Merz wird Kanzler und jetzt? 5 Vorschläge für Studis gegen Rechts

09.03.2025, Lesezeit 15 Min.
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Bild: Maxi Schulz

Wir wollen unsere Campus in den kommenden Semestern zu antifaschistischen Hochburgen machen. Welche Rolle kann Studis Gegen Rechts dabei spielen?

Im letzten Semester haben wir gezeigt: Es ist möglich, die Unis zu politisieren und Tausende Studierenden für den antifaschistischen Kampf zu mobilisieren. Im kommenden Semester müssen wir uns auf eine Verschärfung rechter Angriffe gefasst machen und adäquate Antworten darauf finden. 

Der Rechtsruck geht weiter – Was erwartet uns konkret? 

Mit der neuen CDU geführten Regierung erwartet uns Aufrüstung in einem historischen Ausmaß. In einem antidemokratischen Akt, soll schon kommende Woche der alte Bundestag zusammentreten, um Kreditaufnahmen für die Aufrüstung von der Schuldenbremse auszunehmen. Mit diesem Beschluss wären Masseninvestitionen in das Militär bis über 500 Milliarden Euro möglich. Von Debatten über die Rückkehr der Wehrpflicht, bis hin zu neuen Waffenlieferungen für Israels Genozid: Uns erwartet ein Sprung der Miltarisierung, der auch vor den Unis nicht halt machen wird: Folgen an den Unis werden Kürzungen, Zivilklauselverbote und Repressionen gegen Studis, die gegen den Imperialismus protestieren, sein. 

Merz Versuch, ein „Zustrombegrenzungsgesetz“ einzuführen, konnte durch bundesweite Proteste von Hunderttausenden verhindert werden. Doch die neue “Groko” wird mit rassistischen Angriffen im großen Stil weitermachen. So wurde bisher unter anderem darüber diskutiert, Grenzkontrollen auszuweiten und Familiennachzüge einzuschränken. 

Ebenfalls erwarten wir mehr soziale Angriffe, auf Löhne, Bafög, Bildung, Gesundheit und Renten. Genauso wird mit Merz auch ein Mann Kanzler, der gegen queere Personen hetzt und die Selbstbestimmung von Frauen und Queers einschränken will, ganz im Sinne der AfD, die dieser Politik den Weg ebnet. 

Das alles klingt schlimm; doch es ist unser Widerstand, der einen Unterschied machen kann! Mit Streiks, Versammlungen und Massenprotesten können wir das Blatt wenden! Immer mehr, vor allem junge Menschen, aber auch Arbeiter:innen, Migrant:innen, sowie queere Personen machen nicht mit beim Rechtsruck und widersetzen sich! Ob bei Blockadeaktionen wie in Riesa, den Massendemonstrationen gegen Merz im Februar und vielem mehr. 

Das sind unsere Vorschläge, wie wir als Studierende gemeinsam mit ihnen eine Bewegung aufbauen können, von der sich Merz, Weidel und Co. fürchten, weil sie nicht nur den Widerstand organisiert, sondern auch die Kämpfe für eine Welt die uns gehört, statt den Kriegstreiber:innen und Reichen. 

1: Gemeinsam mit Arbeiter:innen gegen Aufrüstung kämpfen!

Aktuell streiken zehntausende Beschäftigte in verschiedenen Bereichen. Krankenpfleger:innen, Busfahrer:innen, die Stadtreiniger:innen und viele viele mehr treten in den Streik, teilweise über eine Woche lang für mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen. Aufgrund der vergangenen Jahre mit steigenden Preisen uvm. ist bei vielen der Streikenden, wie etwa den Kolleg:innen der Berliner Verkehrsbetriebe die Entschlossenheit groß, zu kämpfen, bis ihre Forderungen erfüllt sind. Schon jetzt ist der Druck auf die Regierung und die Chefs groß: Aufgrund der Streiks von Müllarbeiter:innen türmen sich etwa vielerorts Müllberge; das zeigt, dass der Streik eines der wirksamsten Mittel ist, um soziale Interessen und politische Forderungen durchzusetzen. 

