Linkspartei: Rentner-Trio auf Regimekurs
Gysi, Ramelow und Bartsch sollen die Linkspartei nochmal in den Bundestag retten. Dabei sind die drei immer mehr nach rechts gerückt, als nach links.
Am Mittwoch hat die Linkspartei „Operation Silberlocke“ vorgestellt. Da die Linkspartei in den meisten Umfragen nur zwischen 3 und 4 Prozentpunkten steht, ist es recht unwahrscheinlich, dass sie bei den Bundestagswahlen genug Zweitstimmen sammelt, um über die 5-Prozent-Hürde zu kommen. Um trotzdem in den Bundestag einzuziehen, muss sie mindestens drei Direktmandate gewinnen. Unter dem Namen „Operation Silberlocke“ haben nun Gregor Gysi, Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch ihre Kandidaturen verkündet. Da insbesondere Gregor Gysi und Bodo Ramelow aussichtsreiche Chancen haben, ihr Direktmandat tatsächlich zu gewinnen, gelten die drei nun als Hoffnungsträger der Partei.
Schaut man sich die drei genauer an, sieht man schnell, dass die Hoffnung der Linkspartei gleichzeitig für eine weitere Anpassung ihres Programms steht. Alle drei stehen am rechten Rand der Partei.
Gregory Gysi hat hat seit 2009 durchgängig das Direktmandat im Wahlkreis Treptow-Köpenick gewonnen. Dabei hat er jedes Mal ein deutlich besseres Erststimmenergebnis erzielt als das Zweitstimmenergebnis der Linkspartei. Es ist somit sehr realistisch, dass er sein Direktmandat erneut verteidigt. Er steht wie kein zweiter für die Linkspartei und ist einer ihrer populärsten Politiker, was sich auch an seinen Direktwahlergebnissen ablesen lässt.
Trotz seiner Popularität steht er seit Jahrzehnten dafür, den oppositionellen Charakter der Linkspartei auf einen für die anderen Parteien verträglichen Rahmen einzugrenzen. Er galt schon immer als ein Vertreter von Regierungsbeteiligungen und war Anfang der 2000er an der rot-roten Berliner Regierung direkt beteiligt, die fast 70.000 Wohnungen privatisierte. Von seinem damaligen Amt als Wirtschaftssenator musste Gysi zurücktreten. Er tat dies jedoch nicht wegen des Sozialkahlschlags: Ganz im Gegenteil war der Grund seines Rücktritts, dass er auf dienstlichen Flügen angesammelte Bonusmeilen privat genutzt hatte.
Gysis staatstragende Haltung lässt sich in jüngster Zeit vor allem an außenpolitischen Fragen festmachen. So hat er sich für den NATO-Beitritt von Schweden und Finnland ausgesprochen. Er ist außerdem einer der aggressivsten Zionisten der Partei. Schon 2008 hat er sich offen prozionistisch positioniert. 2011 hat er sogar unverblümt zugegeben, dass linke Antizionist:innen den staatstragenden charakter der Linkspartei gefährden würden. Diese Linie setzt er seitdem knallhart in der Partei durch. Um sich nicht vollkommen zu diskreditieren, setzt Gysi in den letzten Monaten immer wieder auf die völlig illusionäre Losung der Zwei-Staaten-Lösung. Bemerkenswerterweise schafft er jedoch nicht einmal das, ohne den 7. Oktober mit dem Holocaust zu assoziieren und sich lautstark zum „Existenzrecht Israels“ zu bekennen. Er und Dietmar Bartsch stimmten als Teil der Bundestagsgruppe der Linkspartei auch für ein Verbot von Samidoun und enthielten sich bei der sogenannten Antisemitismusresolution.
In dieselbe Kerbe schlägt auch Bodo Ramelow. In seiner Funktion als Minsterpräsident Thüringens verkündete er im Dezember 2023:
Und deshalb müssen wir allen, die bei uns leben, erklären, warum die deutsche Verantwortung für den Staat Israel nicht nur eine Frage von Symbolik ist, sondern eine von gelebter Solidarität. Der 7. Oktober ist eine Zäsur. Es ist der größte Massenmord an Jüdinnen und Juden nach der Shoah. Und dass dann Menschen in Berlin auf der Straße tanzen und das verharmlosen, ist völlig inakzeptabel.
