Mission accomplished – Tarifvertrag am Botanischen Garten nun endlich unterschrieben!
Fast einen Monat ist es her, dass die Gewerkschaft ver.di den ausgehandelten Tarifvertrag im unterschrieben hat. Die Geschäftsführung hat ihre Unterschrift jedoch hinausgezögert. Erst heute hat sie den Vertrag unterzeichnet. Die Tarifeinigung ist nun rechtssicher. Die Kolleg*innen können erstmal tief durchatmen.
Seit 50 Monaten kämpften die Kolleg*innen im Botanischen Garten für einen Tarifvertrag. Die Freie Universität (FU) hat es damals geschafft, durch die Ausgliederung dutzender Kolleg*innen in die Betriebsgesellschaft Botanischer Garten und Botanisches Museum (BGBGBM) den geltenden Tarifvertrag der Länder (TdL) für Beschäftigte zu unterwandern. Für die Betroffene bedeutete das Löhne, die kaum den eigenen Grundbedarf deckten, geschweige denn den Bedürfnissen einer Familie gerecht werden. Das ging sogar soweit, dass Kolleg*innen ihren mageren Lohn mit Hartz IV aufstocken mussten. Darüber hinaus hat die Geschäftsführung bis zum Schluss versucht, die Kolleg*innen zu erpressen.
Doch nun ist es geschafft: Betriebsrat und ver.di-Mitglied Lukas S. erklärt sich ebenfalls zufrieden und erleichtert:
Der Tarifvertragsabschluss hat in den letzten Monaten trotz Einigung noch einmal ordentlich gewackelt. Daraus resultierend war die Stimmung im Betrieb extrem aufgeladen. Man darf nicht vergessen, dass wir insgesamt 50 Monate gekämpft haben. Fast ein Jahrzehnt herrschten prekäre Bedingungen. Ich denke, es war wichtig, dass wir jetzt auch auf den letzten Metern unsere eigenen Ziele kompromisslos weiter verfolgt und agiert statt reagiert haben. Und auch in Zukunft müssen wir alle gemeinsam weiter wachsam bleiben. Wie sagte es Klaus Ernst (MdB) kürzlich auf einer Betriebsrätekonferenz: „Wer den Kopf in den Sand steckt, braucht sich über Tritte in den Hintern nicht wundern!“ Treffender kann man die sogenannte „Sozialpartnerschaft“ wohl nicht umschreiben. Die Kolleg*innen können jetzt wohlverdient ihre Feiertage mit ihren Familien und Freunden verbringen. Wir haben das alle bitter nötig. Wir bedanken uns an der Stelle herzlichst bei den vielen Gruppen, Unterstützer*innen und den Studierenden für die herausragende Solidarität.
Gewackelt hat der Tarifvertrag vor allem, weil die Geschäftsführung nicht locker gelassen hat. So sollte erst vor wenigen Wochen der Betriebsrat mit einer Betriebsvereinbarung zur Dienstplanung, die wiederum massive Verschlechterung bei Pausenzeiten und die Streichung von Überstundenzuschlägen bedeutet hätte, erpresst. Die Geschäftsführung stellte diese Vereinbarung als Bedingung, um selbst den Tarifvertrag zu unterschreiben. Bis zur Unterschrift wurde den Kolleg*innen also nichts geschenkt.Ver.di erklärt:
Endlich kann nach unnötigen Verzögerungen durch die BG BGBM das Geld ausgezahlt werden. Wir konnten die Angriffe der letzten Wochen auf die Mitbestimmung (Versuch der Erpressung des Betriebsrates zum Abschluss einer die Bedingungen verschlechternden Betriebsvereinbarung zur Dienstplanung) in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat und der IG BAU abwehren. Endlich besteht nach Monaten der Auseinandersetzung und nach einem Jahrzehnt Lohndumping wieder eine Perspektive auf einen fairen Lohn.
Kämpferische Führung des Arbeitskampfes
Dieser Erfolg ist vor allem der kämpferischen Führung des Arbeitskampfes, sowie der zahlreichen Unterstützung durch gewerkschaftlichen Aktivist*innen und Studierenden, zu verdanken. So wurden immer wieder vor den Eingängen des Gartens Flyer verteilt, es gab Aktionen innerhalb des Gartens, Streikdemonstrationen wurden organisiert und auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller bekam mehrmals Besuch von den Kolleg*innen. Auch wurde versucht die verschiedenen Kämpfe am Technikmuseum und besonders an der Charitè unter dem „Aufstand der Töchter“ zu vereinigen und damit auf ein höheres politisches Niveau zu heben. So riefen Kolleg*innen des Botanischen Gartens immer wieder dazu auf, auch die Streiks bei der CFM zu unterstützen. Doch auch der Kampf von Schüler*innen gegen Rassismus wurde von den Beschäftigten aufgenommen. Sie solidarisierten sich sowohl im April als auch im September öffentlich mit dem Schulstreik gegen Rassismus. Aktionen, die immer wieder eine größere Öffentlichkeit erreicht haben und der Geschäftsführung sicherlich ein Dorn im Auge waren.
Nach der Tarifrunde ist vor der Tarifrunde
Doch schon nach der Einigung im September hieß es von ver.di zur erzielten Einigung.
Mit den beiden Einigungen ist ein erster Schritt getan hin zu einer Rückführung des Botanischen Gartens in den TV-L. Gerade im Bereich des Rahmentarifvertrages sind die Beschäftigten bis Ende 2019 schlechter gestellt als die Beschäftigten mit Vertrag mit der freien Universität. Die Beschäftigten der Betriebsgesellschaft erhalten weiterhin keine Jahressonderzahlung, keine Betriebsrente (VBL), die gerade angesichts der letzten Jahre Lohndumping vor Altersarmut schützen könnte, keine Schicht- und Wechselschichtzuschläge, keinen Krankengeldzuschuss und vieles mehr – und arbeiten eine Stunde länger. Ein erster Schritt ist nach 14 Verhandlungen und 20 Monaten aktiver Gewerkschaftsarbeit geschafft. Aber der zweite darf nicht ausbleiben. Für ein menschenwürdiges Leben in Berlin.
Das Ziel muss somit weiterhin sein. „Gleiches Geld für gleiche Arbeit!“, wie es die Kolleg*innen auf ihren zahlreichen Aktionen immer wieder lautstark gefordert haben. Doch dieser Arbeitskampf hat uns gezeigt, dass sowohl die Freie Universität als auch der Senat nicht unbezwingbar sind. Besonders die Tarifauseinadersetzung an der Charitè wird in den nächsten Wochen weitergehen. Auch dieser Kampf ist richtungsweisend für die Arbeiter*innenklasse in Berlin.
Erst einmal jedoch können alle Kolleg*innen des Botanischen Garten durchatmen und ihren Erfolg feiern. Denn es war nicht nur ein Erfolg für sie, sondern für alle kämpferischen Sektoren in Berlin und anderswo. #KämpfenLohntSich. Sie haben es allen gezeigt: Eine Mission Impossible gibt es für Arbeiter*innen nicht!