Museum wegen Warnstreik geräumt
Jähes Ende des Museumsbesuchs: Aus dem laufenden Betrieb heraus legten am Dienstag die Besucherbetreuer*innen im Deutschen Technikmuseum Berlin die Arbeit nieder.
Kurz vor 11 Uhr am Dienstag schloss das Technikmuseum am Gleisdreieck in Kreuzberg seine Pforten. Mehrere tausend Besucher*innen, die gerade in den Ausstellungen waren, wurden von den Mitarbeiter*innenn zu den Ausgängen geleitet. Einige hielten das zunächst für einen Scherz. An der Kasse bildete sich eine lange Schlange derjenigen, die ihre acht Euro Eintritt zurückhaben wollten. Nicht wenige Schüler*innen jubelten, dass sie statt im Museum nun die nächsten Stunden im Park verbringen konnten.
Was war geschehen? „I am on strike“ verkündet ein handgemaltes Schild auf Englisch – ich bin im Streik. Die Besucher*innen wurden Zeug*innen des zweiten Warnstreiks der Besucherbetreuer*innen im Kampf um gleiche Bezahlung. Und der erste, der nicht vorher angekündigt wurde.
Letzten Donnerstag waren bereits 40 Mitarbeiter*innen im Warnstreik. Und am Dienstag sammelten sich wieder genauso viele vor dem Museum. Über ihren schwarzen Arbeitsklamotten trugen sie neongelbe Westen der Gewerkschaft ver.di. Es sei ein „bisschen traurig für uns“, sagte eine Besucher*innengruppe aus Berlin, die auf der Straße stand. „Aber es ist okay, denn manchmal muss man zu solchen Mitteln greifen.“
Die Besucherbetreuer*innen des Museums waren geschlossen am Ausstand beteiligt. Während sie als Angestellte einer Tochterfirma nur 9,62 Euro die Stunde verdienen, werden ihre Kolleg*innen, die direkt fürs Museum arbeiten, nach dem Tarifvertrag der Länder (TV-L) entlohnt. Der Lohnunterschied beträgt fast 40 Prozent, auch wenn beide Gruppen der gleichen Tätigkeit nachgehen. „Gleiches Geld für gleiche Arbeit“ lautet daher die Forderung der Streikenden.
Die Zahl der streikenden Wachschützer*innen hatte sich von zwei auf drei erhöht. „Wir sind voller Hoffnung, dass wir etwas erreichen“, sagt Marcel E., der bei der Gewerkschaft ver.di organisiert ist, im Gespräch mit KGK. „Wir wollen ein Zeichen setzen.“ Manche Securitys haben Angst davor, durch eine Fremdfirma ersetzt zu werden. Diese Angst ist nicht unbegründet: Der Botanische Garten Berlin hat die Reinigung an eine Fremdfirma vergeben, um kämpferische Arbeiter*innen loszuwerden. Doch solche gewerkschaftsfeindliche Maßnahmen können nur begegnet werden, wenn möglichst viele im Streik sind.
„Wir haben einen sehr großen Zusammenhalt im Team“ erklärt Melanie Hübner, die seit drei Jahren im Museum arbeitet, „und das merkt man gerade im Streik.“ Sie kennt keine Kolleg*innen, die das Angebot des Museums annehmen befürworten – alle wollen zusammenhalten bis zum Erreichen der Gleichbehandlung. Als Besucherbetreuerin muss Hübner sehr unterschiedliche Aufgaben erledigen: Mal klettern Kinder auf die Exponate, mal wollen Leute mitten in der Ausstellung ein Picknick machen. Auch rechtsradikale Agitation bei Ausstellungsgegenstände aus dem Zweiten Weltkrieg habe sie erlebt. Warum sollte sie für diese Arbeit weniger verdienen als ihre Kolleg*innen?
Am Montag hatte die Museumsleitung ein neues Angebot vorgelegt: Sie wollte die Löhne um 38 Cent auf 10 Euro erhöhen, dazu sollte es eine Einmalzahlung von 3.900 Euro geben. Das ist zwar viel Geld, beeindruckte die Streikenden allerdings nicht. „Sie wollen uns abspeisen und ruhig stellen“ sagt der junge Betriebsratsvorsitzende Salim Bellachia. „Mit der Einmalzahlung kaufst du einen Fernseher und ein Fahrrad und fährst in den Urlaub; und dann bist du wieder arm.“ Die Beschäftigten sprechen von einem „unerträglichen Zustand“ und wollen zumindest „perspektivisch“ zurück in den TV-L.
Um 13 Uhr, nach zwei Stunden, war der Warnstreik beendet, Besucher konnten wieder hinein. Der Museumsvorstand betont in einem Flugblatt, „keine finanzielle oder juristische Handlungsspielräume“ zu haben. Tatsächlich müsste der Senat zusätzliche Mittel bereitstellen. Solange das nicht geschieht, droht ver.di mit weiteren Warnstreiks.