Auch wir als Studierende leiden unter der sozialen Krise. An unseren Unis wird auch massiv gekürzt werden, besonders die wenigen Bereiche, wo kritisch geforscht wird, könnten betroffen sein. Die Streiks haben das Potential anzufechten, auf wessen Rücken die Kosten der Krise ausgetragen werden. Lasst sie uns weiterhin solidarisch unterstützen, damit es nicht wir als Arbeiter:innen und junge Menschen sind, sondern die Konzerne und Reichen, die für diese Krise verantwortlich sind. 

Doch es reicht dafür nicht aus, den Arbeitskampf nur zu unterstützen, indem wir anwesend sind und Solidarität bekunden. Die Forderungen nach mehr Lohn werden aus politischen Gründen nicht erfüllt, denn die Regierung will diese Bereiche zugunsten der Militarisierung kaputtsparen und Gewerkschaftsführungen tragen dies viel zu oft mit. Die Streiks müssen sich vereinen, um ihre volle Schlagkraft zu entfalten und sie müssen sich auch gegen die Aufrüstungspläne stellen. Als studentische Bewegung sollten wir gemeinsam mit weiteren politischen Kräften an den Streiktagen große Solidaritätsaktionen organisieren, um ausgehend von den vereinzelten Streiks eine regelrechte Massenstreikbewegung aufzubauen.

Wir schlagen vor, dass Studis Gegen Rechts dafür folgende politische Forderungen in die Streiks trägt:

-Gemeinsame Streiktage von allen Bereichen mit öffentlichen Massendemonstrationen gegen die soziale Krise und Militarisierung! 

-Sondervermögen für Bildung, Gesundheit und öffentlichen Verkehr statt für die Bundeswehr! 

-Wer streikt soll auch entscheiden: Abstimmungen und Versammlungen von Streikenden müssen über eine mögliche Annahme von Verhandlungsergebnissen entscheiden! 

-Gemeinsam gegen Kürzungen; von der Uni bis zum Krankenhaus! Milliardär:innen enteignen, statt Sparpolitik! 

Darüber hinaus schlagen wir Studis gegen Rechts vor gemeinsam mit möglichst vielen linken und Arbeiter:innen Organisationen wie Gewerkschaften ein großes Bündnis für Soziales statt Militarisierungspläne zu initiieren.

2: Palästina-Bewegung und Kampf gegen Rechts vereinen! 

Die ultrarechte Regierung in Israel verübt gemeinsam mit ihren engsten Verbündeten, wie etwa den USA und Deutschland, einen Genozid an den Palästinenser:innen. Die Regierungen der USA und Deutschland liefern nicht nur fleißig Waffen an Israel, sondern hetzen auch gegen die Bewegungen hierzulande, die den Genozid anklagen. Die Rechte von Antifaschist:innen, linken Studierenden und vielen mehr, die ihre Meinung kund tun und protestieren, werden stark eingeschnitten. Sie setzen eine Anklage an Israels genozidiales Vorgehen gleich mit Antisemitismus und legitimieren so die Ausweitung von Abschiebungen, Entrechtung von Geflüchteten und Kürzungspolitik, wie sich bspw. an der Schließung mehrerer sozialer Projekte in Berlin aufgrund ihrer Solidarität mit Palästina zeigt..

Wenn Friedrich Merz Kanzler wird, werden die geplanten Kürzungen an unseren Universitäten mit voller Härte durchgesetzt werden. Die Angriffe, die im letzten Jahr Palästina solidarische Studis besonders hart getroffen haben, werden dann in absehbarer Zeit auch gegen die ausgeweitet, die sich gegen die kommende Regierung und ihre Kürzungspolitik stellen: Gegen gewerkschaftliche Gruppen, gegen Studigruppen gegen Rechts und viele mehr. Alleine aus diesem Grund ist es notwendig, dass sich die antifaschistischen Mobilisierungen auch mit der Palästinabewegung verbinden.

Doch darüber hinaus muss klar seien: Eine Bewegung, die gegen Rechts kämpft darf nicht die Augen verschließen, vor einem Völkermord, sie muss sich dafür einsetzen ihn zu verhindern! Die Rechten organisieren sich international und wir müssen das auch tun, um sie zu besiegen: Die Proteste gegen den Genozid haben weltweit Millionen Menschen mobilisiert – wir wollen und müssen eine Studierendenbewegung aufbauen die international ist und kämpft, für ein freies Palästina! Für die Freiheit aller Unterdrückten und Kolonisierten! 

