Magdeburg: Musterbeispiel rechten Terrors

22.12.2024, Lesezeit 4 Min.
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Foto: C.Suthorn / cc-by-sa-4.0 / commons.wikimedia.org

Der abscheuliche Anschlag von Magdeburg beweist erneut, dass rechter Terror kein Einzelfall ist.

Am Freitagabend raste ein Autofahrer mit hoher Geschwindigkeit in eine Menschenmenge auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt. Dabei wurden fünf Menschen ermordet und über 200 verletzt. Unsere Trauer gilt den Opfern dieses abscheulichen Anschlags, unser Mitgefühl den Angehörigen. 

Der mutmaßliche Täter ist ein 50-jähriger Facharzt für Psychiatrie. Nachdem er 2006 aus Saudi-Arabien nach Deutschland gekommen war, fiel er auf Social Media immer wieder durch Hetze gegen den Islam auf. Er ist zudem bekennender Unterstützer der AfD und warnte vor der vermeintlichen „drohenden Islamisierung in Deutschland“. Auf Social Media verbreitete er zudem explizite Gewaltdrohungen und war den Behörden bekannt. In einem Interview in einem extrem rechten US-Blog verbreitete er zutiefst reaktionäre Verschwörungsmythen: Der deutsche Staat betreibe eine „verdeckte Geheimoperation“, um weltweit saudische Ex-Muslime „zu jagen und ihr Leben zu zerstören“.

Egal ob Halle, Hanau oder Neukölln-Komplex – rechter Terror ist eine reale, tödliche Gefahr. Dies beweist leider auch der Anschlag in Magdeburg. Dass Nazistrukturen nun versuchen, das Gedenken zu instrumentalisieren, um „Remigration“ zu fordern, ist besonders abscheulich und heuchlerisch. Schließlich handelt es sich ideologisch um einen Täter aus ihren eigenen Reihen. 

Auch verstörend sind die Äußerungen des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz zur Tat. Die rassistischen Spekulationen über ein islamistisches Motiv, welche sofort nach der Tat angestellt wurden, haben sich nicht bewahrheitet. Daraufhin verkündete Merz, der Anschlag falle aus dem Muster bekannter Anschläge heraus. Er schlägt damit in die Kerbe der Erzählung des verwirrten Einzeltäters, das wir über rechte Anschläge schon viel zu oft gehört haben. Einen übergeordneten Zusammenhang gibt es bei Anschlägen nur, wenn man sie rassistisch instrumentalisieren kann.

Es ist klar, dass der Hintergrund der Tat über den Wahn eines verwirrten Einzeltäters hinausgeht. Vielmehr ist er ein besonders grausamer Ausdruck des allgegenwärtigen Rechtsrucks und antimuslimischen Rassismus. Die Hetze der AfD und extremen Rechten, die systematisch den Mythos der riesigen Bedrohung durch den Islam und teilweise einer gezielten „Umvolkung“ verbreiten, steht dabei an vorderster Front. Aber auch die Parteien der „Mitte“ sowie Springerpresse und Co. tragen dazu bei, den antimuslimischen Rassismus zu schüren. Die „kleinen Paschas“-Aussagen von Merz, die pauschale Diffamierung von palästinasolidarischen Aktivist:innen als „Terrorunterstützer“ oder die systematische Entrechtung und Ausgrenzung von muslimischen Geflüchteten sind dabei nur einige Beispiele.

Als Reaktion auf den Anschlag wird jetzt schon die Polizeipräsenz in Berlin und Brandenburg sowie in Rheinland-Pfalz erhöht. Man kann davon ausgehen, dass der Anschlag auch als weitere Begründung für die weitere Erhöhung von Polizeibudgets genutzt wird. Wie der Neukölln-Komplex, Hannibal, Nordkreuz und Reichsbürger zeigen, ist die extreme Rechte bestens in Polizei und Militär vernetzt. Mehr Geld und mehr Befugnisse für Polizei und Militär spornen diese nur an, statt sie zu bekämpfen.

Stattdessen braucht es vom Staatsapparat unabhängige Antworten auf den Anschlag. Es braucht eine unabhängige Untersuchungskommission aus Betroffenen und Gewerkschafter:innen, um aufzuklären, ob der mutmaßliche Täter noch Verbindung zu anderen Rechten gehabt hat oder der Staatsapparat darin verwickelt war – wie im Fall Amri 2016 am Berliner Breitscheidplatz, von dem offenbar Geheimdienste Informationen hatten. Anstatt weiter Polizei, Geheimdienst und Militär aufrüsten, braucht es massive Investitionen in Soziales, Bildung und Erziehung. Gerade weil der mutmaßliche Täter Anhänger der AfD war, braucht es eine organisierte Antwort auf diese und die extreme Rechte insgesamt. Deshalb ist es notwendig, dass alle Gewerkschaften und alle Linken zum geplanten AfD-Parteitag nach Riesa kommen und diesen gemeinsam verhindern.

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