Münster: Nehmen sie uns Eine, organisieren wir uns zu Tausenden!
Am 25. November begehen wir den Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen. In Münster beteiligen wir uns an einem Bündnis, das eine Demonstration unter dem Motto „Nimmt man uns eine, organisieren wir uns zu Tausenden“ veranstaltet. Wir spiegeln den Aufruf des Bündnisses.
Täglich erleben wir, wie Gewalt gegen Frauen weltweit zunimmt. In Kriegen und Konflikten werden Frauen Opfer von sexualisierter Gewalt, die neben den Bombardierungen als Kriegswaffe gegen Frauen und Kinder eingesetzt wird. Doch der Blick muss nicht einmal nach Gaza, in den Sudan, Iran oder nach Afghanistan gehen: Alle 4 Minuten erlebt eine Frau in Deutschland Gewalt durch ihren Partner oder Ex-Partner. Nahezu jeden Tag geschieht ein (versuchter) Femizid, also ein Mord oder Totschlag einer Frau allein aufgrund ihres Geschlechts. Auch trans Personen sind häufig von sexualisierter Gewalt betroffen und werden oft gar nicht in den Statistiken erfasst. Gleichzeitig werden Hilfsangebote wie Frauenhäuser eingeschränkt oder gestrichen. Kürzungen im sozialen Bereich verschärfen die ohnehin prekären Lebenssituationen vieler Frauen und erschweren den Zugang zu dringend benötigter Unterstützung.
Auch Prostitution bleibt eine extreme Ausbeutung und Gewalt gegen Frauen, die insbesondere wirtschaftlich benachteiligte Frauen betrifft. Allzuhäufig wird Prostitution durch Menschenhandel und körperliche sowie psychische Gewalt erzwungen. Die Liste sexualisierter Gewalt ließe sich um einiges fortsetzen. Die Situation zeigt deutlich: Geschlechtsspezifische Machtgefälle und die damit einhergehende Gewalt sind tief in der gesellschaftlichen Ordnung verwurzelt.
Gewalt gegen Frauen ist kein individuelles Problem!
Gewalt gegen Frauen ist keine individuelle Angelegenheit mit einzelnen Tätern, sondern Teil des kapitalistischen Systems, das auf Ausbeutung und Unterdrückung basiert. Sie ist ein vielschichtiges Problem, das sich nicht nur in finanzieller Abhängigkeit manifestiert, sondern auch in direkter, oft brutaler Form. Frauen werden zu oft immer noch wie Objekte behandelt, die gekauft, besessen oder benutzt werden können, anstatt wie eigenständige Menschen mit Rechten und Würde. Diese Sichtweise entsteht durch Medien, Werbung oder kulturelle Vorstellungen, die Frauen vor allem auf ihr Aussehen, ihre Sexualität oder ihre Rolle im Haushalt reduzieren.
Regelungen wie das Ehegattensplitting fördern ein traditionelles Familienmodell, indem die wirtschaftlichen Anreize für eine ungleiche Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen verstärkt werden. Dies führt nicht nur zu einer wirtschaftlichen Abhängigkeit von Frauen, sondern auch zu gesellschaftlichen Nachteilen wie der Rentenlücke und daraus folgender Altersarmut sowie einer geringeren Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt. Der Kapitalismus ist der Ursprung der Kette der Gewalt, welche bei anzüglichen Bemerkungen beginnt, weitergeht mit ungewollten Berührungen und Vergewaltigung und letztlich zu Femiziden führen. All das sind alltägliche Erfahrungen für viele Frauen – sei es in Schulen, am Arbeitsplatz, im familiären Umfeld oder auf dem Weg nach Hause. Gemeinsam wollen wir die verschiedenen Formen von Gewalt an Frauen sichtbar machen – von alltäglichen Sexismen über sexualisierte Gewalt bis hin zu Femiziden.
Wir müssen die Ursachen dieser Gewalt verstehen und solidarisch dagegen vorgehen – in der Arbeitswelt, an den Universitäten, in den Schulen und auf der Straße.
Der Staat schützt uns nicht!