3: Rassismus, Sexismus und Queerfeindlichkeit den Kampf ansagen!

In der Linken existiert die Idee, vor allem vertreten durch die Partei, Die Linke, man müsse, um die Rechte zu bekämpfen, den Fokus linker Politik nur auf soziale Forderungen lenken, was zur Folge hat, dass Themen wie Antirassismus oder Feminismus eher hintergründig oder gar nicht behandelt werden, wie sich im 100 Tage Plan der Linken zeigt. Stimmen von AfD Wähler:innen konnten so bislange nicht gewonnen werden und noch viel schlimmer: Während Migrant:innen, Frauen und Queers von Entrechtung bedroht und betroffen sind, entwickelt die reformistische Linke keine Strategien, um sie zu verteidigen. Sie scheut sich gegen diese Elemente des Rechtsrucks Widerstand zu organisieren, während die Rechte durch ihre Hetze Tag für Tag für mehr Gewalt und Unterdrückung sorgt. Natürlich sind auch wir der Meinung, dass eine Politik gegen Rechts Klassenkampf erfordert. Natürlich sind die Kämpfe von Arbeiter:innen wie Streiks für uns von immenser Bedeutung. Das darf uns aber eben nicht dazu verleiten, die falschen Schlüsse zu ziehen und unsere Politik im Kampf gegen Rechts ausschließlich oder hauptsächlich an ökonomischen Fragen zu orientieren, wie sich an der von Inés Schwerdtner proklamierten Phrase “Antifa heißt Wohlfahrtsstaat” zeigt. 

Darüber hinaus vergisst diese Strategie der Linken, dass Rassismus und Sexismus auch beim Kampf für soziale Forderungen eine spaltende und hemmende Rolle einnehmen. Die Arbeiter:innenklasse ist heute diverser denn je, doch auch stark separiert. Diese Separierung zu überwinden, würde die soziale Kraft, die wir mit unseren Kämpfen entfalten können, krass steigern. Wir müssen überall wo wir sind klar machen: Wer uns beklaut, ist von hier und reich und nicht eingewandert und arm! 

Es braucht demnach im kommenden Semester eine strategische Diskussion und einen Kurswechsel in Studis Gegen Rechts. Der queerfeindliche und sexistische Vormarsch der internationalen Rechten ist mit Merz stärker denn je, damit ist aber auch ein Potential für feministischen Widerstand vorhanden, welchen wir für eine feministische Offensive gegen Merz, Weidel und Co. nutzen müssen. Wir müssen uns auch dafür einsetzen, die rassistische Spaltung zu überwinden, in den Streiks, am Campus und auf den Straßen sagen wir Laut: Rassismus spaltet, Streik vereint! Öffnet die Grenzen und Feuer und Flamme den Abschiebebehörden!

Lasst uns im kommenden Semester am Campus eine Bewegung aufbauen, die diese Themen zentraler als bisher aufgreift und in die Studierendenschaft trägt. 

Jetzt ist die Zeit, unsere feministische und antirassistische Offensive vorzubereiten. 

4: Lasst uns die Unis wieder politisieren – Für eine offensive Versammlungspolitik!

Doch wie kann es uns gelingen, all das konkret in die Tat umzusetzen und unsere Strukturen größer und wirkmächtiger zu machen? 

Wir denken, es braucht in den kommenden Wochen und Monaten eine Offensive der Versammlungen am Campus. Es reicht nicht aus, einmal im Semester eine große Vollversammlung zu organisieren, sondern es braucht regelmäßige Mobilisierungen zu Versammlungen, bei denen offen über die Themen, die uns gerade bewegen (wie Antirassismus, Militarisierung, Feminismus…) diskutiert und gearbeitet werden kann. 

Das Ziel dieser Politik ist es, eine kontinuierliche Präsenz und Anlaufstellen der Politisierung und Radikalisierung aufzubauen. In Versammlungen am Campus können wir breite Teile der Studierendenschaft erreichen und sie für die kommenden Kämpfe organisieren. Es geht nicht nur darum, inhaltlich zu diskutieren, sondern insbesondere auch diese Versammlungen zu Motoren der Selbstorganisation zu machen. Nach jeder Versammlung sollten sich dutzende neue Studierende überzeugt fühlen, beim kommenden Plenum von Studis Gegen Rechts vorbeizugehen und dort aktiv zu werden. 

