„Merkels Putsch“, Pfefferspray und erfolgreiche Blockaden: Der AfD-Parteitag

30.06.2024, Lesezeit 6 Min.
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Foto: KGK

Die AfD hält an diesem Wochenende ihren Parteitag in Essen ab. Im Vorhinein hatten sich Gewerkschaften, Parteien und ihre Jugenden, studentische Initiativen und viele weitere zusammengeschlossen, um am frühen Samstagmorgen zu versuchen, die Zugänge zum Versammlungsort zu blockieren.

Bei den EU-Wahlen ist in Deutschland wieder eine extrem rechte Partei zweitstärkste Kraft geworden: Die AfD. Sie ist mit ihrer ultrarechten Politik eine reale Gefahr für Migrant:innen, Queers und Arbeiter:innen. An diesem Wochenende kamen rund 600 Delegierte zu einem Parteitag in Essen zusammen, um ihre vergangene und zukünftige Politik gegen eben jene Gruppen zu beschließen.

Deren westfälische Vorsitzende Alice Weidel zeigte sich stolz. Auch der sächsische Tino Chrupalla, ihr Co und ebenfalls Mitglied des Bundestages (MdB) erklärte die Gewinne für Brüssel sowie die in Bayern und Hessen verzeichneten zum wichtigsten Comeback seiner Partei. Die Wahlen in Ostdeutschland bezeichnete er als ihr nächstes Ziel. In seiner Kandidaturrede forderte er “Widerstand gegen die Masseinwanderung”. Alice Weidel bezeichnete die Geflüchtetenpolitik der Bundesregierung 2015 als “Merkels Willkommensputsch”. und forderte eine “Migrationswende” hin zu noch mehr Abschiebungen als ohnehin schon. Maximilian Krah, der aufgrund wiederholter, selbst für die AfD grenzüberschreitender Entgleisungen, wie zum Beispiel der Relativierung der SS, vom EU-Wahlkampf suspendiert wurde, bot sie verklausuliert eine Möglichkeit der Rückkehr an: Mit Fußballmetaphern beschrieb sie, dass sich auch “talentierte Spieler verrennen” könnten, es aber nicht bedeute, dass man aus dem Kader verbannt sei, wenn man auf die Ersatzbank müsse.  Für ihre Rede bekam Weidel Standing Ovations. Neben heftigstem Rassismus fanden sich in den Reden der kommenden Mitglieder des Bundesvorstands auch rechte Umsturzphantasien. Stephan Brandner forderte eine Säuberung der Justiz, er richtete sich mit dem Appell “Macht die Stimmzettel zu Haftbefehlen!” an die Delegierten.

Um dieser Hetze entgegenzuwirken, haben sich mehrere Tausend Demonstrierende in den frühen Morgenstunden zusammengefunden, um die Eingänge zur Grugahalle zu blockieren. Darunter waren viele aktive Mitglieder  des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und junge Menschen, die Autobahnausfahrten, Hotels und Straßen blockierten. Dies zeigte Wirkung: Vor dem Veranstaltungsort hatten Delegierte Schwierigkeiten, zur Halle durchzukommen. Teilweise mussten sie über Barrikaden klettern oder einen kleinen Sprint hinlegen. Andere wurden von Demonstrant:innen eingekesselt. 

Diese kämpferischen Blockaden blieben jedoch nicht unbeantwortet. Der Staat unterstützte die extrem Rechten durch polizeiliche Repression:  Schon im Vorhinein waren tausende Einsatzkräfte nach Essen mobilisiert worden, die am gestrigen Samstag schon um kurz nach sechs Uhr morgens Pfefferspray in die dynamischen Blöcke sprühten, die sich der AfD  widersetzten. Auch Wasserwerfer standen bereit. Über 7.000 Menschen nahmen an den Blockadeaktionen teil. Die Härte, mit der die Polizei im Auftrag der Ampelregierung gegen die Blockierer:innen vorgeht, steht sinnbildlich für die Militarisierung und den allgemeinen Rechtsruck. Während in sozialen und Bildungseinrichtungen immer mehr gekürzt wird, rüstet die Regierung die Polizei und die Bundeswehr immer weiter auf und die Polizei schlägt immer härter zu. Eine solche Politik verschärft die allgemeine Prekarisierung und feuert rechte Netzwerke in Polizei und Bundeswehr geradezu an. Sie ist also auch ein zentraler Faktor für den Aufstieg der AfD.