Der Kampf gegen die strukturelle Gewalt an Frauen ist untrennbar mit dem Kampf gegen den Kapitalismus verbunden. Der Staat, der Kriege führt und Ausbeutung organisiert, wird Frauen nicht aus der Unterdrückung befreien. Staatliche Institutionen sind oft nicht in der Lage, betroffene Frauen effektiv zu schützen, da es Kapazitäten und Geldern fehlt. Ein Staat, der Waffen liefert, militärisch an Kriegen beteiligt ist und die traditionelle Kleinfamilie – einen zentralen Ort patriarchaler Gewalt und wirtschaftlicher Abhängigkeit – aufrechterhält, ist kein verlässlicher Partner im Kampf gegen diese Gewalt.
Staatliche Reformen greifen zu kurz: Bürokratie und bürgerliche Bestrafungslogik bekämpfen nicht die Ursachen der Gewalt, die in den kapitalistischen Verhältnissen liegen, sondern maximal deren Symptome.Die Ampel investierte lieber Geld in die Aufrüstung, anstatt in den Schutz von Frauen. Damit trifft die Bundesregierung ein Entscheidung für Militarisierung und Gewalt und gegen die Sicherheit von Frauen. Deshalb setzen wir auf Selbstorganisation und internationale Solidarität.
Unsere Perspektive
Frauen werden im Kapitalismus nicht nur durch Lohnarbeit ausgebeutet, sondern auch durch unbezahlte Care-Arbeit im Haushalt. Diese Trennung von Produktions- und Reproduktionsarbeit sichert die doppelte Ausbeutung der Frau. Wir müssen als Arbeiter:innenklasse und Jugend die Wurzeln der Gewalt weltweit bekämpfen und gemeinsam eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung schaffen.
Wir brauchen kollektive Strukturen, um diese Abhängigkeiten zu überwinden. Deshalb fordern wir:
1. Selbstorganisierte Strukturen: Netzwerke und Frauenkomitees, die Schutz, Prävention und Solidarität bieten – unabhängig von staatlichen Institutionen.
2. Bildung und Aufklärung von unten: Feministische und sozialistische Perspektiven müssen in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz diskutiert werden – gemeinsam mit allen Geschlechtern. Der Kampf gegen Sexismus ist zentral für die Befreiung aller.
3. Ersatzlose Streichung des Paragraphen 218 StGB: Für das vollständige Recht auf körperliche Selbstbestimmung und gegen die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.
5. Existenzsichernde Alternativen: Frauen in prekären Situationen brauchen Zugang zu Frauenhäusern, bezahlbarem Wohnraum, sicheren Arbeitsplätzen und kostenloser Gesundheitsversorgung. Daher braucht es einen Ausbau der Frauenhäuser statt Kürzungen in der sozialen Arbeit. Das ermöglicht auch besonderen Schutz für Prostituierte.
4. Vergesellschaftung der Care-Arbeit: Hausarbeit darf keine Last einzelner Frauen bleiben. Wir fordern kostenlose Kitaplätze, Gemeinschaftskantinen, Wäschereien sowie einen massiven Ausbau der Alten- und Krankenpflege. Nur so können Frauen die Zeit und Freiheit gewinnen, sich politisch und gesellschaftlich einzubringen.
Lasst uns gemeinsam kämpfen!
Wir wollen die Kette der Gewalt durchbrechen – von alltäglichen Sexismen über sexualisierte Gewalt bis hin zu Femiziden – und dafür müssen wir als Arbeiter:innen gemeinsam gegen die tatsächlichen Ursachen der Gewalt kämpfen und uns mit betroffenen Frauen und trans Personen solidarisieren! Wir sind an diesem Tag vereint mit allen mutigen Frauen dieser Welt. Aber auch mit denjenigen, die noch nicht den Mut fassen, sich gemeinsam mit uns zu wehren.
Thematisieren wir die verschiedenen Formen der Gewalt, informieren uns und setzen uns auseinander über die Ursachen und über Wege, Gewalt an Frauen zu beseitigen.
Kommt am 25.11.2024 um 18 Uhr zum Prinzipalmarkt in Münster! – Für einen internationalen, proletarischen Feminismus!