München: TUM-Leitung und Polizei sperren Studierende in Hörsaal ein
Polizei und Hochschulleitung der TUM sperrten am Montag 30 palästinasolidarische Arbeiter:innen und Studierende ein. Während die Waffenruhe in Gaza angefangen hat, geht die Repression gegen die Palästinasolidarität an den Unis munter weiter.
Palästinasolidarische Arbeiter:innen und Studierende von den Gruppen Academics for Justice und Students for Palestine haben einen Bericht veröffentlicht, in dem Kooperationen der Technischen Universität München (TUM) mit israelischen Universitäten sowie dem Militär angeprangert werden. Dabei handelt es sich vor allem um Zusammenarbeit im Bereich der Militärforschung, die die Unileitung am liebsten komplett geheim halten würde. Der 52-Seiten lange Bericht deckt die Komplizenschaft der TUM sowie der LMU im Genozid in Gaza auf, hier findet ihr den gesamten Bericht.
Aus diesem Grund haben die beiden Gruppen ein Gespräch mit der Universitätsleitung der TUM für gestern Abend, Montag, den 20. Januar angekündigt. Für den offenen und demokratischen Dialog haben die Studierenden öffentlich geworben und Journalist:innen, andere Akademiker:innen, Menschen aus der Administration sowie alle Studierenden der Münchner Universitäten eingeladen. Die Universitätsleitung hat das vereinbarte Treffen nicht abgesagt, sondern die Diskussionsteilnehmer:innen herein gelassen und gewartet, bis 30 Personen sich im Raum befunden haben. Danach riefen sie die Polizei und sperrten alle Teilnehmer:innen im Saal ein. Dabei schikanierten die Polizist:innen die Teilnehmer:innen, durchsuchten sie und ließen sie nicht einmal alleine auf die Toilette gehen. Das alleine stellt einen massiven Skandal dar, der noch dadurch getoppt wurde, dass nun 30 Anzeigen gegen angeblichen Hausfriedensbruch ausgestellt worden sind. Die Teilnehmer:innen werden an ihrer eigenen Uni zu Kriminellen gemacht, während die Hochschulleitung und Polizei die wahren Kriminellen sind.
Währenddessen bildete sich eine Welle an Solidarität vor dem Hörsaal, am Ende organisierten ca. 250 Menschen eine Eilkundgebung als Antwort auf die Einsperrung. Während der Kundgebung wurden die einzelnen Studierenden aus dem Gebäude von der Polizei begleitet. Dabei hat die Polizei die Studierenden durchsucht, teilweise gewaltvoll behandelt und anwaltliche Begleitung verwehrt. Die Polizei erteilte den betroffenen Studierenden außerdem Platzverweise von ihrer eigenen Universität, die sie nun 24 Stunden lang nicht betreten dürfen. Es wurden auch die persönlichen Daten der Studierende von der Polizei an die Unileitung weitergegeben. Das könnte für die Studierenden noch zu härteren Konsequenzen führen, da seit letztem Jahr an bayerischen Universitäten politische Exmatrikulationen vereinfacht wurden, was vor allem der Repression der Palästinasolidarität dienen sollte.
Die Repression an den Unis geht weiter
Während die hart erkämpfte Waffenruhe in Gaza nun eintritt, nimmt die Repression gegen die Palästinasolidarität weiter zu. Seit fast 15 Monaten werden Studierende und Arbeiter:innen der deutschen Hochschulen immer wieder von der Polizei bedroht, auch verprügelt und eingeschüchtert, während die Unileitungen entweder selber die Cops gerufen, massenhaft Anzeigen erstattet oder die polizeilichen Angriffe hingenommen haben. Der einzige Lichtblick scheint die Hochschuldirektorin Bettina Völter der Alice Salomon Hochschule in Berlin zu sein, die vor zwei Wochen Polizei davon abhielt, den Campus zu betreten und Studierende festzunehmen, weil sie einen Raum des Campus besetzten, um sich ihre akademischen Räume zurückzuholen und über Palästina zu diskutieren. Sie argumentierte gegen die ankommende Polizei, dass das Hausrecht an der Hochschule gelte, niemand die Polizei gerufen habe und die Studierenden Angst vor deren Anwesenheit hätten. Doch diese Solidarität hält nicht lange an. Schon zwei Tage nach dem Ende der Besetzung und vier Festnahmen von Studierenden durch die Polizei veröffentlichte die Leitung der Hochschule ein Statement, laut dem das Existenzrecht Israels nicht in Frage gestellt werden darf und somit ihre Loyalität zur deutschen Staatsräson beweist.
In diesem Kontext müssen wir auch die von Akademiker:innen und Studierenden selbstorganisierte Konferenz „Talking about (the Silencing of) Palestine“ betrachten. Hier wollten hunderte Menschen an der Goethe Universität zusammenkommen, um über die Einschränkungen der Meinungs-, Versammlungs- und Wissenschaftsfreiheit bezüglich des Genozids in Gaza und der Komplizenschaft der deutschen Universitäten diskutieren. Nachdem die Konferenz von Vertretern der CDU als “Wanderzirkus bekannter Israelhasser” diffamiert wurde, verbot die Unileitung die Konferenz komplett. Anscheinend aus “verwaltungstechnischen Gründen”. Doch die über 350 Angemeldeten ließen sich nicht einschüchtern und organisierten in Eiltempo unabhängig die Konferenz, ein weiterer Beleg für die autoritäre Staatsräson an den Unis sowie die Standhaftigkeit der Palästinabewegung. Es war ein Erfolg der Studierendenbewegung, dass die Konferenz trotz ständiger Hetze und Repression stattfinden konnte. Jedoch ist es wichtig zu betonen, dass wir uns damit nicht zufriedengeben. Genauso wie es die Gruppe an der TU München versucht hat, an der Universität die Hochschulleitung herauszufordern und eine Debatte anzustoßen, müssen wir solche Ansätze an anderer Stelle ausweiten und vehement Vollversammlungen einfordern, an denen wir frei sprechen dürfen, ohne von der Staatsräson gegängelt zu werden.
In diesem Sinnen begrüßen wir es, dass die neu gegründete Initiative Studis gegen Rechts München auf unseren Vorschlag hin plant, nächste Woche eine Vollversammlung zu organisieren, die für alle Studierenden und Arbeiter:innen der Münchner Hochschulen zugänglich ist. Dort wollen wir folgende Vorschläge einbringen, die sich politisch auch mit dem Skandal an der TUM auseinandersetzen.
– Alle Anklagen müssen fallen gelassen werden!
– Bullen runter vom Campus!
– Die Polizei muss alle Daten löschen und darf diese nicht an die Hochschulleitung der TUM weitergeben!
– Transparenz über alle Forschungsprojekte und Geldflüsse, uns darf nichts verheimlicht werden.
– Stopp jeglicher Repression gegen politisches Engagement an den Universitäten, auch über die Palästinasolidarität hinaus!
– Rücknahme des Gesetzes für die Einführung politischer Exmatrikulationen!
– Nicht Bullen und Hochschulleitung sollen an unseren Unis bestimmen, sondern wir, die Arbeiter:innen und Studierenden, denn wir sind die Uni, und ohne uns gibt es weder Forschung noch Lehre!