Nach den Wahlen in Argentinien: Der Markt schlägt zurück

14.08.2019, Lesezeit 6 Min.
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Die Vorwahlen am vergangenen Sonntag bedeuteten eine herbe Niederlage für den neoliberalen Präsidenten Argentiniens, Mauricio Macri. Daraufhin reagierten die Märkte mit einer Entwertung des Peso, was einen starken Kaufkraftverlust der Bevölkerung bedeutete. Die revolutionäre Linke fordert die Gewerkschaftsführungen der CGT und der CTA zu einem aktiven, 36-stündigen Generalstreik auf, um die Löhne und Arbeitsplätze zu verteidigen. Sie tritt für eine Perspektive ein, in der die Kapitalist*innen für ihre Krise bezahlen.

Die Ergebnisse der Wahlen am Sonntag haben eine neue Phase der aktuellen Krise eingeleitet. Die Regierung hatte in einer demagogischen Vorwahlkampagne behauptet, dass das Schlimmste der Krise bereits vorbei sei. Doch die Front der Linken und Arbeiter*innen – Einheit (FIT-U) warnte in ihrer Kampagne, dass die Forderungen des internationalen Finanzkapitals und des Internationalen Währungsfonds (IWF) von den Unternehmen durch weitere Angriffe auf die arbeitende Bevölkerung, wie Inflation und Entlassungen, durchgesetzt werden würden.

Nur 24 Stunden nach der Wahl zeigen die „Märkte“ (also die großen Bankiers, Unternehmer*innen und Großgrundbesitzer*innen), wie die kapitalistische „Demokratie“ funktioniert. Die Wahlen waren eine herbe Niederlage für die Regierung von Macri, der ihre Interessen direkt verteidigt. Angesichts dieser für sie schlechten Wahlergebnisse haben einige wenige Investor*innen mit Kapitalflucht und anderen Maßnahmen zu einer massiven Entwertung des argentinischen Peso gegenüber dem US-Dollar beigetragen. Der Preis für einen US-Dollar stieg innerhalb nur eines Tages um 25% auf nun 60 Pesos an.

Das führt zu einem Kaufkraftverlust der Löhne, der Renten und der Sozialhilfen und beschleunigt die Rezession mit Entlassungen. In den Supermärkten im ganzen Land werden die Preise umetikettiert.

In den nächsten Tagen und Stunden wird die Inflation weiter zunehmen und damit die Lebensbedingungen von Millionen angreifen. Die Bevölkerung wählt, doch im kapitalistischen System entscheiden die „Märkte“ über das Schicksal der arbeitenden Bevölkerung.

Aktiver 36-stündiger Generalstreik und Kampfplan jetzt!

Während die breiten Massen schon die Auswirkungen dieses erneuten Angriffes auf ihre Lebensbedingungen zu spüren bekommen, schaut die Gewerkschaftsbürokratie beflissentlich weg. Es sind die selben Bürokrat*innen, welche die Angriffe von Macri unbeantwortet gelassen haben und dazu aufgefordert haben, auf die Wahlen zu warten und die peronistische „Front Aller“ (FDT) zu wählen.

Sie müssen dazu gezwungen werden, sofort mit diesem Waffenstillstand zu brechen. Wir brauchen eine breite Kampagne im ganzen Land und Versammlungen an allen Arbeitsplätzen, um den Bürokrat*innen einen 36-stündigen aktiven Generalstreik mit Mobilisierungen aufzuzwingen. Ein solcher müsste Teil eines Kampfplanes sein, der die Löhne, die Renten und die Sozialhilfen verteidigt. Dazu sollten sie zu einem Kongress von Basisdelegierten aufrufen, auf dem ein Programm gewählt wird, um die Interessen der arbeitenden Massen zu verteidigen.

Zu den drängendsten Forderungen gehört: Die Löhne, Renten und Sozialhilfen müssen automatisch monatlich an die Inflation angepasst werden, damit unser Einkommen nicht verschwindet; Die Kosten öffentlicher Dienstleistungen müssen auf ihr Niveau von vor 2016 zurückgenommen werden und danach nicht mehr steigen als die Löhne; Verteidigung aller Arbeitsplätze und Unterstützung aller Kämpfe und Besetzungen unter Arbeiter*innenkontrolle der Betriebe, die schließen oder massiv entlassen, mit einer Forderung nach Verstaatlichung.

