Merz-CDU kündigt unverhohlen Zusammenarbeit mit der AfD an

28.01.2025, Lesezeit 6 Min.
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Foto: Juergen Nowak/shutterstock.com

Die Brandmauer ist Geschichte. Die Union unter Führung von Friedrich Merz will diese Woche im Bundestag mit Stimmen der AfD rassistische Anträge zur drastischen Verschärfung der Migrationsgesetze durchsetzen.

Nach der Tat von Aschaffenburg ist die rassistische Debatte gegen Migrant:innen noch weiter eskaliert. Die Union unter Friedrich Merz instrumentalisiert die Tragödie, um gegen Geflüchtete zu hetzen und hat ihre Forderungen zur Migration ein weiteres Mal nach Rechts verschoben. Morgen will die Unionsfraktion zwei Entschließungsanträge und einen Gesetzesentwurf im Bundestag abstimmen lassen, die fünf zentrale Punkte beinhalten. Die Grenzkontrollen an allen deutschen Außengrenzen, die im letzten September von der Ampelregierung für sechs Monate eingeführt wurden, will sie dauerhaft beibehalten. Für alle Menschen, die keine gültigen Einreisedokumente besitzen, soll ein Einreiseverbot verhängt werden – faktisch eine vollständige Abschaffung des Asylrechts. Menschen, die nach dem restriktiven deutschen Recht zur Ausreise gezwungen werden, will die Union in Abschiebegefängnisse einsperren. Die Zahl von Abschiebungen soll mit einer weiteren Verschärfung des Aufenthaltsrechts und mehr Polizeibefugnissen drastisch erhöht werden, auch nach Syrien und Afghanistan, wo eine Abschiebung häufig ein Todesurteil bedeutet. Auch die Forderung, strafrechtlich verurteilten Migrant:innen die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen, ist in einem der Anträge enthalten. 

Mit diesem Maßnahmenpaket will die Union ein Niveau der Abschottung, gewaltsamen Unterdrückung und Entrechtung von Migrant:innen umsetzen, das vor einigen Jahren nur von der extremen Rechten vertreten wurde. Von dem Programm der AfD unterscheiden sich die Forderungen nur noch marginal. Es ist also nur konsequent, dass ihr Vorstoß mit dem endgültigen Einsturz der „Brandmauer“ gegen die AfD zusammenfällt. Es ist wahrscheinlich, dass die Anträge neben der Unterstützung von FDP und BSW vor allem auf die Stimmen der AfD angewiesen sein werden. Weidel verkündete bereits erfreut an, dass ihre Fraktion den Vorschlägen zur „seriösen Migrationspolitik natürlich auch zustimmen“ werde. 

Nachdem sie sich in den vergangenen Jahren immer mehr Inhalte der extrem rechten Partei zu eigen gemacht hat, schreckt die Union jetzt auch vor einer direkten politischen Zusammenarbeit nicht mehr zurück. Die Stimmen innerhalb der Partei, die auch Koalitionen mit der AfD nicht mehr ausschließen wollen, sind in der letzten Woche lauter geworden, auch wenn sie noch in der Minderheit sind. Gemeinsam mit der AfD im Bundestag zu stimmen, ist aber auch die Parteiführung kein Problem mehr. Merz sagte er, „schaue nicht nach links und nicht nach rechts, sondern gehe geradeaus“, denn „was in der Sache richtig ist, wird nicht falsch, dadurch, dass die Falschen zustimmen“. Besonders deutlich brachte es CDU-Generalsekretär Linnemann auf den Punkt: „Irgendwo, finde ich, haben auch die Grünen eine Verantwortung, jetzt nicht die ganze Zeit über die AfD zu reden, weil die AfD ist nicht das Problem – sondern das Problem ist, dass ein zweijähriges Kind auf dem Bollerwagen ermordet wurde, dass ein Helfer beispringt und mit dem Leben zahlt, dass mittlerweile anderswo Einsatzkräfte angegriffen werden.“

Dass seine rassistischen Pläne umgesetzt werden, will er „nicht von Blockaden von der SPD und den Grünen abhängig“ machen. Diese hatten Merz´ Vorgehen scharf kritisiert. „Die Brandmauer von Friedrich Merz, sie ist aus Papier gebaut und sie brennt lichterloh“, so die SPD-Vorsitzende Saskia Esken. 

