Nach Trumps Zollankündigung: Stärkster Absturz an der Wall Street seit der Pandemie

04.04.2025, Lesezeit 7 Min.
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Die Wall-Street-Kurse verzeichneten am Donnerstag infolge von Donald Trumps Ankündigung einer umfassenden Erhöhung der Zölle auf 195 Länder die größten Tagesverluste seit 2020. Welche Auswirkungen könnte es auf die Weltwirtschaft haben, wenn die geopolitischen Spannungen eskalieren?

Die New Yorker Börse verzeichnete am Donnerstag einen historischen Einbruch der Wall-Street-Leitindexe, den größten Einbruch an einem Tag seit Beginn der Covid-19-Pandemie im März 2020. Dies geschah nachdem US-Präsident Donald Trump eine pauschale Anhebung der Zölle auf Warenimporte von 10 Prozent oder mehr angekündigt hatte. Die Märkte reagierten mit einer Flucht aus risikoreichen Vermögenswerten, da sie einen eskalierenden Handelskrieg mit China und der Europäischen Union sowie eine globale Rezession befürchteten.

In diesem Zusammenhang fiel der Dow-Jones-Index (Industriesektoren) um 4 Prozent, der S&P-500-Index (größte Unternehmen) verlor 4,8 Prozent und der Nasdaq Composite (Finanz- und Technologieunternehmen) sank um 6 Prozent. Es wird geschätzt, dass der S&P-Index-500 2,4 Milliarden Dollar an Marktwert verloren hat.

Die größten Kursverluste erlitten die Aktien im Technologiesektor, die die Wall Street in den letzten Jahren zu Rekordhöhen getrieben hatten. Apple war mit einem Minus von 10 Prozent angesichts der hohen Zölle, die gegen China verhängt wurden, wo ein Großteil der Produktion des Megakonzerns angesiedelt ist, mit am stärksten betroffen. Die Aktien von Nvidia (-7 Prozent) und Tesla (-5,6 Prozent) rutschten ebenfalls ab, wobei Tesla seine Kursgewinne vom Mittwoch wieder einbüßte, nachdem berichtet wurde, dass CEO Elon Musk möglicherweise von der Trump-Regierung zurücktreten wird.

Gleichzeitig gehörten die Aktien der großen Anbieter von Importwaren zu den am stärksten betroffenen. Five Below (-26,1 Prozent), Dollar Tree (-12 Prozent) und Gap (-20 Prozent) erlitten Verluste im zweistelligen Prozentbereich. Auch der Einzelhandelssektor wurde stark in Mitleidenschaft gezogen: Nike (-13 Prozent) und Walmart (-2,8 Prozent) stürzten nach der Einführung von Zöllen auf wichtige Produktionszentren wie Vietnam, Indonesien und China ab.

Trumps Ankündigung: ein beispielloser Schritt

Donald Trump kündigte am Mittwoch umfassende Zölle und eine Erhöhung der Zölle auf 195 Länder an – ein beispielloser Schritt. Es handelt sich um eine zusätzliche Steuer von 10 Prozent auf alle Einfuhren und deutlich höhere Sätze für Länder, mit denen ein größeres Handelsdefizit besteht.

Nur einen Monat nach der Einführung von Zöllen in Höhe von 10 Prozent auf China und 25 Prozent auf Mexiko und Kanada werden mit den neuen Regelungen beispielsweise Kambodscha (49 Prozent), Vietnam (46 Prozent), Bangladesch (37 Prozent), China (34 Prozent) und die EU (20 Prozent) stark getroffen.

Die allgemeinen Zölle treten am 5. April in Kraft, und die länderspezifischen Erhöhungen beginnen am 9. April. Um diese zusätzlichen Zölle festzulegen, teilte die Trump-Administration einfach das bilaterale Handelsdefizit durch die Einfuhren und wandte die Hälfte dieses Prozentsatzes als Zölle an.

Trump argumentiert, dass die Einführung höherer Zölle auf Einfuhren die Wettbewerbsfähigkeit der US-Unternehmen erhöhen wird, damit sie in den Vereinigten Staaten produzieren, was die Beschäftigung und das Wachstum fördern würde.

Dieser Ansatz wird von verschiedenen Sektoren, sowohl von Demokraten als auch von Republikanern, und sogar von internationalen Organisationen stark in Frage gestellt. Vor allem, weil die übrigen Länder Vergeltungsmaßnahmen ergreifen werden, die den Welthandel und die Weltwirtschaft im Rahmen größerer geopolitischer Konflikte beeinträchtigen werden. Für die arbeitenden Mehrheiten der Welt kann dieses konfliktreiche Szenario nur zu größeren Katastrophen führen.

