Links von der „Linksregierung“
Die Hoffnungen sind schnell verflogen: Der Wahlsieg von Syriza in Griechenland bedeutete kein Ende der Sparpolitik – im Gegenteil, die neue „Linksregierung“ setzt sie unter Aufsicht der Troika selbst weiter um. Viele Menschen, die ihre Hoffnungen auf diese neoreformistische Partei gesetzt haben, suchen nun nach einer linken Alternative.
Linker Reformismus
Die Linke Plattform von Syriza kritisiert die Vereinbarung mit der Troika. Innerhalb von Syrizas Zentralkomitee konnten die Linken 40 Prozent der Stimmen sammeln. Doch auf die Politik der Regierung haben sie keinen Einfluss – obwohl sie selbst MinisterInnen stellen.
Sie kritisieren zwar die Politik der Regierung, aber aus „Parteidisziplin“ hielten sie sich aus den spontanen Mobilisierungen gegen die Vereinbarung mit der Eurogruppe raus – und im Parlament stimmten sie geschlossen für die Wahl eines ehemaligen Innenministers der konservativen Nea Dimokratia zum Staatspräsidenten.
Welche Alternative schlägt dieser linke Flügel vor? Stathis Kouvelakis etwa argumentiert, dass nur der Bruch mit dem Euro, die Einführung einer neuen griechischen Währung und die Abschreibung „des Großteils der Schulden“ einen Ausweg aus der Krise bieten könnte.
Doch in diesem Szenario würde es sofort zu einer Abwertung der neuen griechischen Währung kommen. Alle Importgüter würden sich um ein Vielfaches verteuern, der Lebensstandard der arbeitenden Bevölkerung würde massiv sinken. Wenn sich der griechische Kapitalismus dadurch erholen könnte, dann nur durch die verschärfte Ausbeutung der griechischen ArbeiterInnen. Erstaunlicherweise will Kouvelakis dabei nicht mit der kapitalistischen EU brechen.
Wenn die Fortsetzung der Sparpolitik eine endlose soziale Katastrophe bedeutet, dann stellt eine neue griechische Währung nur eine andere Form dieses Angriffs auf die ArbeiterInnen dar. Costas Lapavitsas, ebenfalls vom linken Flügel Syrizas, hat die Abwertung des argentinischen Pesos im Jahr 2001 als Vorbild gelobt – ohne zu erwähnen, dass diese Maßnahme die ArbeiterInnen ins Elend stieß. Die Frage „Euro vs. Drachme“ ist im Rahmen des Kapitalismus eine Wahl zwischen Pest und Cholera.
Ultralinker Stalinismus
Die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) hat einen radikalen Diskurs: Die „ArbeiterInnenklasse muss die Macht übernehmen“, so ihr Generalsekretär Dimitris Koutsoumbas, „denn die kapitalistische Wirtschaft – unter welcher Regierung auch immer – schafft immer Krisen, Arbeitslosigkeit und Armut“. Trotz ihrer niedrigen Wahlergebnisse hat sie etwa doppelt so viele Mitglieder wie Syriza und wesentlich mehr Einfluss in der ArbeiterInnenbewegung.
Doch diese Formation bleibt gefangen im stalinistischen Programm des „Sozialismus in einem Land“. Außerdem hat die KKE in den 90er Jahren im Sinne der stalinistischen Politik der „Volksfront“ eine Regierung zusammen mit der ND gebildet.
Jetzt verfolgt die Partei eher die stalinistische Politik der „Dritten Periode“: Sie lehnt die Methode der Einheitsfront ab, nach der KommunistInnen taktische Vereinbarungen mit reformistischen Massenparteien treffen, um die ArbeiterInnen in diesen Parteien in gemeinsamen Kämpfen für ein kommunistisches Programm zu gewinnen.
Im Parlament setzt die KKE aktuell Syriza mit richtigen Vorstößen unter Druck. Doch auf der Straße setzt die KKE konsequent auf vollständig getrennte Aktionen. Einen revolutionären Umsturz kann sich diese Partei nur unter ihrer bürokratischen Kontrolle vorstellen, weshalb sie auch die Selbstorganisierung der Unterdrückten ablehnt.
Antikapitalismus
Das antikapitalistische Bündnis ANTARSYA fordert die Streichung der Schulden und die Verstaatlichung der Banken unter ArbeiterInnenkontrolle. Vor allem bleibt diese Formation unabhängig von der bürgerlichen Regierung, weshalb sie gegen die Kürzungen von Tsipras und Co. mobilisieren kann. Bei Wahlen war ANTARSYA immer eine marginale Kraft, aber an den Universitäten organisiert sie doppelt so viele Studierende wie Syriza und hat wichtigen Einfluss in manchen Sektoren der ArbeiterInnenbewegung, wie bei den LehrerInnen.
Als Bündnis aus mehr als einem halben Dutzend Gruppen hat ANTARSYA nicht immer ein klares Programm. Der linke Flügel, der sich auf den Trotzkismus bezieht, argumentiert für ein Übergangsprogramm gegen die Krise, das vor allem auf ArbeiterInnenkontrolle orientiert ist – doch es gibt auch einen rechten Flügel, der eine Offenheit für die bürgerliche Perspektive des „Grexit“ zeigt (ähnlich wie Kouvelakis vom linken Flügel von Syriza).
Insgesamt stellt ANTARSYA ein zentristisches Projekt dar, das heißt seine Politik schwankt zwischen reformistischen und revolutionären Positionen. Das Bündnis spricht von der Notwendigkeit einer „Alternative, die mit dem Euro, der EU und der Politik des Kapitals bricht“ und vom „Sturz des Kapitalismus“, aber ohne eine klare Strategie für eine revolutionäre Regierung, die sich auf ArbeiterInnenräte stützen muss. Aber unter den Schlägen des Klassenkampfes in Griechenland entwickelt sich der Zentrismus von ANTARSYA aktuell klar nach links. Deshalb ist es eine notwendige Herausforderung für die radikale Linke weltweit, sich mit diesem Bündnis stärker auseinanderzusetzen.