Er fordert damit direkt zur weiteren Repression gegen Palästinasolidarität auf. Des Weiteren gilt er als einer der größten Verfechter von Waffenlieferungen an die Ukraine in der Linkspartei. Doch damit nicht genug: Vor einigen Monaten brachte er sogar ins Spiel, in Deutschland lebende Ukrainer an die Front auszuliefern. Genauso wie Gysi ist Ramelow glühender Verfechter von Regierungsbeteiligungen. Um diese in Thüringen zu garantieren, hat er in der letzten Regierungsperiode sein Programm zusammengestutzt, damit er als Ministerpräsident toleriert von der CDU regieren kann. Auch er hat vielversprechende Chancen auf ein Bundestagsmandat, in seinem Wahlkreis während der Landtagswahl konnte er mehr als doppelt so viele Erststimmen auf sich vereinen wie Zweitstimmen an die Linkspartei gingen.
Der dritte Teil der „Operation“ ist Dietmar Bartsch. Auch er hat schon 2021 klar gemacht, dass er zugunsten von Regierungsbeteiligungen im Bund zentrale Antikriegsforderungen der Linkspartei zusammenstutzen würde. Im selben Jahr hat er als „Wahlkampf“ Druck auf die Bundesregierung ausgeübt, um die Streiks der GDL zu unterbinden und sich so besonders kapitalfreundlich gezeigt. Schon im Jahr zuvor hat er versucht, Streiks im öffentlichen Dienst zu verhindern. Statt sich mit den Black Lives Matter Protesten zu solidarisieren forderte er „mehr Anerkennung für die Polizei“. Um auf die SPD zuzugehen, hat er 2018 die Vorschläge zur Streichung vom Paragraphen zum Verbot von „Werbung“ über Schwangerschaftsabbrüche abgeschwächt. Im Gegensatz zu den anderen beiden Kandidaten hat Bartsch noch nie sein Direktmandat in Rostock gewonnen, könnte jedoch von der Schwäche der SPD profitieren, die 2021 das Direktmandat gewann.
Während des wahrscheinlich größten Rechtsrucks der letzten 20 Jahre stellt die Linkspartei also drei Kandidaten auf, die sich im Rahmen ihres Parteispektrums mit am meisten an diesen anpassen. Alle drei haben entweder an Regierungen mitgewirkt oder befürwortet, die unverändert abgeschoben und Sozialkürzungen betrieben haben. Das ist genau die Politik, die für den Aufstieg der AfD verantwortlich ist. In diesem Sinne sind die zentralen Kandidaturen der Linkspartei im Widerspruch zur eigentlich benötigten Antwort auf den Rechtsruck. Statt Widerstand gegen einen der massivsten Angriffe seit Jahrzehnten mit den Stellenstreichungen und Schließungen bei VW zu organisieren stellt die Linkspartei Streikbrecher Bartsch auf. Statt für eine Opposition gegen die massive Repression gegen die Palästinabewegung zu sorgen, stellt die Linkspartei drei der härtesten Zionisten in der Partei in den Fokus. Statt eine entschlossenen Reaktion der Beschäftigten und von Repression und Abschiebung bedrohten Menschen zu organisieren, klammert sich die Linkspartei an die letzten drei Strohhalme, um noch irgendwie in den Bundestag einzuziehen und so ihren Apparat zu retten.
Wir brauchen stattdessen eine ganz andere Politik. Statt von oben herab zu regieren, braucht es Komitees von Beschäftigten, die Streiks und Blockaden organisieren, um die Schließungen zu verhindern. Gemeinsam mit ihnen braucht es Demonstrationen und Streiks gegen das Kürzungsregime, gegen Waffenlieferungen nach Israel und für offene Grenzen und ein Bleiberecht für alle. Wir sollten unsere Stimme nur Kandidat:innen geben, die ihre Stimme im Parlament nutzen wollen, um einer solchen Politik mehr Aufmerksamkeit zu geben. In diesem Sinne sollten wir keiner der Regimeparteien bei der Bundestagswahl unsere Stimme geben, auch nicht der Linkspartei.