Indem wir so die Universitäten politisieren, können wir auch mehr Druck aufbauen, auf die Präsidien, die mit Outsourcing, Repressionen und Co. ihren Beitrag zum Rechtsruck leisten. Es geht letztlich darum, eine studentische Bewegung zu schaffen, die eine reale Kraft darstellt und jedes Präsidium dazu zwingen kann, die Forderungen der Studierendenschaft wirklich umzusetzen. Wir stehen dafür ein, gemeinsam mit Studis Gegen Rechts, den AStEn, Betriebsgruppen und weiteren Hochschulgruppen Versammlungen einzuberufen, damit wir eine starke und große antifaschistische Bewegung an den Hochschulen schaffen!

5: Wirksam organisieren: Für Aktionskomitees! 

Mit Studis Gegen Rechts organisieren sich bundesweit viele unabhängige Studierende, aber auch politische Gruppen. Insbesondere der SDS (Studierendenverband der Partei die Linke) hat in den vergangenen Monaten eine führende Rolle gespielt.

Nach dem Einzug in den Bundestag hat die Linke in ihrem 100 Tage Plan den Rechtsruck nicht thematisiert. Während es also breite Teile der Gesellschaft gibt, die sich vor allem mit dem Rechtsruck nach links politisiert haben und teilweise große Hoffnungen in die Partei setzen, ist unklar, welche Rolle diese spielen wird. Aktuell sieht es nach einem Kurs der Passivierung und Vereinnahmung aus. Bewegungen wie Studis Gegen Rechts wurden für den Wahlkampf genutzt, darüber hinausgehend existieren aber bisher wenig konkrete Pläne, wodurch die Gefahr der Passivität besteht. In Berlin fanden bspw. in den letzten Wochen keine Plenas mehr statt. Ebenfalls gibt es natürlich den Versuch, fortschrittliche Studierende statt für den Kampf an der Uni in die neuen Parteistrukturen zu lenken, wo sie dann vor allem Nachbarschaftsarbeit für die Partei machen sollen. 

Für uns ist klar: Die Linke muss den Kampf gegen Rechts mit organisieren, auch an den Unis und für große Mobilisierungen gegen Aufrüstung, für Abschiebestopp uvm einstehen. Wir können uns dabei aber nicht auf sie verlassen, uns aus dem Elend zu erlösen können wir nur selber tun; Deshalb braucht es jetzt mehr denn je Strukturen wie Aktionskomitees. 

In diesen können alle zusammenkommen, unabhängig von Parteizugehörigkeit und Status (ob Studis, Arbeiter:in etc.), die mit einer linken Perspektive an der Uni gegen die AfD kämpfen wollen. Sie sollen als demokratisches Organ funktionieren und diejenigen vertreten, organisieren und mobilisieren, die kämpfen wollen. Sie bündeln die bestehenden Kräfte in den kommenden Abwehrkämpfen, um damit auch kommende Offensiven vorzubereiten. Es ist das Ziel eines Komitees, die unmittelbar bevorstehenden Kämpfe zu organisieren, aber auch sie zu erweitern. Studis gegen Rechts hat sich genau dies zur Aufgabe gesetzt, breit Studierende gegen die Angriffe von Rechts zu organisieren und genau durch die Funktionsweise eines Aktionskomitees kann diese erfüllt werden. 

Das bedeutet ganz konkret, weiterhin regelmäßige offene Plena anzubieten, die demokratisch und transparent funktionieren. Das bedeutet sich das Ziel zu setzen, eine gemeinsame Front mit allen progressiven Kräften an der Uni aufzubauen, mit dem Ziel, von den Unis aus eine schlagkräftige Opposition und Bewegung gegen die kommenden Angriffe von Merz, Weidel und Co. aufzubauen. Letztlich wollen wir all diese aber nicht nur verhindern, sondern auch für grundsätzliche, für sozialistische Veränderungen kämpfen. 

Mit diesen Vorschlägen wollen wir einen Beitrag zur Debatte über die strategische Orientierung von Studis Gegen Rechts und antifaschistischen Kämpfen an den Universitäten leisten. 

Wir haben gemeinsam den Kampf gegen den Rechtsruck und eine Welt zu gewinnen!

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