Für einen Ausweg aus der Krise

Abgesehen von diesen Notmaßnahmen hängt das Schicksal der arbeitenden Bevölkerung von der Neuorganisierung des Landes auf neuen Grundlagen ab. In den kommenden Wochen werden die Angriffe auf die Massen weiter zunehmen. Deswegen ist es dringend notwendig, dass die Arbeiter*innenklasse und die unterdrückten Massen ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen, wenn sie nicht wollen, dass die Krise in einer Plünderung endet, wie es 2001 und so viele andere Male der Fall war.

Dafür müssen wir darüber diskutieren, was die grundlegenden Maßnahmen sind, die wir brauchen.
Der Kandidat der Front Aller, Alberto Fernández, hat immer wieder von der Notwendigkeit einer Entwertung des Peso gesprochen. Seine wirtschaftlichen Berater*innen haben ihrerseits bereits versichert, nicht mit dem IWF zu brechen und die Schulden beim internationalen Finanzkapital zurückzuzahlen.

Wir von der Partei Sozialistischer Arbeiter*innen (PTS) und der FIT-U glauben, dass sich das Leid der Massen auf diesem Weg noch weiter vertiefen wird. Um diese Katastrophe zu verhindern, fordern wir folgende Maßnahmen: Bruch mit dem IWF und Nicht-Zahlung der Schulden, Geld für Arbeit, Gesundheit, Bildung, Wohnungsbau und Renten; Verstaatlichung des Bankensystems, um die Kapitalflucht zu verhindern und die Ersparnisse zu sichern; Staatsmonopol des Außenhandels; Stopp der Preiserhöhung der öffentlichen Dienstleistungen sowie Verstaatlichung aller Unternehmen öffentlicher Dienstleistungen unter Kontrolle der Arbeiter*innen und Nutzer*innen; Enteignung aller Großgrundbesitzer*innen; für das Recht auf legale, sichere und kostenlose Abtreibung und alle Forderungen der Frauenbewegung.

Wir denken, dass der Ausweg aus der Krise nur durch eine Regierung der Arbeiter*innen und der unterdrückten Massen gesichert werden kann. Aber wir sind uns bewusst, dass diese Perspektive noch nicht von der breiten Mehrheit geteilt wird. Deshalb schlagen wir eine Notlösung angesichts der Krise vor, um unser Programm durchzusetzen: eine freue und souveräne Verfassungsgebende Versammlung, die alle Maßnahmen diskutiert und beschließt, die die Bedürfnisse der arbeitenden Bevölkerung befriedigen, die Kapitalist*innen für ihre Krise bezahlen lassen und das Land auf eine neue Grundlage stellen. So ließe sich verhindern, dass die „Märkte“ und Institutionen dieses Regimes der Reichen für uns entscheiden. Zu diesen gehört der undemokratische und reaktionäre Senat, der von den Gouverneur*innen [das argentinische Äquivalenz zu den Ministerpräsident*innen, Anm. d. Ü.] kontrolliert wird, nur zu einem Drittel erneuert wird und die Kürzungspläne durchsetzt. Aber auch der Oberste Gerichtshof, der die Prekarisierung und alle arbeiter*innenfeindlichen Maßnahmen unterstützt, gehört dazu.

Wir fordern eine freie und souveräne Verfassungsgebende Versammlung, die wirklich dazu in der Lage ist, den Wunsch der Massen auszudrücken und in die ein*e Abgeordnete*n pro 20.000 Einwohner*innen gewählt werden, die nicht Teil der abgehobenen Kaste wie im Parlament sind, sondern abwählbar sind und den Lohn einer Lehrkraft erhalten. Eine solche Konstituante müsste vollständige Rechte besitzen, um alle nationalen Probleme zu lösen und durch kein „Gegengewicht“ oder Institution des Regimes eingeschränkt zu werden, was die dort gewählten Maßnahmen verhindern könnte.

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