Münster: Friedenspreis für Macron – Feierliches Bankett oder Polit-Theater der Eliten?

27.05.2024, Lesezeit 6 Min.
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Foto: Oli Medina

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bekommt am Dienstag in Münster den Westfälischen Friedenspreis verliehen. Eine politische Farce, gegen die demonstriert werden muss.

Münsters feine Gesellschaft ist in heller Aufregung: Dienstag, der 28. Mai, ist ein glanzvoller Tag im Zentrum von Münster, denn im Rathaus wird ein opulentes Menü für die Verleihung des Westfälischen Friedenspreises vorbereitet. Etwa 340 Gäste erwarten feinste Delikatessen, darunter Paté de Champagne und Spargelterrine, Kalbsfilet und Seeteufel, abgerundet mit einem süßen Finale aus Quark-Mousse und Crème Brûlée. Und wer wird da gemeinsam mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Tisch sitzen? Niemand Geringeres als der französische Präsident Emmanuel Macron. Weit entfernt von der Öffentlichkeit, außerhalb des Rathauses, im Schloss Wilkinghege – einem Hotel am Stadtrand. Auf der Stubengasse in der Innenstadt wird ein Public Viewing organisiert, sodass auch diejenigen, die draußen bleiben müssen, die Preisverleihungs-Zeremonie verfolgen können. Der Besuch findet im Kontext der Verleihung des „Westfälischen Friedenspreises“ an Emmanuel Macron statt. Die offizielle Begründung für die Preisverleihung lobt Macrons Einsatz für Konfliktbegrenzung und ein gemeinsames europäisches Vorgehen. 

Es ist ein scheinbar freudiges Event für Ja-Sager, die gerne Ihre Augen vor der politischen Realität verschließen. Emmanuel Macron fiel nämlich im Kontext des Ukraine-Krieges eher mit der eskalierenden Forderung einer Entsendung von Bodentruppen auf. Friedensstiftend ist daran nichts, es passt aber zur herrschenden angeblichen „Friedenspolitik“. Aber auch im Kontext von Macrons innenpolitischen Maßnahmen und außenpolitischen Interventionen ist die Verleihung zu den Zielen eines Friedenspreises eine absolute Farce. 

Seit Macrons Amtsantritt gab es in Frankreich mehrere große Protestbewegungen gegen seinen Versuch des neoliberalen Umbaus Frankreichs. Am meisten Furore boten wohl die „Gelbwesten“-Proteste und die Proteste gegen die Rentenreform. Macrons neoliberale Reformen haben die Lebenssituation vieler Franzosen verschärft. Seine Arbeitsmarktreformen und Angriffe auf das Rentensystem führten in der Vergangenheit zu massiven Protest- und Streikwellen. Macron hat dabei immer wieder gezeigt, dass er gewillt ist, Proteste auch entgegen der Stimmung der Mehrheit der Bevölkerung, gewaltsam zu unterdrücken. Dies wurde auch bei den jüngsten Rentenreformen deutlich, bei denen Polizeieinheiten auch gezielt mit Gummigeschossen auf die Augen von Protestierenden geschossen haben. Auch hat Macron dabei bewiesen, dass er es mit der Demokratie nicht so recht ernst meint, das Gesetz zur Rentenreform wurde von ihm mit präsidialem Dekret an der Nationalversammlung vorbei durchgesetzt. Allein dafür sollte ein Friedenspreis bereits ausgeschlossen sein. 

Doch da ist noch mehr. Macrons Politik gegenüber Frankreichs ehemaligen Kolonien, insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent, ist eine Fortsetzung der neokolonialen Durchsetzung der Interessen der französischen Eliten. Frankreich hat unter Macron mehrere militärische Interventionen in der Region organisiert, einschließlich des Einsatzes in der Sahelzone. Diese Maßnahmen werden als Teil des Kampfes gegen den Terrorismus gerechtfertigt, im Vordergrund standen jedoch viel mehr der Zugang zu Gold und anderen Mineralien, die es in Mali gibt. Frankreich unterhält Militärbasen in der Sahelzone, um seine wirtschaftlichen Interessen zu schützen und seine geopolitische Macht zu festigen. Diese Basen ermöglichen es Frankreich, die Sicherheit der Transportrouten und den Zugang zu Ressourcen zu gewährleisten und geflüchtete lange vor seinen Grenzen abzufangen.

Aber auch in anderen Gebieten unter französischen Einfluss regiert Macron mit harter Hand. Die französische Regierung plant beispielsweise, das Wahlrecht im französischen Überseegebiet Neukaledonien zu ändern, um die politischen Kräfteverhältnisse zugunsten der pro-französischen Loyalist:innen zu verschieben. Diese Reform würde den Einfluss der kanakischen Unabhängigkeitsbewegung schwächen und den verspäteten Dekolonisationsprozess aufhalten. Denn ein unabhängiges Neukaledonien würde Frankreichs Wirtschaft schaden: Die Insel ist reich an Nickel, einem zentralen Rohstoff in der Metallindustrie. Macrons Politik führt in der Praxis dazu, dass die Unterdrückung des Kanak-Volkes zunimmt, ohne die Frankreich nicht in der Lage wäre, seine wirtschaftlichen Interessen zu verteidigen. Zudem liegt die Insel im Kampf mit China um die Vorherrschaft im Pazifik strategisch günstig.

Innerhalb der EU treibt Macron eine Militarisierungsagenda voran, die die geopolitischen Spannungen weiter verschärfen wird. Sein Vorschlag beinhaltet die Einrichtung eines europäischen Raketenabwehrschirms, die Verdopplung des EU-Verteidigungsbudgets und die Aufstellung einer schnellen Eingreiftruppe. Unter Macron hat Frankreich seine Position als einer der führenden Waffenexporteure der Welt beibehalten. Die Förderung der Rüstungsindustrie und der Verkauf von Waffen in Kriegsgebiete tragen nichtmal ein wenig zur globalen Friedensförderung bei, sondern verschärft Konflikte sogar.

Seine politischen Entscheidungen stehen somit im Gegensatz zu den Prinzipien von Frieden, Demokratie und Gerechtigkeit, die der Westfälische Friedenspreis laut eigener Aussage fördern möchte. Dies wirft Fragen in Bezug auf die Kriterien und Absichten hinter solchen Auszeichnungen auf. Die Veranstaltung hat offenbar nicht den Zweck, tatsächliche Friedenskräfte auszuzeichnen, sondern dient allein dem Zweck, die Politik der kolonialen Unterjochung, der Zertrümmerung sozialer Errungenschaften und der Vorbereitung auf einen Dritten Weltkrieg vor der Öffentlichkeit als friedlich zu framen. Die Verleihung des Westfälischen Friedenspreises an Macron ist nicht nur eine Verhöhnung derjenigen Kräfte, die sich tatsächlich seit Jahrzehnten für den Frieden, für Demokratie und Selbstbestimmung einsetzen. Sie ist auch ein Schlag ins Gesicht all jener, die unter seiner Politik leiden.

Wir müssen uns lautstark gegen diese heuchlerische Inszenierung stellen. Macron und seine Politik des Neoliberalismus und der Militarisierung dürfen nicht unkommentiert bleiben. Es soll eine Kundgebung vor dem Rathaus stattfinden, bis zu 500 Demostrant:innen werden erwartet.

Demonstration

Wann? Dienstag, 28. Mai, ab 10 Uhr 

Wo? Domplatz/Ecke Michaelisplatz geben.

Du willst mit Waffen der Kritik Münster auf die Demonstration gehen? Schreib uns eine unter: info@klassegegenklasse.org

oder per Instagram

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