Nationale ArbeiterInnenkonferenz der PTS
// „Für Gewerkschaften ohne BürokratInnen, für eine Partei der ArbeiterInnen ohne Bosse!“ //
Am 8. Juli fand die von der PTS (Partido de los Trabajadores Socialistas, Partei der sozialistischen ArbeiterInnen) einberufene Nationale ArbeiterInnenkonferenz statt, zu der mehr als 4.000 TeilnehmerInnen nach Buenos Aires kamen. Darunter waren klassenkämpferische Basisdelegierte gemeinsam mit Frauen-, MigrantInnen- und JugendaktivistInnen aus dem ganzen Land[1]. Die Konferenz in ihrer Massivität ist ein Produkt der kontinuierlichen Arbeit der PTS und bildet gleichzeitig eine große Perspektive – mit vielen Herausforderungen – für den Aufbau einer revolutionären ArbeiterInnenpartei.
Die nationale und internationale Situation ist durch das Andauern der kapitalistischen Krise und die daraus erfolgende Vertiefung des Klassenkampfes geprägt. Die Auswirkungen der Krise erreichen auch Argentinien, wenn auch mit enormer Verzögerung. Dies und der immer stärker zunehmende Zersetzungsprozess der Regierung ermöglichen Brüche enormer Teile der ArbeiterInnenklasse mit ihr und der Bürokratie. In dieser Situation vereinte der Kongress die fortschrittlichsten Teile der ArbeiterInnenklasse aus dem ganzen Land – BasisaktivistInnen aus mehr als 100 Fabriken und VertreterInnen der unterdrücktesten und ausgebeutetsten Teile der Gesellschaft – um sich auf die kommenden Herausforderungen vorzubereiten.
Noch kleben die Massen der ArbeiterInnen an dem politischen Bewusstsein des Peronismus[2]. Doch immer größere Anzeichen deuten auf einen beginnenden politischen Bruch mit der Regierung hin. Der Streik der 200.000 LKW-FahrerInnen und der 550.000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst, welche die ersten Demonstrationen gegen die peronistische Regierung waren, sowie massive Demonstrationen der letzten Monate zeigen, dass sich die Opposition zum Kirchnerismus[3] nicht nur auf kleine Sektoren beschränkt. Auch die Gewerkschaftsbürokratie verliert Teile ihrer traditionellen Basis. Zentrales Element dabei waren die Kämpfe der ArbeiterInnen der PTS in den vergangenen Jahren für den Wiederaufbau der sindicalismo de base, also der Basisgewerkschaftsbewegung, die ihre Wurzeln in den 1960er Jahren hat[4].
Gemeinsam mit unabhängigen AktivistInnen führte die PTS beispielhafte Kämpfe, wie derjenige der Keramikfabrik FaSinPat[5] (ehemals Zanon, seit 2000/2001), bei Kraft-Terrabusi 2009 oder bei der Eisenbahnlinie von Buenos Aires 2010, und zeigten so, dass es möglich ist, antibürokratische, klassenkämpferische Strömungen in den Gewerkschaften aufzubauen. Durch diese vorantreibende Politik erreicht die sindicalismo de base mehr als 100 Fabriken im ganzen Land und stellt somit die Gewerkschaftsbürokratie in Frage.
Deshalb waren die Slogans der Konferenz: „Für Gewerkschaften ohne BürokratInnen“, „Für eine ArbeiterInnenpartei ohne Bosse“ und „Die KapitalistInnen sollen ihre Krise selbst bezahlen“. Doch diese Parolen bilden nur die Synthese der weitreichenden Kampagne der PTS. Die heutige Aufgabe besteht darin, breite Teile der ArbeiterInnenklasse, die sich im Laufe ihrer Erfahrungen mit einer immer stärker arbeiterfeindlichen Regierung vervielfachen werden, von einer elementaren Idee zu überzeugen: Man muss sich nicht den bourgeoisen BetrügerInnen der Regierung unterordnen, so wie sich die GewerkschaftsbürokratInnen in immer neuen Lügen verstricken und sich zu Lakaien der bürgerlichen Parteien machen. Mit diesen Parolen sollen die Sektoren der ArbeiterInnenklasse, die sich in den kommenden Kämpfen von der Regierung trennen, begleitet werden hin zu einer unabhängigen Klassenpolitik. Damit knüpft die Forderung einer großen revolutionären Partei der ArbeiterInnen an den objektiven Bedingungen der Massen an.
Entscheidend bei dieser Kampagne ist die Idee einer antibürokratischen und klassenkämpferischen Organisation in einem politischen Kontext der totalen Zerstückelung der ArbeiterInnenklasse. 70% der ArbeiterInnen in Argentinien haben nicht die Möglichkeit, sich gewerkschaftlich zu organisieren und die, die es sind, wurden in fünf große Gewerkschaftsdachverbände aufgeteilt – die Bürokratie ist die Säule der Spaltung der ArbeiterInnen.
Deshalb standen die Erfahrungen der vielen AktivistInnen in den Basisgewerkschaften und der Ruf für Gewerkschaften ohne BürokratInnen im Zentrum der Konferenz. Doch dies ist nicht ausreichend, wie Raul Godoy, führendes Mitglied der PTS und Abgeordneter im Landesparlament Neuquéns für die FIT (Frente de la Izquierda y de los Trabajadores, Front der Linken und ArbeiterInnen), anmerkte. Der Kampf beginnt bei den klassenkämpferischen Gewerkschaften und alternativen Listen, erreicht jedoch erst auf der politischen Ebene und den Straßen seine volle Potenz. Nur so kann die Einheit der ArbeiterInnenklasse erreicht werden, nur so können die BürokratInnen aus den Gewerkschaften der ArbeiterInnen rausgeworfen werden. Daher stieß die PTS innerhalb der FIT[6] die Diskussion eines gemeinsamen Aufbaus einer ArbeiterInnenpartei an.
Die Nationale ArbeiterInnenkonferenz war ein wichtiger Schritt, um aus den tausenden zehntausende werden zu lassen und sich auf Millionen vorzubereiten, falls die konkrete Situation diese Möglichkeit bietet. Im täglichen Kampf, in der aktiven Unterstützung der Sektoren der Masse in ihrer Erfahrung mit dem Peronismus und der Gewerkschaftsbürokratie.
Fußnoten
[1]. Für alle Videos und Beiträge der Konferenz siehe: http://www.tvpts.tv/ConferenciaNacionaldeTrabajadoresPTS
[2]. Peronismus ist die dominierende politische Strömung in Argentinien. Sie entstand in den 1940er-Jahren unter Juan Perón, unterlief in der Zwischenzeit verschiedensten Etappen. Generell ist er eine Form des Bonapartismus sui generis. Siehe dazu den Artikel zu Bonapartismus in Klasse Gegen Klasse Nr. 3.
[3]. Von Nestor Kirchner zu Beginn des Jahrhunderts geprägte Form des Peronismus, heute unter Cristina Fernandez de Kirchner weitergeführt. Für eine präzisen Bericht siehe: http://www.ft-ci.org/IMG/pdf/EI28_Argentina_Los_limites.pdf. (Auf Spanisch.)
[4]. Für eine genauere Erklärung der sindicalismo de base siehe den Artikel in unserer Broschüre zum CFM-Streik: Antibürokratische, Klassenkämpferische Alternative.
[5]. Broschüre: Zanon gehört den ArbeiterInnen!
[6]. Für einen intensiven Bericht des Wahlkampfes siehe: Revolutionärer Wahlkampf.