Nach SPD und Grünen: Will nun auch die Linkspartei den Kreißsaal München-Neuperlach schließen?

13.07.2024, Lesezeit 6 Min.
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Protest für den Kreißsaal-Erhalt. Foto: KGK

Anlässlich der bevorstehenden Entscheidung über die Schließung des Kreißsaals wackelt nun auch bei der Linkspartei die Unterstützung für die Kolleg:innen.

Seitdem die Kolleg:innen in München-Neuperlach den Kampf gegen die Schließung aufgenommen haben, war die Linkspartei bei vielen Aktionen zur Unterstützung dabei und beteiligte sich auch im Solikomitee. Doch in der Münchner Abendzeitung begrüßte der Fraktionsvorsitzende der LINKEN, Stefan Jagel, schon im Juni das Medizinkonzept, das Zentralisierungen an der München Klinik (MüK) inklusive der Schließung des Kreißsaals vorsieht. Auch wenn laut Jagel der Ansatz wäre, „nicht die Wirtschaftlichkeit an erste Stelle zu setzen“, beinhalten diese Zentralisierungen Kürzungen und werden letztlich auch durch Wirtschaftlichkeit begründet. Zu Beginn des Kreißsaal-Kampfes klang das bei ihm noch anders. Auf Facebook schrieb er damals:

Wegen Sparmaßnahmen sollen Kreißsaal und Wochenbettstation des Klinikum Neuperlach geschlossen und nach Harlaching verlegt werden. Das würde die gesundheitliche Infrastruktur weiter schwächen, und das in einem Gebiet, in dem in den letzten Jahren immer mehr Kinder geboren wurden. Es bräuchte mehr geburtshilfliche Einrichtungen nicht weniger.

Offenbar hat er seine Meinung geändert. Wie Stefan Jagel organisierten auch Teile der Grünen und SPD Solidarität, sogar mit dem Versprechen auf deren Parteitagen, den Kreißsaal erhalten zu wollen. Geblieben ist davon nichts. In einem Artikel im Münchner Merkur behauptete SPD-Fraktionsvorsitzende Anne Hübner, wegen fehlender Zulassungen könne der Kreißsaal nicht mehr weiterarbeiten. Die Schuld daran gibt sie der Verwaltung, die das angeblich nicht rechtzeitig kommuniziert hätte. „Das ist kein rühmliches Kapitel in der Regierungskoalition im Rathaus“, räumte Hübner ein.

Nun ist eine Zulassung ein Stück Papier. Wenn der politische Wille da wäre, sollte es problemlos möglich sein, eine neue Zulassung zu organisieren. Zuständig wäre die Bayerische Landesregierung aus CSU und Freien Wählern, die sich angeblich auch beide für den Kreißsaal-Erhalt einsetzen – offenbar sind die Versprechungen auch bei ihnen nur Wahlkampfgetöse. In der Opposition für den Stimmenfang dürfte es ihnen leicht fallen, gegen die Schließung zu stimmen, ohne dass sie dafür irgendwelche Konsequenzen ziehen müssten.

Münchner Linke: Wo seid ihr?

Trotz der leeren Versprechungen wird der Kampf für eine gute Gesundheitsversorgung weitergehen. Am 15. Juli um 16 Uhr findet eine Marienplatz eine Kundgebung für den Erhalt des Kreißsaals. Im Anschluss lädt die Initiative Care Arbeit am Limit ein, im Barrio Olga Benario über das Thema zu diskutieren. Es ist wichtig, dass es einen solchen Austausch nun gibt, mitorganisiert vom Offenen Frauentreffen und Betriebsstrukturen von ver.di. Eineinhalb Jahre lang war die Umstrukturierung der München Klinik in Care am Limit kaum ein Thema, was angesichts der Zielsetzung der Initiative verwunderte. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn sich das jetzt ändert und praktische Solidarität folgt, denn der Kreißsaal ist noch nicht verloren, auch wenn die Abendzeitung das behauptet.

Mit der Unterstützung der Münchner Linken, Betriebsstrukturen und Gewerkschaften ist es möglich, genug Unterstützung auf die Straße zu bekommen, um ernsthaft den Erhalt des Kreißsaals zu erzwingen. Auch nach der Abstimmung im Stadtrat muss dies weiterhin die Perspektive sein. Denn unabhängig vom Ergebnis wird die Zentralisierungspolitik auf Jahre hinaus große Veränderungen im Alltag von Beschäftigten und Patient:innen bedeuten. Diese dürfen nicht undemokratisch von Manager:innen durchgedrückt werden. Es braucht umfangreiche Informationen für die Kolleg:innen und einen öffentlichen Diskussionsprozess, um tatsächlich eine demokratische Planung der Zukunft der MüK zu ermöglichen. Ein wichtiger Schritt dahin sind die kommenden Betriebsversammlungen, die dazu dienen können, zum Thema der Umstrukturierung aufzuklären und Maßnahmen der Beschäftigten zu diskutieren.

Klassenbewusst kämpfen, statt bürgerlich mitverwalten

Dafür, dass sich fast alle Parteien früher oder später mit einem Engagement für den Kreißsaal-Erhalt profilieren wollten, ist sehr wenig geblieben. Es gilt daher auch, eine andere Politik vorzuschlagen.

Keine Anpassung an rot-grün! Keine Schließungen! Die Gelder für eine volle Ausfinanzierung des Gesundheitssystems sind da, nur liegen sie bei den großen Konzernen wie BMW und Siemens. Die Arbeiter:innen, Patient:innen und die Stadtbevölkerung müssen selbst entscheiden, wie die Gesundheitsversorgung aussehen soll, aufgrund voll demokratischer Prozesse, statt Entscheidungen von oben durch Manager:innen.

Die Perspektive von linker Politik sollte es nicht sein, in dem Spiel der wirtschaftlichen „Sachzwänge“ mitzumachen, sondern an der Seite der Arbeiter:innen zu stehen und gemeinsam eine Bewegung aufzubauen, die nicht nur die Sparpolitik zurückschlagen kann, sondern sich auch gegen Rechtsruck und Militarisierung wehren kann.

Wer in Stadtrat und Verwaltung Kompromisse aushandeln will, verabschiedet sich von einer kämpferischen Perspektive und entmündigt die Beschäftigten zugunsten der Meinung von „Expert:innen“. Dies wäre auch ein fatales Signal angesichts der bundesweiten Krankenhausreform, die unter dem Schlagwort der Zentralisierung weitere Kürzungen bedeuten wird. Letztlich würde die Fraktion DIE LINKE / Die PARTEI, der Stefan Jagel angehört, mit einem “Ja” zur Umstruktutierung die bundesweite Krankenhausreform von Lauterbach auf kommunaler Ebene mit umsetzen.

Wir rufen alle Mitglieder der Partei DIE LINKE und der Fraktion, die mit einer solchen Politik nicht einverstanden sind, auf, den Kreißsaal-Kampf weiter zu unterstützen. Dies gilt auch für die Anhänger:innen von SPD und Grünen, die von der Haltung ihrer Parteien enttäuscht sind. Kommt daher zur Kundgebung der Hebammen!

Kundgebung

Montag 15. Juli, 16 Uhr, Marienplatz

Im Anschluss: Austausch im Barrio Olga Benario, Schlierseerstraße 21

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