschen Kolonialherrschaft wachrufen), ist ein Schlag gegen die materielle und ideologische Stabilität des weltumspannenden Ausbeuterregimes deutscher Banken und Konzerne. Sie hilft der Geburt und offensiven Entwicklung einer Bewegung der ArbeiterInnenklasse, die sich auf den Standpunkt einer eigenen Politik aller Ausgebeuteten und Unterdrückten stellt – gegen die KapitalistInnen und ihre Staatsapparate. Eine solche ArbeiterInnenbewegung gilt es aufzubauen, international, auch in der Bundesrepublik Deutschland.

Eine Perspektive hierzu muss der ideologische Kampf gegen alle anti-muslimische Hetze und jede Propaganda des „Krieg gegen den Terror“ sein. Vor allem braucht es aber den materiellen Kampf gegen deutsches Kapital in Halbkolonien wie Mali und die wirtschaftlichen Stützpfeiler des deutschen Kapitals innerhalb der BRD.

Eine Möglichkeit dafür wäre der gemeinsame Kampf der von Kürzungen und Entlassungen bedrohten ArbeiterInnen bei Ford und Opel; am Besten in internationaler Einheit mit den Streiks in der Automobilproduktion Frankreichs. So würde inmitten der kapitalistischen Konkurrenz zwischen den Herrschenden in Deutschland und Frankreich ein kämpferischer Ausdruck der internationalen Solidarität der lohnabhängigen Klasse beider Länder entstehen. Die Folge wäre eine Schwächung der imperialistischen Mächte und eine Stärkung des einzig wirksamen Mittels gegen reaktionäre Kriege weltweit: des Internationalismus der ArbeiterInnenklasse.

Mehr zum Thema