Außerdem rechtfertigte Trump die Zölle mit vermeinltlich unfairen Handelspraktiken und Währungsmanipulationen und behauptete, dass diese Maßnahmen die US-Industrie wiederbeleben und die Staatsverschuldung verringern würden.

Trumps Zollmaßnahmen sind eine Reaktion auf die jahrzehntelange Verlagerung der Produktion in Länder mit billigeren Arbeitskräften. Dieses Phänomen hat ganze Sektoren der US-Arbeiter:innenklasse arbeitslos gemacht.

Die weltweite Reaktion und die Erklärung des IWF

Die ersten Reaktionen waren wie erwartet. Einerseits kündigte China Vergeltungsmaßnahmen an, ebenso wie die Europäische Union. Kanadas Premierminister bezeichnete die Situation als „Tragödie“ und kündigte Gegenmaßnahmen für den fallenden Aktienmarkt des Landes an. Der französische Präsident Macron sagte, er setze die EU-Länder unter Druck, nicht mehr in den USA zu investieren.

Südkorea, Mexiko, Indien und mehrere andere Handelspartner kündigten ihrerseits an, sie würden vorerst abwarten und sich um Zugeständnisse bemühen, bevor die spezifischen Zölle am 9. April in Kraft treten.

Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) meldete sich zu Wort. Am Donnerstag erklärte die geschäftsführende Direktorin des IWF, Kristalina Georgieva: „Wir sind noch dabei, die makroökonomischen Auswirkungen der angekündigten Zollmaßnahmen zu bewerten, aber sie stellen eindeutig ein erhebliches Risiko für die globalen Aussichten in einer Zeit des schwachen Wachstums dar. Es ist wichtig, Maßnahmen zu vermeiden, die die Weltwirtschaft weiter schädigen könnten. Wir fordern die USA und ihre Handelspartner nachdrücklich auf, konstruktiv an einer Lösung der Handelsspannungen zu arbeiten und die Unsicherheit zu verringern“.

Sie fügte hinzu: „Wir werden die Ergebnisse unserer Bewertung im Weltwirtschaftsausblick mitteilen, der während der Frühjahrstagung des IWFs und der Weltbank Ende des Monats veröffentlicht werden soll.“

Die Folgen für die Weltwirtschaft

Die Zollpolitik und die Ungewissheit über ihre Folgen haben sich zunächst auf die Finanzmärkte ausgewirkt und werden den Welthandel beeinträchtigen. Der Preis für Brent-Öl ist bereits am Donnerstag um 6,7 Prozent gefallen und hat damit einen Stand erreicht, der nahe an den Tiefstständen nach der Pandemie liegt“, analysiert das Beratungsunternehmen Epyca.

Die Welthandelsorganisation (WTO) erklärte: „Die jüngsten Ankündigungen werden erhebliche Auswirkungen auf den Welthandel und die wirtschaftlichen Wachstumsaussichten haben. Obwohl sich die Situation rasch entwickelt, deuten unsere ersten Schätzungen darauf hin, dass diese Maßnahmen zusammen mit den seit Anfang des Jahres eingeführten Maßnahmen in diesem Jahr insgesamt zu einem Rückgang des Welthandelsvolumens um etwa 1 Prozent führen könnten“. Dies bedeutet eine Abwärtskorrektur um fast vier Prozentpunkte gegenüber früheren Prognosen“, betonte die WTO.

Die Schweizer Bank UBS schätzt, dass das reale BIP der USA im Jahr 2025 um 1,5 bis 2 Prozentpunkte sinken könnte, wenn diese Zölle in Kraft bleiben, während die Inflation sich der 5-Prozent-Marke nähern könnte. Dieses Szenario „hat das Potenzial, den Wachstums- und Inflationsmix in den USA und der Weltwirtschaft im nächsten Jahr erheblich zu verschlechtern“.

„Die unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen werden ein Rückgang des Binnenkonsums, geringere private Investitionen und eine höhere Inflation (+1,5 Prozentpunkte) sein. Epyca geht davon aus, dass das BIP-Wachstum in den USA im Jahr 2025 weniger als 1 Prozent betragen wird“, so das Beratungsunternehmen weiter.

Trumps Ankündigung ist ein weiterer Ausdruck von Trumps Versuch, die schwindende imperiale Führung der USA wiederzubeleben, was ein weiteres systemisches Chaos verursacht. Wie Esteban Mercatante betont, „ist die einzige Möglichkeit, dass sich die Lösungen für dieses Chaos nicht als reaktionär für die Massen erweisen, die Durchsetzung einer revolutionären Lösung, die der Vorherrschaft des imperialistischen Kapitalismus ein Ende setzt. Um diese Alternative aufzubauen, ist es unerlässlich, den konsequenten Internationalismus der Arbeiter:innen zu stärken.“

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