Militär an den Schulen: GEW muss Zusammenarbeit blockieren!

01.02.2023, Lesezeit 6 Min.
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Foto: Maxi Schulz

Immer mehr Jugendliche gehen zur Bundeswehr. Warum die GEW jetzt gegen eine Kooperation mit der Armee kämpfen muss.

Der Anteil von Minderjährigen beim Militär ist im Vergleich zum Vorjahr um 43 Prozent gestiegen, fast jede:r zehnte rekrutierte Soldat:in war minderjährig. Dies drückt aus, dass die Militarisierung auch vor der Jugend nicht haltmacht. Um dieser Entwicklung so stark wie möglich entgegenzuwirken, muss die Gewerkschaft GEW ihre Kolleg:innen dazu aufrufen, die Zusammenarbeit mit dem Militär an allen Schulen zu blockieren!

Welche Zusammenarbeiten bestehen, hängt von den Schulformen ab. Die erste Berührung mit Militärpropaganda gibt es in der Regel irgendwann in der Zeit an der Oberschule. Die Bundeswehr wirbt hier gezielt und einseitig: Vor Corona erreichten allein die Jugendoffiziere und Karriereberater:innen der Bundeswehr jedes Jahr an Schulen mehr als 400.000 Schüler:innen, darunter auch Kinder von gerade einmal elf Jahren. Viele weitere werden auf Messen, bei Kasernenbesuchen oder Abenteuerevents erreicht. In diesen „Gesprächen“, wird Schüler:innen von der Bundeswehr und ihren Einsätzen “berichtet”. Hierbei gehen die Vertreter:innen des Militärs äußerst offensiv und einseitig vor. Es wurden sogar Fälle bekannt, wo Waffenschauen und Veranstaltungen der Bundeswehr auf Schulhöfen und in Turnhallen stattfanden. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass diese an Jugendliche gerichteten “Werbetouren” einem politischen Frontalunterricht gleichen, der in Zeiten von Krisen und Kriegen die Sichtweisen des imperialistischen Staates wiedergibt.

Die an Kinder und Jugendliche gerichtete Werbung für Militäreinsätze widerspricht auch den Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention, die Deutschland unterschrieben hat. Die politische Bildung gehört in die Hände der Lehrenden und Lernenden und nicht in die von Soldat:innen!

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius wirbt aktuell für die Rückkehr der Wehrpflicht: „Es war ein Fehler, die Wehrpflicht auszusetzen.“ Er meinte das gar nicht wegen der heutigen Situation. „Unsere Parlamentsarmee gehört in die Mitte der Gesellschaft […]. Jetzt müsse man die Bundeswehr so attraktiv gestalten, dass sich gute, junge Leute für sie interessieren und sich bewerben.“

Durch den Eintritt in den Militärdienst gilt der gesetzliche Jugendschutz nicht mehres gibt in keinem Bereich Jugendschutzmaßnahmen. Die Jugendlichen haben dieselben Arbeitszeiten wie Erwachsene, es gibt keine Schutzmaßnahmen gegen Übergriffe, obwohl mehr als die Hälfte aller Soldatinnen angeben, in der Bundeswehr sexuell belästigt worden zu sein. Niemand sollte für das Militär eines imperialistischen Staates wie Deutschland dienen, aber insbesondere Jugendliche sollten nicht angeworben und rekrutiert werden! Es ist ein erschreckender Zeitgeist, der die Gesellschaft und auch Jugendliche erfasst. Auf Netflix können wir im Film Im Westen nichts Neues sehen, wie Jugendliche euphorisiert in den Krieg ziehen und letztendlich auf dem Schlachtfeld sinnlos sterben. Im Gegensatz dazu werden Militär und Krieg sonst heutzutage wieder mehr denn je beschönigt, es ginge um Freiheit und den Schutz des “eigenen Landes“, Soldat:innen sind Held:innen, die sich für die “Freiheit” opfern.

Filme, Serien und Webvideo-Formate, wie das Youtube-Format Die Rekruten, welches ab 2016 produziert wurde, werden ebenso für Militärpropaganda genutzt. Sie leisten genau wie die Werbung an Schulen einen Beitrag dazu, dass Jugendliche sich wieder für Krieg begeistern. In den USA wurden zwischen acht- und zehntausend Hollywood Produktionen vom Pentagon beeinflusst, um Rassismus und Nationalismus im Militär zu verheimlichen und dafür zu sorgen, dass das Militär als etwas Positives dasteht; Kriegsverbrechen, Staatsstreiche und politisch motivierte Morde werden nicht gezeigt.

In Deutschland ist der “Militär-Industrielle-Komplex” aktuell im Eiltempo auf dem Vormarsch. Die Kosten für „Rekrutierungs-Werbung“ sind in den letzten 15 Jahren ungefähr verzehnfacht worden. Neben verharmlosenden Youtube-Formaten, der ständigen Präsenz in den Medien, der Beeinflussung der Politik und der Werbung auf den Straßen arbeiten das Militär und die dazugehörige Industrie eben auch an den Schulen. Zu Gute kommt ihnen dabei auch die aktuelle soziale Krise. Die Bundeswehr wirbt für sich damit, ein guter und sicherer Arbeitgeber zu sein, womit sie auch besonders Jugendliche aus armen Verhältnissen gewinnen wollen.

Die GEW ist seit 2019 Teil der Initiative Unter 18 nie!, die sich gegen die Werbeoffensive der Bundeswehr an Schulen richtet, doch an den praktischen Zuständen hat sich wenig geändert. Die Bundeswehr wirbt weiter in den Schulen für sich und auch an Hochschulen wird weiter mit dem Militär kooperiert, beispielsweise durch Forschungen.

In einem offenen Brief, den über 5 Tausend russische Lehrer:innen vor etwa einem Jahr gegen den Krieg in der Ukraine verfasst haben, heißt es: „Jeder Krieg bedeutet menschliche Opfer und Zerstörungen. Krieg ist eine Katastrophe. Der Krieg gegen die Ukraine, der in der Nacht vom 23. auf den 24. Februar begonnen wurde, ist nicht unser Krieg. Die Invasion auf das Territorium der Ukraine begann im Namen russischer Staatsbürger:innen, aber gegen unseren Willen. Wir sind Lehrkräfte und Gewalt widerspricht dem Wesen unseres Berufes. In der Hitze des Krieges sterben unsere Schüler:innen. Krieg führt unvermeidlich zu einer Zuspitzung der sozialen Probleme unseres Landes. Wir unterstützen die Antikriegsproteste und fordern einen sofortigen Waffenstillstand.“

Dem Beispiel dieser russischen Lehrer:innen müssen auch hierzulande alle, die im Bildungswesen arbeiten und von der GEW organisiert werden, folgen. Das Militär sollte nicht an den Schulen werben dürfen, Zusammenarbeiten müssen blockiert werden. Deshalb kämpfen wir als Klasse gegen Klasse an den Unis, an denen wir studieren, für eine Zivilklausel, die militärische Forschungen verbieten soll! Gegen den Geist des Militarismus, der die Jugend befällt, muss die GEW nun endlich praktisch agieren, sie muss alle organisierten Kolleg:innen dazu aufrufen, sich gegen die Bundeswehrwerbung und -zusammenarbeit an Schulen und für eine Zivilklausel an den Ober- und Hochschulen einzusetzen!

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