LMU München: Wie kämpfen wir als Fachschaft gegen Rechts?
Als Teil der Fachschaftsvertretung Soziologie wollen wir die Fachschaftsinitiative und die Studierenden der LMU dazu auffordern, zu überlegen, wie wir gemeinsam gegen den Rechtsruck kämpfen können.
Das letzte Jahr war geprägt von Kämpfen gegen den Rechtsruck und die AfD, Kämpfe gegen die Regierung, Sparpolitik, Kürzungen und die Hetze gegen Geflüchtete. Vor allem fanden dabei auch Kämpfe für einen Waffenstillstand und ein Ende des Genozids in Gaza statt. Um die palästinasolidarischen Studierenden gegen die Hochschulleitungen zu vereinen, haben wir letztes Wintersemester das Unikomitee für Palästina mitgegründet und zahlreiche Aktionen durchgeführt, um die Bewegung zu verbreitern. Im Konvent der LMU haben wir Anträge gegen das Kooperationsgebot, gegen die Beschneidungen der Wissenschaftsfreiheit, für demokratische Versammlungs- und Meinungsfreiheit sowie gegen politische Exmatrikulationen durchgesetzt. Dies waren kleine Schritte, um Fachschaften und die gesamte Studierendenvertretung stärker zu einem Vehikel der Mobilisierung von Studierenden machen zu können. Gleichzeitig steht das Camp seit fünf Monaten, und die Uni-Leitung hat außer Häme bisher nichts übrig gehabt für die Anliegen der Studierenden.
In der hitzigen zweiten Phase der Palästina-Bewegung, in der in Deutschland nach Vorbild der USA Protestcamps gegen den Genozid gegründet wurden, kam es innerhalb der Fachchaftsvertretung Soziologie der LMU zu einer Ausseinandersetzung über den Umgang mit Palästina. Die Mehrheit in der Studierendenvertretung, die Fachschaftsinitiative Soziologie (FiS), distanzierte sich in diesem Prozess von uns, Waffen der Kritik, und verweigert nun jede Zusammenarbeit. Anstatt zum Beispiel offen mit einem breiten Bündnis von Fachschaften und Referatsgruppen gegen das von der Hochschulleitung erwirkte Verbot der Party gegen Rechts vorzugehen, arbeitet man lieber nicht mit Linken wie uns zusammen, um sich nicht zu „unbeliebt“ zu machen.
Nun kehren wir zum Wintersemester an die Universität zurück und es stellt sich die Frage, was für Aufgaben sich die Studierendenvertretungen in Zeiten des Rechtsrucks und der Militarisierung stellen.
Universitäten unter Einfluss des Rechtsrucks
Im letzten Jahr hat die Landesregierung reaktionäre Angriffe auf die Rechte von Studierenden und Dozierenden und die Unabhängigkeit der Forschung vorangetrieben. Die CSU hat das Genderverbot für den öffentlichen Schriftverkehr im April 2024 durchgesetzt. Darauf folgte im Sommer die Umsetzung des Kooperationsgebots, das Universitäten zur Kooperation mit der Bundeswehr verpflichtet und Zivilklauseln, die das verhindern sollten, verboten. Zuletzt wurde die Forderung nach politisch motivierten Exmatrikulationen wieder laut, zuerst in Berlin und später auch in Bayern, um der erstarkten, studentischen Palästinasolidaritätsbewegung etwas entgegenzusetzen.
Unter diesem Druck gab die FIS nach und brachte im Kontext einer von der Unileitung verbotenen Diskussionsveranstaltung, auf der es die Möglichkeit geben sollte eigene Themen einzubringen und wir vorschlugen über Palästina zu reden, möglichst viel Abstand zwischen sich und die Palästinabewegung. Man schob organisatorische Gründe vor und versicherte palästinensischen Studierenden, es würde nicht an Solidarität mit ihrer Sache mangeln. Aber Solidarität zeigt sich in der Praxis und über diese schwache Aussage hinaus findet sich bei der FIS keine Stellungnahme zu Gaza, geschweige denn irgendeine Form von Aktion. Auf dem Palästina-Camp, dass seit Anfang Mai einige hundert Meter vom Soziologeinstitut auf dem Geschwister-Scholl-Platz steht, sind sie seit Monaten nicht erschienen. Dabei ist es keineswegs so, dass die FIS nicht bereit wäre, sich politisch zu äußern. Gemeinsam veröffentlichten wir eine Stellungnahme gegen das Verbot gendergerechter Sprache.
Dass der Rechtsruck zu einer zunehmenden Gefahr wird, zeigen nicht nur die AfD-Wahlergebnisse in Sachsen, Thüringen und Brandenburg oder die Nazi-Mobilisierungen gegen die CSDs bundesweit. Der Rechtsruck ist mit dieser Entwicklung auch schon längst in die Universitäten eingezogen. Während sich Leitungen von Universitäten dem Rechtsruck der Regierung anpassen, braucht es eine starke Gegenbewegung der Studierenden als Antwort gegen diesen Rechtsruck. Stellungnahmen und symbolische Aktionen stoßen in diesem Klima sofort an ihre Grenzen. Die vom Referat gegen Faschismus und der FiS gemeinsam organisierte Party gegen Rechts wurde ebenfalls verboten und schließlich ganz ohne politische Rahmung veranstaltet. Die FIS versprach eine baldige Erklärung, lesen konnten wir aber bis heute keine. Die Fachschaft Theaterwissenschaften erklärte öffentlich, dass die Raumverwaltung die Party aufgrund ihres politischen Inhalts verboten hatte und noch skandalöser: auch die Planung des CSDs wäre in LMU Räumlichkeiten untersagt worden. Was tut die FIS, wenn die Unileitung letztlich den Rechtsruck deckt und die queerfeindliche Politik der Landesregierung mitträgt? Klein beigeben und schweigen. Wir müssen gegenüber unseren Kommiliton:innen skandalisieren, wenn die Hochschulleitung uns einen Maulkorb anlegen möchte. Nur so können wir ein politisches Bewusstsein schaffen.