Ihre Ablehnung der Unionsanträge begründen sie vor allem damit, dass diese gegen das Europarecht und die Verfassung verstoßen. Tatsächlich sind dauerhafte Grenzkontrollen nach dem im EU-Recht festgeschriebenen Schengen-Abkommen nicht zulässig. Auch die von der Union geforderten Zurückweisungen trotz Asylgesuch sind nach geltender europäischer Rechtslage nicht erlaubt. Dieser Umstand verdeutlicht, wie extrem die Vorschläge der Union sind.

Doch die jetzige Haltung von SPD und Grünen sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Parteien selbst für eine massive Verschärfung des Migrationsregimes verantwortlich waren und damit Union und AfD Vorschub leisteten. Von der Einführung der Bezahlkarten, über die Einführung der Grenzkontrollen bis hin zu Abschiebungen nach Afghanistan. Im Jahr 2024 wurden unter ihrer Regierung 40.000 Menschen an den Grenzen zurückgewiesen. Als Reaktion auf die Pläne der Union wirbt Scholz dafür, Gesetzesentwürfe, die Ausweitung von Polizeibefugnissen und die Beschleunigung von Abschiebeverfahren zu verabschieden. 

Nein, SPD und Grünen werden dem Rechtsruck keinen Einhalt gebieten können, denn sie haben ihn selbst befeuert. Auch wenn sie sich jetzt im Wahlkampf demonstrativ von der Union abgrenzen, wird mindestens eine der Parteien höchstwahrscheinlich nach der Bundestagswahl mit ihr koalieren und dabei vermutlich auch der weiteren Verschärfung von Migrationsgesetzen und dem Ausbau des Polizeistaates zustimmen. 

Am Wochenende haben hunderttausend Menschen in ganz Deutschland gegen Rechts demonstriert, nicht nur gegen die AfD, sondern auch gegen die Union, die ihr den Weg ebnet. In Riesa haben sich über zehntausend Menschen AfD und Polizei entgegengestellt, um den Parteitag zu verhindern. Angesichts des Falls der Brandmauer ist es umso wichtiger, den Kampf gegen Rechts in die eigenen Hände zu nehmen und mit massenhaften Blockaden und Protesten auszuweiten. Auch den Gewerkschaften kommt eine wichtige Rolle zu: Angesichts der rassistischen Vorstöße im Bundestag müssen sie offensiv die Rechte von Geflüchteten verteidigen. Die Forderung nach einem Stopp der Grenzkontrollen sowie Bleibe-, Wahl-, Arbeitsrecht für alle Geflüchteten sollte mit politischen Großdemonstrationen an Streiktagen in den aktuellen Tarifrunden, etwa im öffentlichen Dienst, aufgenommen werden. Die Beschäftigten an den Flughäfen müssen aufgerufen werden, Abschiebeflüge nicht durchzuführen. 

Alle etablierten Parteien haben vor dem Aufstieg der AfD kapituliert und setzen immer größere Teile ihres Programms in die Tat um. Währenddessen vertreten die Direktkandidatinnen Inés Heider (RIO/KGK) und Franziska Thomas (RSO) in Berlin und Leonie Lieb (RIO/KGK) in München ein kompromisslos antirassistisches und antifaschistisches Programm. Sie sagen klar und deutlich: Aktives und passives Wahlrecht für alle Menschen, die in Deutschland leben. Offene Grenzen und Aufnahme aller Geflüchteten bei vollem Recht auf dezentrales Wohnen, Gesundheitsversorgung, Bildung und Arbeit! Sie stehen für die Zerschlagung der AfD und wollen mit ihrer Kandidatur dazu beitragen, massenhaften Widerstand gegen die Rechten und die rassistischen Angriffe von Union und Co. zu organisieren. 

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