Millionen Frauen demonstrieren weltweit im Rahmen der neuen Welle des Klassenkampfes

09.03.2020, Lesezeit 5 Min.
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Am 8. März mobilisierten sich weltweit Millionen Frauen, um gegen patriarchale Gewalt und Sexismus zu protestieren. Während in einigen Ländern die Mobilisierungen im Vergleich zum Vorjahr abnahmen, demonstrierten beispielsweise in Chile über eine Million Menschen.

Geprägt waren die Mobilisierungen in vielen Ländern von der angespannten politischen Situation: Die Demonstrationen zeigten nicht nur eine starke globale feministischen Bewegung, sondern auch und vor allem die Rückkehr des Klassenkampfes auf internationaler Ebene. In den Volksaufständen der letzten Monate – ob in Algerien, Chile, Libanon oder Hongkong – standen Hunderttausende junger Frauen in der vordersten Reihe des Kampfes gegen die unterdrückerischen und ausbeuterischen Regime.

In manchen Ländern wird erst am heutigen Montag zu Großdemonstrationen aufgerufen, wie auch in Argentinien: Hier hatte die Kirche, die eng mit dem Staat verbunden ist und eine wichtige Lobbygruppe gegen das Recht auf körperliche Selbstbestimmung ist, am 8. März zu einer Demonstration „für das Leben“ aufgerufen. Brot und Rosen Argentinien und andere linke Organisationen protestierten dagegen, um der Kirche nicht den Tag zu überlassen.

Chile

In Chile schaffte es die Frauenbewegung, den Massenprotesten neues Leben einzuhauchen, die in den letzten Monaten abgenommen hatten: Über eine Million Menschen demonstrierten auf der Plaza Dignidad in Santiago de Chile. So wurde klar, dass die „Sommerpause“ der Proteste vorbei ist.

Die Demonstrantinnen forderten lauthals „Raus mit (Präsident) Piñera“ – die Forderung, die die Rebellion seit Oktober auf den Straßen ruft. Mit der Parole „Pinera ist ein Mörder, genau wie Pinochet“ verurteilten sie die Repression und Menschenrechtsverletzungen, die in Chile begangen werden.

Über 200 Anzeigen für politische sexualisierte Gewalt wurden seit dem Beginn der Proteste im Oktober gegenüber der Polizei erhoben. Daher wundert es nicht, dass die Demonstrantinnen gegenüber den Polizistinnen riefen, dass sie nicht ihre Genossinnen seien:

Die feministisch-sozialistische Gruppe Pan y Rosas Teresa Flores, Schwesterorganisation von Brot und Rosen in Deutschland, brachte ein riesiges grünes Halstuch, das Symbol des Kampfes für legale, sichere und kostenlose Abtreibung auf die Demonstration.

Joseffe Cáceres, Gewerkschafterin und Anführerin von Brot und Rosen, erklärte ihre Teilnahme:

Heute zeigen wir das enorme Potenzial und die Stärke der Frauenbewegung. Millionen von uns sind heute in einer neuen historischen Mobilisierung auf die Straße gegangen und haben gegen Piñera und seine Repression geschrien. Diese mörderische Regierung, die eine Zustimmungsrate von 6% hat, muss weg, sie hat uns nicht zu bieten außer Fallen und brutaler Repression. Sie muss mit der Mobilisierung gestürzt werden, mit den arbeitenden und jungen Frauen und Queers in der ersten Reihe im Kampf für die Freie und Souveräne Verfassungsgebende Versammlung.

Auch heute findet ein zentraler Streiktag statt. In der Hafenstadt Antofagasta im Norden des Landes wurde die Demonstration von der Polizei angegriffen.

Carabineros reprime marcha en #Antofagasta

Slået op afLa Izquierda Diario Chilei Mandag den 9. marts 2020

Auch in Santiago griff die Polizei heute brutal ein: Schüler*innen, die heute streiken und demonstrieren wollen, werden von der Polizei festgenommen.

Mexiko

In Mexiko-Stadt fand gestern mit 150.000 Demonstrantinnen eine historische Mobilisierung statt. Hunderte feministische, soziale und linke Organisationen mobilisierten gegen Femizide und patriarchale Gewalt, sowie gegen prekäre Arbeitsbedinungen und Entlassungen und für die Verteidigung von indigenen Territorien gegen die Großbauprojekte der Regierung von López Obrador.

Auch in Mexiko demonstrierte Pan y Rosas mit einem großen Block von 1.000 Personen gegen Gewalt und Prekarisierung, sowie für legale, sichere und kostenlose Abtreibung und in Solidarität mit den Protesten in Chile, Frankreich und weltweit.

Participación histórica del contingente de Pan y Rosas México. A 11 años de nuestra fundación, más de mil mujeres, niñxs, trabajadorxs, estudiantes, amas de casa y miembrxs de la comunidad sexodiversa marchamos este #8M contra el feminicidio yel trabajo precario #NiUnaMenos ¡No les vamos a ceder ni un pedacito de calle!

Slået op afPan y Rosas Mexicoi Søndag den 8. marts 2020

Frankreich

In Paris demonstrierten 60.000 gegen Gewalt an Frauen, sowie gegen die Regierung von Macron und in Solidarität mit den Frauen auf der Welt.

Ein zentrales Thema war die Rentenreform, die die verhasste Regierung gegen den Willen der Bevökerung durchsetzen will und gegen die seit Dezember Streiks stattfinden.

Auch hier protestierte Du Pain et des Roses gemeinsam mit den Streikenden der Verkehrsunternehmen RATP und SNCF mit dem Slogan: „Studierende und Streikende in der ersten Reihe gegen Kapitalismus und Patriarchat!“

Spanischer Staat

Auch im Spanischen Staat fanden dieses Jahr wieder massive Demonstrationen statt. Über 120.000 protestierten in Madrid, während in Barcelona und Bilbao jeweils circa 50.000 auf die Straße gingen. Auch in Städten wie Sevilla, Zaragoza, Cádiz und anderen fanden Demonstrationen, Kundgebungen und sogar teilweise Streiks statt.

Dennoch fielen die Proteste um einiges kleiner aus als in den Vorjahren. Dies erklärt sich vor allem dadurch, dass weder die Gewerkschaften noch die großen feministischen Organisationen im Großteil des Landes zum Streik aufriefen. Eine Ausnahme bildete Katalonien. Gleichzeitig spielte auch eine Rolle, dass mit der Integration der reformistischen Podemos in die Regierung und in das Ministerium für Geichstellung gewisse Illusionen geschürt werden, dass die Forderungen der Frauenbewegung „von oben“ durch die Institutionen des Staates erreicht werden können.

Lucía Nistal von der Gruppe Pan y Rosas betonte hingegen die die Notwendigkeit, „die unabhängige Mobilisierung der Frauenbewegung zu vertiefen, denn Rechte werden durch den Kampf auf der Straße und nicht in den Regierungsbüros gewonnen.“

Josefina Martinez, Sprecherin von Pan y Rosas, wies außerdem darauf hin, dass „diese Regierung einen progressiven Diskurs hält, aber die neoliberale Politik beibehält, die Arbeitsreformen nicht aufhebt, die Zäune von Melilla höher baut und die Abschiebelager aufrecht erhält, gegen die Forderungen der Arbeiterinnen und der Migrantinnen“.

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