Wir alle wissen von dem politischen Gewicht, das die Studierenden Ende der 60er und Anfang 70er Jahre hatten. Auch die Proteste und Besetzungen gegen die Bologna Reform, die 2009 begannen, mündeten 2013 noch darin, dass die Studierenden eine Abschaffung der Studiengebühren erzwangen. Dies geschah nur, weil die Studierenden auf die Straßen und in ihre Hörsäle gingen und zu einer materiellen politischen Kraft gegen die jeweiligen Regierungen wurden. Wenn wir bei jedem Angriff der Unileitung feige zurückweichen, erhalten wir die momentane Situation: Von Seiten der Studierenden bleibt der Rechtsruck, der sich durch alle Parteien zieht, so gut wie unbeantwortet. Unser Ziel muss sein, die Masse der Studierenden zu einem politischen Subjekt, also zu einer Gruppe zu machen, die politisch handlungsfähig ist, und so die Stärke zurückzuerlangen, die wir brauchen, um den Rechtsruck zu beenden.
Für eine kämpferische Fachschaft
Dazu gehört, dass wir die Universitäten als Räume der politischen Diskussionen begreifen. Wir brauchen Vollversammlungen der Studierenden, die sich gemeinsam zu dem Kampf gegen Rechts und dem Kampf für ein freies Palästina austauschen und auf diesen Versammlungen bindende Beschlüsse treffen. Nur so ist es möglich, eine breite Menge von Studierenden hinter politischen Aktionen zu vereinigen: Sie müssen die Entscheidungsgewalt tatsächlich in den eigenen Händen halten und durch eine lebendige Diskussion von dem Vorgehen überzeugt sein. An anderen Universitäten bundesweit, aber auch an der TUM, sind Vollversammlungen schon möglich, um den Studierenden eine Stimme zu geben. Wobei man anmerken muss, dass diese selten in der von uns vorgeschlagenen Weise politisch genutzt werden. An der LMU sind diese nicht vorgesehen, doch das ist kein Grund sich aufhalten zu lassen.
Wir müssen weiterhin Druck auf den Konvent machen, um Vollversammlungen anzubieten, denn hier kann wirklich ein demokratischer Raum entstehen mit gewählten Entscheidungen, die die Repräsentant:innen der Studierenden zur Umsetzung verpflichten. Das wäre eine echte Beteiligung der Massen an Studierenden. Dafür sind wir als Waffen der Kritik stets eingestanden und 22 Prozent der Stimmen bei den Wahlen in der Fachschaft Soziologie fielen deswegen auf uns. Wir werden für das Mandat kämpfen, das wir erhalten haben und wir lassen uns nicht von spalterischen Manövern davon abhalten, unser Institut gemeinsam mit unseren Kommiliton:innen in einen politischen Ort zu verwandeln. Dafür haben wir ein Dossier mit revolutionären Ideen für den Semesterstart herausgegeben und laden dazu ein, mit uns gemeinsam diese Ideen zu diskutieren.
Wir wollen außerdem die FiS und alle anderen Soziologiestudierenden zu gemeinsamen Veranstaltungen und Aktionen aufrufen: Als Waffen der Kritik planen wir im Rahmen des Semesterstarts eine Veranstaltung in Vorbereitung auf die Demonstration am 25. November zum Thema patriarchale Gewalt. Wir laden die FiS dazu ein, die Veranstaltung, die in der Woche vor dem 25. stattfinden soll, mit uns gemeinsam vorzubereiten und gemeinsam am Institut umzusetzen. Dazu sollten wir im Konvent außerdem einen Antrag für eine Vollversammlung einbringen auf der wir über patriarchale Gewalt und den Kampf dagegen diskutieren können. In Zeiten des Kampfes gegen rechte Angriffe auf Frauen und Queers, brutalen Femiziden in der Türkei oder an Rebecca Cheptegei oder auch einem Fall von massiver sexualisierter Gewalt und jahrelanger Vergewaltigung im Fall von Gisèle Pélicot, ist es bitter nötig, dass die Studierende ihre Stimme erheben.
Dabei dürfen wir uns nicht dem Mythos einer Wissenschaft außerhalb der restlichen Gesellschaft erliegen und müssen unsere Vorschläge in Richtung anderer Sektoren an der Uni und der restlichen Gesellschaft richten. Die neu gegründete Betriebsgruppe am Institut für Soziologie war am 12.10. auf der ver.di Demonstration „Soziales rauf, Rüstung runter!“. Die Arbeitsbedingungen unserer Dozierenden – die dank des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes generell prekär sind – sind unsere Lernbedingungen. Wir müssen auch mit den Gewerkschaften, dem Mittelbau und dem nicht-akademischen Personal in den Austausch treten, wie wir uns als ganze Universität gegen den Rechtsruck und die Militarisierung richten können, die uns unter Spardiktate stellen und unsere Meinungsfreiheit einschränken möchte.