München: Geflüchtete errichten Protest-Camp gegen Abschiebungen

18.10.2021, Lesezeit 3 Min.
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Bild: Klasse Gegen Klasse

Geflüchtete aus Sierra Leone haben in München ein Protest-Camp errichtet, um gegen ihre drohende Abschiebung zu protestieren. Unterstützung ist dringend nötig.

In München haben heute rund 200 Geflüchtete aus Sierra Leone, die neben München auch aus Passau, Landshut und Nürnberg angereist sind, gegen drohende Abschiebungen demonstriert. Sie fordern sicheren Aufenthalt und die Arbeitserlaubnis für alle. Die Demonstration zog vom Harras zur Zentralen Ausländerbehörde in der Hofmannstraße in Obersendling. Dort errichten die Geflüchteten derzeit Zelte, um den Protest fortsetzen zu können, bis ihre Forderungen erfüllt sind.

Damit der Protest aufrechterhalten und die Forderungen durchgesetzt werden können, ist die politische Unterstützung und praktische Solidarität von Parteien, linken Organisationen und Aktivist:innen dringend geboten. Auch und besonders die DGB-Gewerkschaften müssen sich dringend die Forderungen der sierra-leonischen Community in Bayern zu eigen machen und sich mit ihren Mitteln dafür einsetzen, die drohenden Abschiebungen zu verhindern und das Recht auf Arbeit durchzusetzen.

Nach Informationen des Bayerischen Flüchtlingsrat finden in der Zentralen Ausländerbehörde derzeit Anhörungen mit einer Delegation der sierra-leonischen Botschaft statt. Werden den Vorgeladenen auf Grundlage der Anhörung Reisedokumente ausgestellt, droht ihnen akut die Abschiebung. In einer Pressemitteilung schreibt der Bayerische Flüchtlingsrat:

Die Anhörungen werden gegen den Willen der Betroffenen durchgeführt, damit wird ein enormer psychischer Druck auf die ohnehin schon häufig traumatisierten Menschen ausgeübt. Allein die Vorladung zu einer solchen Anhörung stellt eine extreme Belastung dar und ruft bei den Personen Ängste, Unsicherheit und Verzweiflung hervor.

Momoh Kamara lebt seit Jahren in München, nahe der Auftaktkundgebung am Harras, und hat hier eine Ausbildung absolviert. Im Gespräch mit Klasse Gegen Klasse betont er:

Sierra Leone ist nicht sicher. Dass wir abgeschoben werden sollen, ist ungerecht. Wir sind hier, weil Deutschland sicher ist und wir in Bayern zuhause sind, und wir gehen nirgendwo hin. Zwölf Jahre hat der Bürgerkrieg in Sierra Leone gedauert, viele unserer Eltern sind dort gestorben und es ist dort immer noch nicht sicher für uns. Eine politische Versammlung wie heute wäre in Sierra Leone unmöglich.

Von 1991 bis 2002 herrschte in dem kleinen westafrikanischen Staat Bürgerkrieg, in den auch der heutige Präsident des Landes Julius Maada Bio involviert war. 2019 besuchte der deutsche Außenminister Heiko Maas das Land. In Redebeiträgen und Parolen drückten die Protestierenden immer wieder ihre Opposition gegen die amtierende Regierung in Sierra Leone aus.

Das neue Protestcamp in der Hofmannstraße ist nicht das erste seiner Art in München. So traten im Herbst 2016 Dutzende Geflüchtete am Sendlinger Tor in einen Hungerstreik, um Bleiberecht zu fordern.

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