Münster: Zivilklausel unter Feuer
Eine rechte Hochschulgruppe fordert die Militarisierung der Universität Münster. Dieser Angriff auf die Zivilklausel ist nur im Kontext der allgemeinen gesellschaftlichen Rechtsentwicklung zu verstehen.
In der Universitätsstadt Münster steht die Zivilklausel, welche seit 2013 in der Verfassung der Uni verankert ist, unter Beschuss. In einem Antrag vom September 2023 forderte der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), die Studi-Abteilung der CDU, ihre ersatzlose Streichung. Zeiten, in denen man sich solch eine „pazifistische Klausel“ leisten könne, seien „spätestens nach dem 20. Februar“ vorbei und als „freiheitliche und liberale Demokratie“ müsse man jetzt „wehrhaft sein“.
Die Zivilklausel ist ein Paragraph in der Verfassung einer Universität oder eines Bundeslandes, in dem sich dazu verpflichtet wird, nur zu zivilen und friedlichen Zwecken zu forschen.
Es ist nicht das erste Mal, dass in den letzten Jahren an der Zivilklausel gesägt wurde. Ganz im Gegenteil, so wurden in der letzten Zeit sogar einige Zivilklauseln abgeschafft. 2019 entschied sich beispielsweise das Land Nordrhein-Westfalen dazu, sie aus seiner Verfassung zu streichen. Danach blieben nur noch zwei Bundesländer übrig, die die Zivilklausel weiterhin in ihrer Verfassung verankert haben. Darüber hinaus haben sich auch einige Universitäten beziehungsweise ihre verfassten Studierendenschaften freiwillig dazu entschieden, eine Zivilklausel einzuführen.
Dazu kommt, dass nur weil es eine Zivilklausel gibt, es noch längst nicht heißt, dass sich die entsprechende Institution auch daran hält. Bei so ziemlich jeder Hochschule, an der es eine Zivilklausel gibt, finden sich Beispiele, bei denen sie missachtet oder „gebogen“ wurde.
Zu diesem schwierigen Stand hat nicht zuletzt der Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 beigetragen. Die deutsche Regierung, die schon seit Jahrzehnten darauf gewartet hatte, Deutschland endlich wiederzubewaffnen, nutzte ihre geheuchelte Solidarität mit der Ukraine sogleich dazu, ein historisches Aufrüstungsprogramm durchzuwinken. Diese „Zeitenwende“ löste in Deutschland, aber auch in anderen Ländern, einen kaum zu übersehenden Rechtsruck in der Zivilgesellschaft aus. Für diese „Militarisierung nach innen“ ist der Kampf gegen jegliche antimilitärischen Institutionen wie die Zivilklausel symptomatisch. So forderte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz im Juli dieses Jahres „freien Zugang des Militärs zu den Schulen und Universitäten“. Die neue Akzeptanz für militärische Krisenlösungen reicht auch bis hinein in die Arbeiter:innenbewegung. Auf dem diesjährigen ver.di Bundeskongress verabschiedete man einen Antrag, der Waffenlieferungen an die Ukraine unterstützt. Militarisierung geht immer auch mit einer Stärkung der extremen Rechten einher, vor allem die AfD profitiert davon.
Diese Angriffe auf Hürden, die der Militarisierung im Weg stehen, zeigen, wie sehr solche Dinge ein Dorn im Auge der herrschenden Klasse sind. Und deshalb ist es auch unverzichtbar, um sie zu kämpfen und sie vor Ort zu verteidigen. Die zivile Ausrichtung der Universitäten und Hochschulen muss unbedingt bewahrt werden, um die Unis nicht zu Orten der akademischen Kriegstreiberei werden zu lassen. Es sind keine automatischen Brandmauern gegen militärische Kooperationen und müssen immer wieder verteidigt werden, wie im letzten Jahr in Münster, als ein Brigadegeneral der Bundeswehr zu einer „Diskussion über Sicherheitspolitik“ eingeladen wurde und die Veranstaltung durch linke Aktivist:innen erfolgreich gestört werden konnte.
Anlässlich des Rechtsrucks und des vermehrten Vordringens des Militärs in die Unis findet vom 28.- 29. Oktober in Kassel der Zivilklauselkongress statt. Er wird von der Deutschen Friedensgesellschaft veranstaltet und viele weitere antimilitaristische Gruppen beteiligen sich ebenfalls. Die Teilnahme ist kostenlos. Auch wir von Waffen der Kritik werden teilnehmen, da für uns der Kampf an der Uni auch immer ein antimilitaristischer und antifaschistischer Kampf ist.