Trotz der großen Masse konnte der Parteitag nicht komplett verhindert werden – jedoch musste er eine halbe Stunde später und mit über einhundert Delegierten weniger stattfinden. Im Anschluss an die Blockadeaktionen fand eine Großdemonstration mit über 70.000 Teilnehmer:innen statt. Neben verschiedenen reformistischen Organisationen und Organisationen der radikalen Linken nahmen auch Unternehmen an der Demonstration teil. Der Chef des Evonik Konzerns hielt eine Rede, in der er vor “Wohlstandsverlusten” durch die Politik der AfD warnte. Eröffnet wurde die Demonstration mit einer Rede des regierenden CDU-Oberbürgermeisters.

Die Politik der CDU ist geprägt davon, mehr Abschiebungen zu fordern. Das in diesem Jahr beschlossene neue Grundsatzprogramm der CDU bedeutet in etwa “Remigration light”. Das Problem, dass die CDU, genauso wie der Evonik-Konzern mit der AfD hat, ist nicht ihre rassistische und sexistische Politik, sondern zum einen ihre Vorschläge für die deutsche Außenpolitik und zum anderen, dass sie Fachkräfte abschrecken, die deutsche Konzerne ausbeuten wollen. Der “Wohlstandsverlust” den der Evonik-Chef anprangert, geht nicht um die sozialen Kürzungen, die die AfD durchführen will, sondern darum, dass eine Annäherung an Russland und China, die die AfD vorschlägt, dem deutschen Imperialismus schaden würde.

Wir können uns als Arbeiter:innen, Studierende und Schüler:innen nicht mit solchen Kräften verbünden, sondern wir brauchen einen ganz anderen Antifaschismus, keinen Antifaschismus der Bosse, sondern einen Antifaschismus von unten. Wir brauchen einen Antifaschismus, der sich klar gegen den Rassismus, Sexismus und die arbeiter:innenfeindliche Politik der AfD stellt. In diesem Sinne war es sehr gut, dass der DGB gegen den AfD-Parteitag mobilisiert hat. Die Blockaden und die lauten Gewerkschaftsblöcke auf der Großdemonstration haben gezeigt, wie man der AfD schaden kann, wenn man den Kampf entsprechend führt. Dies muss jedoch massiv ausgebaut und radikalisiert werden.

Antifaschismus von unten bedeutet mit den Mitteln der Arbeiter:innenklasse zu kämpfen, das bedeutet mit großflächigen Streiks und Blockaden.  Alleine in der aktuell laufenden zentralen Tarifrunde im Hafen zu Streiks gegen den AfD-Parteitag aufzurufen hätte den Druck gegen den AfD-Parteitag ungleich erhöht. Wenn man bedenkt, wie viele Millionen Arbeiter:innen aber der DGB noch zusätzlich organisiert, könnte man eine Absage des AfD-Parteitags mit flächendeckenden Streiks definitiv erzwingen. Damit für das nächste Mal sichergestellt wird, dass sämtliche Mittel ausgeschöpft werden, um gegen die AfD zu kämpfen, muss die DGB Führung in allen Betrieben Versammlungen organisieren, in denen über Antifaschismus und wie wir gegen die AfD kämpfen wollen diskutiert wird.

Genauso braucht es große Mobilisierungen aller linken Organisationen, unabhängig von der Ampel und ihrer Politik. Antifaschismus darf nicht als Feigenblatt genutzt werden, um die Regierungspolitik zu rechtfertigen. Antifaschismus bedeutet auch, gegen die Bestandteile der Regierungspolitik zu kämpfen, die der AfD Vorschub leisten. Es ist deshalb notwendig,dass wir uns gegen die Regierungspolitik, gegen Abschiebungen, Militarisierung und vor allem gegen die antipalästinensische Hetze, die in Deutschland die Speerspitze der Militarisierung darstellt, stellen. Es braucht gemeinsame Fronten von Organisationen der Arbeiter:innen, die mit einem solchen Programm den Kampf gegen die Regierung und Konzerne aufnehmen: Für einen Antifaschismus von unten!

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